Paten für einzigartiges Kulturerbe

Trier · Ein 900 Jahre altes Buch sucht einen Paten: Die Stadtbibliothek Trier hat für die Restaurierung von historischen Handschriften um Unterstützer geworben. Einer dieser Buchpaten ist Bernd Krönig. Der 72-Jährige möchte einen Beitrag zum Erhalt des Kulturerbes leisten. Als Dankeschön durfte er den Restauratorinnen über die Schulter schauen.

 Buchpate Bernd Krönig macht sich bei Restauratorin Anne Tuschek von der Buchbinderei Mohr ein Bild von der Restaurierung seiner Handschrift aus dem 12. Jahrhundert. TV-Foto: Marcel Wollscheid

Buchpate Bernd Krönig macht sich bei Restauratorin Anne Tuschek von der Buchbinderei Mohr ein Bild von der Restaurierung seiner Handschrift aus dem 12. Jahrhundert. TV-Foto: Marcel Wollscheid

Trier. Texte sind heute in Bits und Bytes abgespeichert, können mühelos per Mausklick kopiert werden und mit dem Tablet-PC bequem auf der Terrasse durchgeblättert werden. Wer derzeit den Trierer Dom besucht, kann einen Roboter bestaunen, der automatisiert die Gutenberg-Bibel Zeile für Zeile kopiert.
Fast vergessen sind da Zeiten, in denen sich Mönche monatelang in ihre Gemächer zurückzogen und ihr Leben ganz der Vervielfältigung von Schriftstücken mit Feder und Tinte widmeten. Ihre Werke waren Unikate, die mit besonderer Kunstfertigkeit und Akribie hergestellt wurden.
Bernd Krönig (72) ist einer der Menschen, die einen Beitrag zum Erhalt dieses kulturellen Erbes leisten wollen. Als Buchpate unterstützt er die Stadtbibliothek Trier finanziell bei der Restaurierung historischer Handschriften. Der Doktor für Innere Medizin hatte in seinem ganzen Leben ein Faible für Kunst und Kultur.
Sein Patenbuch ist eine Handschrift aus dem 12. Jahrhundert, die sich auf etwa 300 Seiten mit der asketischen Lebensweise von Mönchen beschäftigt. Doch die Jahrhunderte haben Spuren an dem Werk aus der Klosterbibliothek St. Matthias hinterlassen. Das Deckblatt aus Leder ist eingerissen, Löcher klaffen in den Blättern, das Pergament ist durch und durch wellig.
Hier kommen die Experten der Buchbinderei Mohr ins Spiel: Die Restauratoren flicken Löcher mit Naturmaterialien wie der Goldschlägerhaut, der äußeren Hautschicht des Rinderblinddarms. Sie nutzen Cellulose-Flüssigkeit zum Nachleimen und Glätten von Pergament und ergänzen Risse im Umschlag mit neuem Leder. Dabei wird eine klare Arbeitsethik eingehalten. "Es geht darum, so viel Originalsubstanz wie möglich zu erhalten", erklärt Diplom-Restauratorin Melanie Kubitza (36).
20 Stunden Arbeit entfallen alleine auf die Restaurierung dieser relativ kurzen Handschrift. Am Ende ist es aber ein konserviertes Exemplar, das bei entsprechender Lagerung die nächsten Jahrhunderte überdauern kann.
"Natürlich hat die Digitalisierung von Texten für den Nutzer große Vorteile, aber es gibt für mich einfach nichts Schöneres, als ein Buch in der Hand zu halten, darin zu blättern, es zu riechen", findet Restauratorin Anne Tuschek (29). Wichtig sei es, das Bewusstsein für den kulturellen Wert der historischen Handschrift zu bewahren, betont Buchpate Bernd Krönig: "Diese Originale sind durch nichts zu ersetzen. Wenn wir unsere Identität bewahren wollen, müssen wir dieses Erbe schützen." maw

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