Pflege für die Königin

HEILIGKREUZ. Wohlklingende Namen wie Ananasrenette, Roter Gravensteiner oder Goldparmäne lassen ahnen, wie duftend, aromatisch und köstlich ein Biss in einen Apfel alter Sorten sein muss. Um die Obstbäume der ehemaligen Landeslehr- und Versuchsanstalt (LLVA) in ihrer Sortenvielfalt zu erhalten, hat Annika Steinmann (34) eine Rettungsaktion für die alten Plantagen initiiert. Auftakt ist morgen, Samstag.

Nussig soll die säurearme Goldparmäne schmecken, deren erste Erwähnung bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, und die in ihrem vermuteten Herkunftsland, der Normandie in Frankreich, den bezaubernden Namen "Königin der Prinzessinnen" (Reine des Reinettes) erhalten hat. Wenig erinnert heute an die einstige Bedeutung des königlichen Obstes, denn viele Bäume auf den LLVA-Plantagen sind krank, Äste sind kreuz und quer gewachsen, Wühlmäuse erobern den Untergrund der Plantagen. Die Goldparmäne ist eine von etwa 70 verschiedenen Apfel- und Kirschbaumsorten, die in ihrer Artenvielfalt ein Symbol für eine lange Natur- und Kulturgeschichte sind und als Raritäten das Prädikat "besonders erhaltenswert" tragen. Für die 34-jährige Annika Steinmann ist es "ein Herzensanliegen", sich für den Erhalt und die Pflege dieses Reichtums einzusetzen. "Es hat mich alarmiert, dass viele Bäume letztes Jahr nicht einen einzigen Apfel getragen haben", sagt die junge Frau, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Obstwiesen wohnt und von ihrem Haus aus über die baumbestandenen Hänge blicken kann. "Wenn wir nicht dieses Jahr handeln, ist der Schatz bald unwiederbringlich verloren. Die Zeit drängt, es muss jetzt etwas getan werden", sagt die zweifache Mutter. "Ich kann an den großen Rädern der Welt nicht viel drehen, deshalb muss ich vor der eigenen Tür im Kleinen anfangen, etwas zum Besseren zu verändern. Meine Maxime lautet: Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir? Wo, wenn nicht hier?" Den Bürgerverein Heiligkreuz hat Steinmann von ihrem Konzept überzeugt, mit der Stadt und dem Bürgerservice Kontakt aufgenommen, den ehemaligen Leiter der LLVA für ihre Idee begeistern können. Erster Schritt der Aktion soll am 1. und 8. April jeweils ab 10 Uhr die Beschneidung der Obstbäume sein. Angelernt werden die Interessierten vom Fachmann, das Arbeitsmaterial wie Ast- und Baumschere, Arbeitshandschuhe, ein altes Bettlaken, Leitern oder auch Motorsäge müssen sie selbst mitbringen. Später sollen eine Schafherde und Imker mit ihren Bienen das Gelände nutzen. Alte Sorten können auf hochstämmige Bäume aufgepfropft werden, um diese weiter auf einer öffentlichen Wiese oberhalb des LLVA-Geländes am Eselspfad zu kultivieren. Ein Nutzungsvertrag darüber wurde bereits geschlossen. Wer sich beim Obstbaumschnitt beteiligt, kann später auch die Früchte der Arbeit und Mühen ernten. "Ich hoffe auch, dass sich vielleicht Rentner oder Arbeitslose finden, die einen ehrenamtlichen Beitrag leisten wollen. Auch für Familien ist das ein wunderschönes Projekt, um Kindern einen Bezug zur Natur zu vermitteln. Ich wäre froh, wenn daraus eine schöne Gemeinschaft entstehen würde", sagt Steinmann. Mittelfristig soll es Ziel sein, Baumpatenschaften zu vergeben. Aktive Paten pflegen dann ihre eigenen, ausgesuchten Bäume und ernten als Lohn für die Mitarbeit im Herbst ihre eigenen Früchte. "Eine tolle Erfahrung für Kinder, vielleicht für Schulklassen oder Kindergartengruppen, die so statt des Pausenbrots einen selbst gepflückten Apfel verspeisen können." Finanzpaten bezahlen für die Pflege und können auf Wunsch die Ernte erhalten. Gemeinsame Ernteaktionen oder ein Apfelfest zu veranstalten, würde sich Steinmann als weitere gemeinschafts- und freundschaftsstiftende Aktivitäten wünschen. Weitere Infos im Internet: www.bv-heiligkreuz.de oder bei Annika Steinmann, Telefon 0176/52102350, E-Mail: Annika.Steinmann@arcor.de.

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