Phantasie gefragt

Trier. (bru) Eine Begegnung der anderen Art – wenn man sich darauf einlässt – erlebten Besucher im Casino am Kornmarkt. Das Nô-Theater wurde vorgestellt. Deutschlandweit zum ersten Mal mit Stars aus Japan.

Das Interesse war groß: Während hinter der Kulisse fieberhaft auf noch fehlende Kostüme gewartet wurde, bemühte man sich im Saal, zusätzliche Stühle hineinzutragen. "Dabei hat Japans Konsul aus Frankfurt noch abgesagt - wegen des Schneefalls", bedauerte die Organisatorin der Veranstaltung, Professorin Stanca Scholz-Cionca. In ihrer Einführung versuchte sie, "Nô" zu erklären: Es ist eine uralte Theaterform mit Regeln, die seit Jahrhunderten vorgeschrieben sind. Deshalb ging es im ersten Teil darum, das Schauspiel zu erklären - die einzelnen Bewegungen, die Schrittfolgen, die verschiedenen Singweisen.Fachkundiges Publikum

Schauspieler Umewaka Rokurô baute sehr schnell ein Verhältnis zum Publikum auf. In japanischer Sprache erklärte er locker Teile seines Auftritts. Noch bevor Moderatorin Barbara Geilhorn dies übersetzen konnte, wurde schon im Publikum gelacht. Es wurde deutlich: Hier überwog das Fachpublikum. Allerdings waren auch viele Musiker dabei, die kein Japanisch sprechen, sich aber zurzeit in einem Symposium der Universität Trier mit japanischem Musiktheater auseinander setzen Auf den ersten Blick wirkte es fast statisch, was der Schauspieler als wichtigste Grundbewegungen vorführte. Und gerade die Bewegungen, die keine bestimmte Bedeutung haben, können sich dem Zuschauer erschließen. Interpretationsmöglichkeiten gibt es viele. Die Ankündigung: "Folgende Bewegung bedeutet‚ ,weit weg stehender Berg'" war hingegen nur schwer erkennbar. Genau dies sei die Absicht von Nô, erläuterte Scholz-Cionca. Das Stück erschließe sich niemals auf den ersten Blick, sondern erst aus der eigenen Phantasie heraus. Ohne Phantasie bestünde die Gefahr, während des Stückes einzuschlafen. Uzawa Hisa verhinderte jede Müdigkeit. In Japan ist sie die erste erfolgreiche Frau in einem Nô-Theater. Als sie nach der Pause mit ihrem Kollegen Ausschnitte aus einem Stück vorführte, war das Publikum hingerissen. Es lief zwar nur Musik vom Band - zudem in einer für Europäer schwer zugänglichen Melodik. Aber durch ihr intensives Spiel, die aufwändigen Kostüme und die symbolträchtigen Masken konnten die Besucher ein Schauspiel ganz anderer Art erleben.

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