Plätze, Platt und Platanen

Trier · Der zweite Band der "Trierer Weichenstellungen" von Alt-Oberbürgermeister Helmut Schröer ist auf dem Markt. Die Vorstellung am Montagabend wurde zum unterhaltsamen Rückblick auf 40 Jahre Stadtgeschichte.

 Einer der umstrittenen Plätze in Trier: Der Domfreihof in den 70er Jahren mit alten Platanen, aber auch mit Parkplätzen. TV-Foto: Archiv

Einer der umstrittenen Plätze in Trier: Der Domfreihof in den 70er Jahren mit alten Platanen, aber auch mit Parkplätzen. TV-Foto: Archiv

Trier. Sein langjähriger Baudezernent Peter Dietze sitzt gleich in der ersten Reihe, und er bekommt auch gleich das erste Exemplar: Triers ehemaliger Oberbürgermeister Helmut Schröer hat den zweiten Teil seines Buchs "Trierer Weichenstellungen" vorgestellt, das sich mit den Trierer Plätzen beschäftigt (der TV berichtete). Dass Schröer Dietze derart heraushebt, ist kein Zufall. Denn so wie auf den 245 Seiten ist auch an diesem Abend viel vom "Wir" und nur selten vom "Ich" die Rede, wenn der gebürtige Kölner aus den drei Jahrzehnten berichtet, in denen er als Beigeordneter und Oberbürgermeister die Geschicke der Stadt maßgeblich bestimmte. Dabei ist ihm ein gewisser Stolz anzumerken. "Wir haben schon ein großes Rad gedreht damals", sagt er im Gespräch mit Moderator Thomas Vatheuer - und zumindest unausgesprochen klingt da so etwas mit wie: "Heute ist das ja anders."
18 Jahre am Viehmarkt gebaut

 Muss fleißig signieren: der Trierer Alt-Oberbürgermeister Helmut Schröer (vorne). TV-Foto: Michael Schmitz

Muss fleißig signieren: der Trierer Alt-Oberbürgermeister Helmut Schröer (vorne). TV-Foto: Michael Schmitz


130 Gäste sind zur Buchvorstellung erschienen, viele Weggefährten Schröers sind darunter.
Der Veranstaltungsort passt: die Schalterhalle der Sparkasse am Viehmarkt. Mit Bau und Planung des Viehmarktplatzes beschäftigte sich die Stadt schließlich unglaubliche 18 Jahre lang. Die Freude über die unerwartet reichhaltigen Römerfunde war nicht unbedingt euphorisch, wie Schröer sich erinnert. Bei der Mainzer Landesregierung - die antiken Stätten gehören dem Land - habe er jedenfalls damals berichtet: "Guckt mal, wir haben da was für euch gefunden." Die Umgestaltung des Platzes wurde durch die Römerfunde jedenfalls nicht leichter. Gleich dreimal wurde der Viehmarkt neu geplant, wie sich nicht nur Schröer, sondern auch Sparkassendirektor Remigius Kühnen eher leidvoll erinnert. Der ursprünglich geplante Fertigstellungstermin 1984 rückte in weite Ferne, die Trierer spotteten über "die Kaul am Viehmarkt", und sie regten sich darüber auf, dass für das Sparkassengebäude ein ganzer Straßenzug abgerissen wurde. "Sie sitzen auf der Jüdemerstraße", sagt Schröer an die Zuschauer gerichtet, und man merkt, dass ihm dabei unwohl ist. Vom "schwarzen Fleck" der Planung spricht er, und davon, dass man in der Kommunalpolitik immer Kompromisse machen müsse. Kompromisse - das Wort fällt häufiger an diesem Abend. "Das war sicher ein …", sagt Schröer bezogen auf die Jüdemerstraße und zögert, "Problem." Das Wort Fehler kommt ihm dann doch nicht über die Lippen. "Wir haben in Sachen Bürgerbeteiligung gelernt", gibt er immerhin zu. Trotzdem gab es nicht nur am Viehmarkt widerborstige Bürger, sondern vor allem beim Domfreihof. Menschen, die sich an Bäume anketteten und ein Baumhaus bezogen - der Widerstand richtete sich gegen die Fällung von Platanen. Kaum seien sie weg gewesen, habe sich in wenigen Tagen das Meinungsbild geändert, sagt Schröer. "Die Leute haben sich gefreut, dass sie den Dom endlich richtig sehen konnten." Sein Buch und seine Ausführungen zeigen: Leicht hatte er es als OB mit den Trierern nicht. Der Petrusbrunnen am Hauptmarkt wurde von Sandstein auf knallbunt geändert, was die Trierer empörte ("Zuckerbäckerwerk"), der Georgsbrunnen am Kornmarkt dagegen Weiß gestrichen, was auch wieder nicht richtig war ("Meister Propper").
Mit der nötigen Distanz und seinem rheinischen Humor schildert Schröer diese Begebenheiten und lässt einige Male am Abend Walter Schrage vom Verein Trierisch zu Wort kommen, der passende Gedichte des Heimatdichters Werner Becker rezitiert. Beckers Fazit im Gedicht "Stöll ruht die Kaul om Viehmoartplaatz" jedenfalls dürfte womöglich auch noch für den einen oder anderen Nachfolger Schröers im Rathaus gelten:
Die Römer hao\' kaan Müh gescheut,
on sich scho\' seinerzeit gefreut,
ons ö Verlejenhaat ze bröngen -
eich glaaf, dat wörd n och gelöngen.

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