Plötzlich wird der Alltag zum Alptraum

Um 16 Uhr war die Flucht des Bankräubers von Zemmer zu Ende. Trotz eines sehr dramatischen Verlaufs - die Polizei schoss auf den Fluchtwagen - blieben alle Beteiligten unverletzt. Der 43-jährige Täter wehrte sich nicht, als die Beamten ihn bei Kordel festnahmen.

Zemmer. Ein völlig normaler Mittwochmittag: In der Sparkassen-Filiale in Zemmer herrscht sehr wenig Betrieb. Nur eine Kundin hält sich in den Räumen auf. Zwei Mitarbeiter kümmern sich um das laufende Geschäft. Die tägliche Routine endet abrupt gegen 11.45 Uhr, der normale Tag verwandelt sich plötzlich in den Alptraum eines jeden Bankangestellten.

Ein Maskierter betritt die Filiale. Er geht schnell und konsequent vor, vor allem die Kundin sieht ihn nicht kommen. Er packt sie und umklammert die zu Tode erschrockene Frau von hinten. Mit vorgehaltener Waffe fordert er Zugang zum Schalterbereich, den ihm die Angestellten sofort gewähren.

Der Mann, dessen Maske aus einem über den Mund gezogenen Kopftuch besteht, greift so viel Geld wie möglich, die Polizei wird später von einem sechsstelligen Betrag sprechen. Dann flieht er. Sein Auto, ein roter Volvo mit spanischem Kennzeichen, steht bereit.

Doch er kommt mit dem Auto nicht weg, die von den Mitarbeitern alarmierte Polizei ist zu schnell. Die Beamten verfolgen den Volvo, der während seiner Flucht einige geparkte Autos rammt, und eröffnen schließlich das Feuer. Noch ist unklar, auf welcher Grundlage oder Anweisung dieser drastische Schritt gewählt wurde. Auf jeden Fall treffen die Schüsse und haben den erwünschten Effekt. Das Auto wird so stark beschädigt, dass der Mann nicht mehr weiterfahren kann.

Er entkommt den Hunden und dem Hubschrauber

 Mit diesem Wagen flüchtete der Täter. Die Beamten beschädigten ihn mit mehreren Schüssen. TV-Foto: Agentur Siko

Mit diesem Wagen flüchtete der Täter. Die Beamten beschädigten ihn mit mehreren Schüssen. TV-Foto: Agentur Siko



Doch offenbar schafft er es zuerst noch, vom Radar seiner Verfolger zu verschwinden. Die Polizei findet sein verlassenes Fahrzeug später im Zemmerer Ortsteil Daufenbach. Von ihm selbst fehlt jede Spur.

Eine Suchaktion beginnt. Die Polizei ruft den Eurocopter, einen Hubschrauber mit Wärmebildkamera, herbei. Auch im dichtesten Gehölz erkennt diese Kamera einen Menschen aufgrund seiner Körperwärme so deutlich, als würde er eine Signalweste tragen. Die vermummten Experten des Spezialeinsatzkommandos unterstützen die Suche. Polizeihunde nehmen die Spur des Räubers auf - und verlieren sie wieder bei Schleidweiler.

Schocksekunde für die Polizisten. Hat ein ahnungsloser Fahrer den Mann als Anhalter mitgenommen? Hat ein Komplize mit einem zweiten Fluchtfahrzeug auf ihn gewartet? Das wäre fatal. Als schließlich die erlösende Erfolgsmeldung kommt, wirkt sie im Vergleich mit dem dramatischen Verlauf dieses Tages geradezu schlicht und unspektakulär. In der Nähe des Kylltalbades in Kordel finden die Fahnder einen Mann, der den Überfall später gestehen wird. Es handelt sich um einen aus Großbritannien stammenden 43-Jährigen. Er lässt sich ohne jeden Widerstand verhaften und steht im Verdacht, auch für andere Banküberfälle in der Region verantwortlich zu sein. Überfälle 2008 29. März: Zwei maskierte und bewaffnete Täter überfallen die Kreissparkasse in Gillenfeld und verletzten drei Kunden und Angestellte. Sie fliehen unerkannt und ohne Beute. 17. Juni: Ein unbekannter Täter entkommt mit einer fünfstelligen Beute nach dem Überfall auf die Sparkassen-Filiale in Landscheid. Er hatte die einzige Kundin mit einer Schusswaffe bedroht - genau wie in Zemmer. 2. Juli: Ein unbekannter Mann überfällt die Volksbankfiliale in Pluwig und bedroht auch hier eine Kundin mit einer Waffe. Die Ermittler halten es für möglich, dass die Banküberfälle in Landscheid und Zemmer auf das Konto desselben Täters gehen. (jp)

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