Polnisches Gräberfeld verwildert

Über Monate hinweg sei das Gräberfeld für polnische Kriegsopfer auf dem Hauptfriedhof nicht gepflegt worden, sagt Rosalia Jacquin. Die Trie rerin spricht von einer Verwahrlosung des letzten Gedenkorts an ihren Vater.

 Rosalia Jacquin ärgert sich über mangelnde Pflege des für sie so wichtigen Ortes auf dem Hauptfriedhof: die Gedenkstätte für polnische Kriegsopfer. TV-Foto: Cordula Fischer

Rosalia Jacquin ärgert sich über mangelnde Pflege des für sie so wichtigen Ortes auf dem Hauptfriedhof: die Gedenkstätte für polnische Kriegsopfer. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier. Zum Gedenken an polnische Kriegsopfer steht ein Kreuz auf dem Trierer Hauptfriedhof. Unter dem Wappenadler - in den polnischen Nationalfarben in Weiß auf rotem Grund gehalten - prangt eine Inschrift: "Für uns, Gott, bitten wir um nichts, aber gib unserer Heimat Frieden und Freiheit Polen".

Auf der davor liegenden Rasenfläche stehen kleine Steinkreuze mit den Namen der Verstorbenen. 167 Menschen sind dort bestattet worden, die zwischen 1944 und 1949 gestorben sind. Bis 1985 erinnerten Holzkreuze an sie, dann wurden sie durch Steinversionen ersetzt. Neben dem großen Gedenkkreuz stehen zwei kleinere Steinkreuze, die an 91 dort bestattete Kinder sowie fünf Unbekannte erinnern.

Für Rosalia Jacquin hat dieser Ort große Bedeutung. Es ist die einzige Stelle auf dem Hauptfriedhof, an dem sie um ihren Vater trauern kann. Sein Grab wurde bereits 1973 entfernt. Er hatte als polnischer Zwangsarbeiter im Lager in Feyen gelebt und war dort umgekommen.

Umso schmerzlicher ist es für die Triererin, dass im vergangenen Jahr "seit April nichts an der Gedenkstätte gemacht wurde. Sie war schlimm verwildert." Rosalia Jacquin präsentiert Fotos, auf denen die kleineren Steinkreuze unter wuchernden Pflanzen beinahe verschwunden sind. Erst vor Ostern in diesem Jahr sei dort wieder gearbeitet worden, hat Jacquin beobachtet. Sie kommt einmal pro Woche auf den Friedhof, bringt Blumen mit und zündet Kerzen an.

Mit dem derzeitigen Zustand des Gräberfeldes ist Rosalia Jacquin zufrieden, will aber verhindern, dass sich die "Verwahrlosung" noch einmal wiederholt.

Sie wurde seinerzeit schließlich selbst aktiv, weil der Fernsehsender SWR mit ihr am Grab einige Szenen für den Film "Auf der Spur - Mein Vater, der Zwangsarbeiter" drehen wollte. Der Film hat ihr dabei geholfen, einen unbekannten Teil ihrer Geschichte aufzuarbeiten und ihre Wurzeln zu erforschen. "Aber dieses Gräberfeld zu pflegen ist nicht meine, sondern die Aufgabe der Stadt."

In der Tat trägt die Stadt Sorge für die Pflege dieses und der fünf weiteren Grabfelder, in denen etwa 3100 Opfer der beiden Weltkriege bestattet sind. Die Pflegekosten werden der Stadt von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion erstattet. "Die Gesamtkosten für die Pflege der circa 3300 Kriegsgräber auf dem Hauptfriedhof liegen im Mittel der vergangenen Jahre bei circa 38 000 Euro", sagt Ralf Frühauf, Pressesprecher der Stadt.

Jacquin kritisiert, dass davon über Monate hinweg wenig bei dem polnischen Gräberfeld angekommen sei. Auch auf dieser Ebene dürfe ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte nicht vergessen werden, sagt sie.

Frühauf hält dagegen: "Das Grabfeld wird dauernd von den Mitarbeitern des Grünflächenamtes kontrolliert, und in regelmäßigen Zeitabständen werden gärtnerische Pflegearbeiten und die Reinigung durchgeführt."

Jacquin hat andere Erfahrungen gemacht und erklärt: "Den unwürdigen Zustand, in dem das Gräberfeld über Monate hinweg war, prangere ich als deutsche Bürgerin dieser Stadt an und muss mich dafür schämen."

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