Professionalität mit Fingerspitzengefühl

Über das Selbstverständnis als Mensch in einem Pflegeberuf und über den Umgang mit den Pflegebedürftigen diskutierten 500 Mitarbeiter aus Pflege-Einrichtungen. Der Caritasverband für die Diözese Trier hatte zum "Tag der Pflege" in die Trierer Europahalle geladen.

 Zum „Tag der Pflege“ kamen 500 in Pflegedienst und sozialen Berufen tätige Menschen in die Europahalle. TV-Foto: Cordula Fischer

Zum „Tag der Pflege“ kamen 500 in Pflegedienst und sozialen Berufen tätige Menschen in die Europahalle. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier. (cofi) "Es geht um Menschen, nicht um Fälle", sagte Diözesan-Caritasdirektorin Birgit Kugel beim "Tag der Pflege" in der Europahalle. So einfach, wie das klinge, sei es aber nicht. Schwer machen es die stetigen Veränderungen des Pflegesystems und die immer neuen Herausforderungen für Pflegekräfte. Dem "Faktor Mensch" - im eigenen und christlichen Selbstverständnis sowie im Ungang mit den Pflegebedürftigen - müssten vor allem katholische Einrichtungen ihr Augenmerk widmen. "Ganzheitliche, menschenwürdige Pflege braucht mehr Zeit und andere Rahmenbedingungen, als es derzeit der Fall ist", sagte sie.

Der "Faktor Mensch" in der Pflege, "was ist das eigentlich?", fragte sich Simon Groß vom Service RBS Luxembourg. Er dachte in seinem Redebeitrag über "immaterielle Leistung" nach, über "menschliche Qualität", was sie wert ist und wie sie zwischen Qualitätssicherung und -management bestehen kann. Während er über den Umgang miteinander redete, kam Frans Meulmeester (Innovationszentrum Rotterdam) in den Raum gepoltert - mit Tüten bepackt, in der Rolle eines Obdachlosen. Der Umgang miteinander - barsch und unfreundlich. Groß forderte ihn auf, den Saal zu verlassen. Ein Exempel, bloß gespielt, aber eines, das schockiert, zum Nachdenken anregt.

Meulmeester hatte ebenfalls einiges zu sagen. "Qualitätsmanagement ist heutzutage Angstmanagement geworden", lautet seine Ausgangsthese. "Ein Qualitätsprotokoll, das nicht seine Basis in der Praxis findet, ist Quatsch." Und: Pflege ist ein Business geworden mit Managern und Bürokratie. Wo bleibt der Mensch, was ist der Faktor Mensch? Kontrolle, "hanebüchene Protokolle" seien eine Beschränkung für die Mitarbeiter und für Dialoge und behinderten die Arbeit. Die Alternative: auf Intuition vertrauen, durch Stimulation Qualität erreichen, Mitarbeiter motivieren statt noch mehr zu kontrollieren.

Die Gestaltung des Leistungsangebotes in der Pflege nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und nicht nach den Bedürfnissen und der Moral von Pflegenden und Pflegebedürftigen - auch Arne Manzeschke (Uni Bayreuth) sieht darin die Gefahr. Krankenhäuser hätten sich verändert, "von einer Fürsorge-Anstalt zu einem Dienstleistungsunternehmen". Mitarbeiter seien Systemzwängen ausgeliefert. Der Mensch trete in den Hintergrund, Effizienz und Gewinnorientierung, standardisierte Prozesse, fehlende Kommunikation, Kundenbindung und Patientenselektion - das seien die Schlagworte, mit denen sich Menschen in Pflegeberufen auseinandersetzen müssten. Auch Elke Donath (Uni Witten-Herdecke) sprach über die "Kommunikationsverarmung in der Pflege".

Trotz aller Veränderungen und Gesundheitsökonomie sei die Schwester oder der Pfleger nach wie vor "ein wichtiges Medium zum Gesundwerden", sagte Helmut Müller vom Dachverband der Pflege-Organisationen. Kraft dafür zu tanken, sich auszutauschen und gestärkt zurück in den Arbeitsalltag zu gehen - auch dazu sollte der "Tag der Pflege" in Trier dienen.

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