Protest gegen die Reform - Eindringliche Fürbitten an den Bischof

Mehring/Trier/Hermeskeil · Aus Protest an der Strukturreform des Bistums ruft die Pfarreiengemeinschaft Mehring zu einer Gebetsmahnwache auf. Etwa 500 Gläubige nehmen daran teil - und es soll nicht die letzte Aktion dieser Art gewesen sein.

 Stiller Protest: Etwa 500 Gläubige nehmen an der Gebetsmahnwache auf dem Vorplatz der St. Medarduskirche in Mehring teil. Foto: Privat

Stiller Protest: Etwa 500 Gläubige nehmen an der Gebetsmahnwache auf dem Vorplatz der St. Medarduskirche in Mehring teil. Foto: Privat

Foto: (h_tl )

Mehring/Trier/Hermeskeil Seit die Bistumsleitung im Oktober die Reform der Reform der XXL-Pfarreien verkündet hat (der TV berichtete), wächst der Widerstand. Die Großpfarreien werden noch größer (33 statt 35), und einige der "Pfarreien der Zukunft" werden neu zugeschnitten.

Mit am stärksten betroffen durch die neuerliche Reform ist die Region Schweich. Die dortigen Pfarreien werden von dem Bereich Trier-Land/Sauer abgekoppelt und dem Hochwald zugeschlagen (siehe Karte). Hermeskeil als neuer zentraler Verwaltungsort für alle kirchlichen Angelegenheiten - das will die Pfarreiengemeinschaft Mehring, ein Zusammenschluss von zehn Gemeinden entlang der Mosel von Detzem bis Leiwen, nicht hinnehmen. "Das kirchliche Leben stirbt, wenn es zu dieser Reform kommt", sagt Stefan Lex, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats Köwerich.

Und offenbar teilen viele Gläubige an der Basis diese Befürchtung. Denn mit 500 Menschen war eine Gebetsmahnwache am vergangenen Sonntag auf dem Kirchvorplatz in Mehring sehr gut besucht. Dazu aufgerufen hatte die Pfarreiengemeinschaft Mehring aus Protest gegen die Bistumspläne.

Viele Gläubige hatten Kerzen mitgebracht, auf dem Kirchvorplatz brannten zwölf große Kerzen - für jede Pfarrgemeinde und Filiale eine. In den Fürbitten des Wortgottesdienstes hieß es, der Bischof möge die Reform rückgängig machen oder zumindest kleinere Einheiten bilden. Lieder wechselten sich ab mit Infoblöcken, in denen Vertreter der Pfarreiengemeinschaft über Lautsprecher verkündeten, wie sich ihrer Meinung nach die Neugliederung auf die Verwaltungsarbeit, die Finanzen und die Seelsorge auswirken könnte.

Wie soll das funktionieren? Können wir das hinnehmen? Solche Fragen tauchten immer wieder während der Mahnwache auf. Selbst als diese vorbei war, standen die Teilnehmer noch lange in Gruppen zusammen und diskutierten. Befriedigende Antworten auf die vielen Fragen habe man bisher noch nicht vom Bistum bekommen, sagt Stefan Lex. Als die Zuordnung zu Hermeskeil bekannt geworden sei, habe man einen Brief ans Bistum geschrieben und um nähere Erläuterungen gebeten. Die Antwort sei sehr allgemeinverbindlich und wenig konkret ausgefallen.

Basis für den Brief ans Bistum war eine Befragung der Pfarreiengemeinschaft Mehring unter Messebesuchern. Diese konnten auf Vordrucken, die in Kirchen ausgelegt waren, ihre Meinung zur Pfarreienreform zum Ausdruck bringen. Es habe mehrere Hundert Rückläufe gegeben, so Lex. Die große Anteilnahme der Gläubigen habe die Pfarreiengemeinschaft Mehring darin bestärkt, die Mahnwachen fortzusetzen. Voraussichtlich werde es am 19. November wieder eine Gebetsmahnwache geben. Der genaue Termin müsse aber noch mit den Pfarreien und Filialen abgesprochen werden. Die Moselaner hoffen darauf, dass ihre Aktion in anderen Regionen des Bistums Nachahmer findet.

Im Gespräch mit unserer Zeitung erläutern Verantwortliche der Pfarreiengemeinschaft Mehring ihre Beweggründe für den stillen Protest in Form der Mahnwache vom Sonntag. Es sei sehr schade, wenn eine gut eingespielte Gemeinschaft aufgelöst werde, sagt Birgit Welter. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Pfarrverwaltungsrats Mehring. Anfang 2012 sei die Pfarreiengemeinschaft Mehring als Teil des Strukturplans 2020 des Bistums entstanden. Damals habe das Bistum von einem gewagten, aber mutigen Schritt gesprochen, so Welter. Und nun stehe nach wenigen Jahren ein noch viel gewaltigerer Einschnitt bevor.

"Funktionierende Einheiten werden zerschlagen", glaubt Stefan Reuland, Pfarrgemeinderatsmitglied in Klüsserath. Er fragt, wer künftig beispielsweise die Fronleichnamsprozessionen organisiert, wer die Altäre aufstellt und sie mit Blumen schmückt, wer sich bei Pfarrfesten und dem Adventsmarkt einbringt, wer die Krankensalbung spendet, die Messdiener begleitet und in schweren Stunden Trost spendet. Hermeskeil liege weit weg, zu weit. Heute sei es noch so, dass die Messen dem Ortsleben angepasst würden, etwa das feierliche Hochamt am Kirmessonntag oder anderen besonderen Anlässen im Dorf. Die Pfarrgemeinde Rosenkranzkönigin Klüsserath existiere schon seit vielen Jahrhunderten, nun sei das Bistum drauf und dran, Tradition und Identifikation zu zerschlagen, so Reuland.

Vieles ist nach Auffassung der Pfarreiengemeinschaft Mehring ungeklärt. Sie fragt: Wie sollen die finanziellen, vermögensrechtlichen und personellen Belange der Pfarreien vor Ort geregelt werden? Bisher hätten Pfarreienrat, Pfarrgemeinderäte und das Seelsorgeteam das pastorale Handeln getragen und Ehrenamtliche zur Mitarbeit motiviert. Das Konstrukt "Pfarrei der Zukunft Hermeskeil" mit 32 früheren Kirchengemeinden unter einem Dach sei viel zu groß und zu unüberschaubar. Von einer Kirche, die nahe beim Menschen sei, könne man nicht mehr sprechen.

Laut Bistumssprecherin Judith Rupp hat es etliche schriftliche Eingaben in Form von Briefen und Mails als Reaktion auf die Pfarreienreform gegeben. An besonderen Aktionen habe es die Mahnwache in Mehring und eine Postkartenaktion in Münstermaifeld gegeben. Bis zum morgigen Freitag wolle das Bistum die Reaktionen auf den zweiten Entwurf der Pfarreienreform sammeln. Am 24. November werde dann in großer Runde darüber beraten (siehe Info).KommentarMeinung

Mutiger Vorstoß, aber was steckt dahinter?
Dass sich das Bistum reformwillig zeigt und handelt, bevor das Kind in den Brunnen fällt, wird an der Basis noch als Zeichen von Mut und Führungsstärke wahrgenommen. Das große Manko ist, dass die Bistumsverantwortlichen es bisher nicht geschafft haben, die Reform mit nachvollziehbaren Inhalten zu füllen. Für viele Gläubige ist derzeit nicht erkennbar, wie sich Kirche später in ihrem Alltag abspielen wird. Sie haben Angst, dass ihre Anliegen in den Großpfarreien untergehen, dass Priester und andere Vertrauenspersonen fehlen, wenn man sie am nötigsten braucht. Dass sich in Schweich und Umgebung Protest regt, war zu erwarten. Innerhalb von fünf Jahren werden die Gläubigen dort mit drei Großreformen konfrontiert. Kaum hat man sich an eine gewöhnt, steht schon die nächste an. Das verkraften Unternehmen kaum, geschweige denn eine traditionelle Institution wie die Kirche. Sie sollte die Kritik der Basis ernst nehmen und den Neuzuschnitt der Pfarreien überdenken. Noch ist es ein Entwurf. a.follmann@volksfreund.deExtra: PFARREIENREFORM: SO GEHT ES WEITER


Am Freitag, 24. November, beraten alle diözesanen Räte, die Leitungsgremien des Bistums und Vertreter kirchlicher Berufsgruppen und Einrichtungen abschließend über das Thema Großpfarreien im Bistum Trier. Im Lauf des nächsten Jahres soll die Neugliederung in Kraft gesetzt werden. Zum 1. Januar 2020 werden dann die XXL-Pfarreien die bisherigen Pfarreien ablösen. Nach dem im Oktober vorgestellten Konzept wird es nur noch 33 sogenannte "Pfarreien der Zukunft" geben. Die Großpfarreien sollen zwischen 19 000 (Cochem-Zell) und 98 900 (Saarbrücken) Gläubige umfassen. Heute gibt es 887 Pfarreien, die in 32 Dekanaten und 172 Pfarreiengemeinschaften zusammengefasst sind.

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