Prozess nach Gewaltexzess in der Trierer Karl-Marx-Straße

Trier · Wegen schwerer Körperverletzung, Beamtenbeleidigung und Widerstands gegen die Polizei müssen sich drei Männer ab Montag vor dem Trierer Landgericht verantworten. Die Angeklagten sollen im November 2014 in der Karl-Marx-Straße fünf Menschen angegriffen und verletzt haben – einen Polizisten so schwer, dass er bis heute nicht arbeiten kann.

 Das Clubhaus der Cavemen steht in der Karl-Marx-Straße. Der 1968 gegründete Motorradclub gehört zu den Ältesten in Deutschland, hat Gruppen in Ramstein, Lebach und Trier und gilt in der Szene als friedlich. TV-Foto: Frank Göbel

Das Clubhaus der Cavemen steht in der Karl-Marx-Straße. Der 1968 gegründete Motorradclub gehört zu den Ältesten in Deutschland, hat Gruppen in Ramstein, Lebach und Trier und gilt in der Szene als friedlich. TV-Foto: Frank Göbel

Solch geballte Gewalt gegen die Polizei wie in der Nacht des 29. November 2014 hatte es bis dato in der Region kaum gegeben: Bis heute droht einer der angegriffenen Beamten aufgrund seiner damaligen Verletzungen auf dem linken Auge zu erblinden. Seine Kollegin hatte Prellungen an Kopf und Kiefer erlitten. Drei Passanten mussten ebenfalls im Krankenhaus behandelt werden. Am Montag beginnt der Prozess gegen die drei mutmaßlichen Angreifer.

Die Tat: Das Männertrio hatte offenbar in einer Kneipe in der Karl-Marx-Straße bei einer Fete des Rockerclubs Cavemen gefeiert. Gegen 5 Uhr am Morgen ging's raus auf die Straße. Dort soll die Gruppe einen Gullydeckel ausgehoben und ihn auf die Fahrbahn geschleudert haben. Drei Passanten wollten die Männer zur Rede stellen - worauf diese mit Schlägen und Tritten reagiert haben sollen. Die Gewalt richtete sich demnach auch gegen zwei Polizisten, die in der Nähe unterwegs waren und herbei eilten: Ein damals 57-jähriger Beamter wurde laut Staatsanwaltschaft zu Boden geschlagen und weiter mit Schlägen attackiert, insbesondere gegen Kopf und Oberkörper. Seine Kollegin musste Faustschläge gegen Kopf und Oberkörper einstecken. Erst als weitere Polizisten dazukamen, gelang es, die Situation zu beruhigen.

Die Angeklagten: Alle drei mutmaßlichen Täter leben laut Landgericht in geregelten persönlichen Verhältnissen, haben Jobs, Kinder, Familie. Der 36-jährige H., der als erster den Polizisten angegriffen haben soll, ist allerdings laut Gericht bereits "vielfach strafrechtlich in Erscheinung getreten", zuletzt, weil er sich 2011 ohne Führerschein hinters Steuer gesetzt hatte. Der 30-Jährige E. wurde Ende 2014 wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt. Der 51-jährige E. stand zuvor noch nie vor Gericht. Zwei der Männer wohnen im Saarland, einer in der Pfalz. Ob und in wie weit es einen Zusammenhang zwischen den Taten und dem Rockerklub Cavemen gibt, ist unklar. "Für mich stellt es sich eher so dar, als hätten sie einfach zu viel getrunken und die Situation ist eskaliert", erklärt einer der Rechtsanwälte der Männer auf TV-Nachfrage. Laut Landgericht seien die Angeklagten teils erheblich alkoholisiert gewesen. Der 30-Jährige und der 36-Jährige hätten zudem Rückstände weiterer Betäubungsmittel im Blut gehabt.

Die Verhandlung: Das Gericht hat bislang fünf Prozesstage angesetzt. Etwa ein Dutzend Zeugen müssen wohl mindestens gehört werden - darunter die angegriffenen Passanten und der damals schwerverletzte Polizist. Psychiatrische Gutachten - etwa zur Schuldfähigkeit der Angeklagten - sind bislang nicht vorgesehen. Für den Beweis, welcher Angeklagte was getan hat, dürfte es eine Rolle spielen, dass laut Landgericht die Gewalt von "weiteren, nicht ermittelten Personen aus der Gruppe um die Angeklagten" ausgegangen sei. Diese Männer konnten allerdings offenbar fliehen.

Die drei Angeklagten kamen sofort nach der Tat ins Gefängnis - und wurden nach knapp zwei Monaten wieder entlassen. "Wie kann es sein, dass solche Gewalttäter frei auf der Straße rumlaufen dürfen? Warum wurde ihnen nicht schneller der Prozess gemacht?": Diese Fragen richtet ein Leser in diesem Zusammenhang an die TV-Redaktion. Marcel Heinemann, Richter und Pressesprecher am Landgericht, erklärt: "Die Dauer der Untersuchungshaft hängt nicht von der Schwere der vermuteten Tat ab - die Männer sind bis zu ihrer etwaigen Verurteilung als unschuldig anzusehen." Nur bei Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr dürfe eine U-Haft aufrecht erhalten werden. Weil diese aber nicht bestanden hätten - unter anderem, weil die Angeklagten in geordneten persönlichen Verhältnissen leben - sei die U-Haft aufgehoben worden. Damit hänge auch zusammen, dass zwischen der Tat Ende November 2014 und Verhandlungsbeginn am kommenden Montag fast 22 Monate ins Land gegangen sind. "Verfahren, bei denen die Angeklagten weiterhin in U-Haft bleiben, genießen bei der Terminierung Priorität", erklärt Gerichtssprecher Heinemann.

Der Cavemen MC ist einer der ältesten deutschen Motorradclubs - unter anderem mit einem Ableger in Trier.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort