Pulsierendes Leben im Pflegehaus

TRIER. Sommerfest im Trierer Tierheim: Hunderte Besucher sind an den zwei Wochenendsonnentagen an zur Zeit über 300 gestrandeten Tierleben vorbeigezogen.

 Herrchen gesucht! Erstmals feierten die Freunde des Trierer Tierheims ihr Sommerfest unter offizieller Obhut. Schirmherrin Stefanie Lejeune hofft mit Tierheimleiter Andreas Lindig, dass Betty (rechts) und Benny bald wieder Familienanschluss finden.Foto: Regina Lüders

Herrchen gesucht! Erstmals feierten die Freunde des Trierer Tierheims ihr Sommerfest unter offizieller Obhut. Schirmherrin Stefanie Lejeune hofft mit Tierheimleiter Andreas Lindig, dass Betty (rechts) und Benny bald wieder Familienanschluss finden.Foto: Regina Lüders

Während Interessierte "Stall-Luft" schnupperten und sich informierten, Tierlobbyisten Kontakte knüpften und pflegten und sich rudelweise Hunde(besitzer) beim inoffiziellen "Ehemaligentreffen" des Heims ein Stelldichein gaben, geht es Betty hundeelend: Betty hat Angst. Jedes Haar sträubt sich, jeder Muskel zittert angespannt. Die braunen Augen klaffen weit aufgerissen, als die erste Schirmherrin des Sommerfestes Stefanie Lejeune - Justizstaatssekretärin und Stadtratsmitglied der Trierer FDP - sich ihr am Rande des Festtrubels nähert.Kaum Hoffnung auf ein neues Herrchen

Lärm und Leute sind der Mischlingshündin völlig fremd: Neun Jahre hat sie in einem Kellerverlies mit sechs Artgenossen vegetiert. Seit der Enteignung des Besitzers vor einem Jahr lebt sie im Heim und hat nicht mehr viel Hoffnung auf ein richtiges Herrchen in diesem Hundeleben. Tierheimleiter Andreas Lindig: "Die meisten Tiere verlassen uns schon nach wenigen Tagen wieder. Wer länger bleibt, ist fast immer alt, krank oder verhaltensauffällig und muss richtig lange auf einen eigenen Menschen warten." So wie Charles: Der grau-getigerte junge Hauskater leidet an Diabetes. Wie ein menschlicher Diabetiker braucht er Spritzen, zweimal täglich. Auch Schwan "Etepetete" aus Mehring, der eine Fuß-Kur macht, schaut betreten drein. Wenn die Antibiotika seinen alten Hundebiss nicht heilen, muss der Ausnahme-Patient unters Messer. Und das könnte leicht auf dem geplanten Tierfriedhof enden. Direkt vor den Pforten des Tierobdachs soll die Ruhestätte - nach zwanzig Jahren hin und her - nun tatsächlich peu à peu wachsen. "Die Kostenvoranschläge sind in Auftrag gegeben", erläutert Andreas Lindig als stellvertretender Vorsitzender des Trägers, Tierschutzverein Trier. Anfang des Jahres waren die rechtlichen Hürden zum Trinkwasserschutz gefallen. Im nächsten Sommer soll das erste Tier nun dort tatsächlich im gepachteten Grab unter die Erde gebracht werden. Im Herzen der Tieranlage pulsiert einstweilen das erst im Frühjahr eingeweihte Tierpflegehaus: Erstmals gibt es Spezialterrarien für beschlagnahmte Schlangen und Freiluft-Buddelstationen, "wo die Kaninchen freudestrahlend an der Möhre knabbern", wie Lindig feststellt.Überangebot an Katzen

Traumschwer atmend, kuscheln zwei Handteller große Katzenkinder auf einer flauschigen Hochsitz-Konstruktion im Zimmer nebenan. So, über den kalten weißen Kacheln der neuen Tierdusche, wirken sie noch zerbrechlicher. "Wir haben zur Zeit so viele Katzen, dass man improvisieren muss", seufzt Leiter Lindig. Ein Großteil der Zeit werde jetzt im modernen Behandlungs- und OP-Raum kastriert. "Auch weil zu viele Besitzer Geburtenkontrolle leider nicht für nötig halten und uns so Hunderte von Sommerkätzchen bescheren", bedauert Lindig. Über 1500 Tiere bevölkerten im letzten Jahr das Areal in Zewen, über 500 mehr als im Jahr zuvor. Und auch 2004 scheint die bisherigen Erfahrungswerte zu sprengen: Etwa 60 Kleintiere vom südamerikanischen Degus bis zum domestizierten einheimischen Frettchen sind zur Zeit zu Gast. 150 Wild- und Wohnungsmiezen durchstreunen die engen Reviere und schlagen allein mit etwa 900 Euro Pensionskosten täglich zu Buche. Infos: Telefon 0651/86156

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