Punktgewinn für den Angeklagten

Trier · Wegen Sozialbetrugs muss sich ein Trierer Discobetreiber derzeit vor Gericht verantworten. Zahlreiche Angestellte soll er zu Scheinselbstständigen deklariert haben. Beim jüngsten Prozesstermin diese Woche konnte sein Verteidiger zumindest teilweise punkten.

Trier. Mehrere Diskotheken mit weit über 100 Mitarbeitern hatte der Gastwirt in Trier betrieben - darunter so bekannte Häuser wie das Forum oder das Stockwerk. Doch seit Februar sitzt der 45-Jährige als Angeklagter vor dem Trierer Schöffengericht. Von Januar 2005 bis Dezember 2013 habe der Angeklagte 161 Mitarbeiter als Scheinselbständige beschäftigt und sie nicht bei der Sozial- und Rentenversicherung angemeldet, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Den Versicherungen sei dadurch ein Schaden von rund 540 000 Euro entstanden, so Staatsanwalt Wolfgang Spieß.
Zum Verhandlungsauftakt im Februar versuchte der Gastronom die Sache klarzustellen. Dies seien ja auch keine "normalen" Beschäftigten gewesen, argumentierte er, sondern Dienstleistungsexperten für die Erlebnisgastronomie - Spezialisten für ständig wechselnde Aufgaben und Projekte. Aber schon die ersten Zeugen, alles ehemalige Mitarbeiter, brachten im Februar die Darstellung ins Wanken. Die Garderobenfrau, der Tischkellner oder andere typische Gastonomiebeschäftigte wirkten als "selbstständige Unternehmer" nicht überzeugend auf das Gericht (der TV berichtete). Besonders, als alle einstimmig erklärten, dass es "für den Wechsel zur Selbstständigkeit einen Euro mehr pro Stunde gab". Doch bei der Frage, ob tatsächlich nur Scheinselbstständige oder doch noch "echte" Selbstständige in den Discos tätig waren, hat der Angeklagte am jüngsten Verhandlungstag wenigstens ein "Ehrentor" erzielt.
Drei Zeugen überzeugen


Gehört wurden drei Zeugen: Zunächst ein sogenannter Veranstaltungskaufmann, der beim Angeklagten eine Lehre absolviert hatte und für ihn später auf Rechnung verschiedenste Discoveranstaltungen organisierte.
Er überzeugte als Selbstständiger ebenso wie ein freischaffender Discjockey und ein Veranstaltungstechniker, der von Trier bis Koblenz Bühnen mit Ton und Licht versorgt. Nicht erschienen waren ein weiterer Veranstaltungskaufmann, dessen Spur sich derzeit noch in Stuttgart verliert, sowie ein angeblich selbstständiger Plakatierer. Letzterer zahlt nun auf Beschluss vom Vorsitzenden Richter Hans-Jürgen Ferring 200 Euro Ordnungsgeld, da er unentschuldigt fehlte.
Zum letzten Schlag des Tages holte Verteidiger Andreas Ammer aus. Er rechnete vor, dass Sozial- und Rentenversicherung bei ihrer Schadensberechnung von insgesamt 540 000 Euro von einem "illusionistischen Monatsbrutto der Beschäftigten" ausgehen würden. Ammer: "Da kämen manche auf 7000 Euro im Monat." Das Gericht will die vom Anwalt vorgelegte Berechnung zunächst prüfen.
Nach einem Überbrückungstermin im April findet die nächste Verhandlung am 5. Mai, 9 Uhr, Saal 76 statt. Es sollen noch zwei Zeugen gehört werden. Danach wird voraussichtlich plädiert.

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