Putin-Gegner protestieren vor Hotel in Bekond

Bekond · Erst sorgt das in Bekond gelegene Hotel- und orthodoxe Pilgerzentrum für politischen Streit in Moskau, und dann demonstrieren am Samstag sogar 20 Putin-Gegner davor. Die Proteste sollen via Internet weltweit und vor allem im 2000 Kilometer entfernten Moskau gehört werden.

 Protest vor dem Hotel St. Thomas am Brunnenhof: Die Anti-Putin-Gruppierung aus dem Rheinland, die sich nach der verurteilten russischen Punk-Band Free Pussy Riot nennt, demonstriert in Bekond. TV-Foto: Katja Bernardy

Protest vor dem Hotel St. Thomas am Brunnenhof: Die Anti-Putin-Gruppierung aus dem Rheinland, die sich nach der verurteilten russischen Punk-Band Free Pussy Riot nennt, demonstriert in Bekond. TV-Foto: Katja Bernardy

Bekond. "Freiheit für politische Gefangene!", "Russland ohne Putin!" und "Free Pussy Riot!": Diese Rufe aus einem Megafon durchdringen die Samstagnachmittagsruhe in dem 850 Einwohner zählenden Dorf Bekond (Kreis Trier-Saarburg). Kaum jemand ist bei dem trüben Novemberwetter unterwegs, nur vor dem Hotel St. Thomas am Brunnenhof kommt gegen 15 Uhr Leben auf. Rund 20 Putin-Gegner, sie gehören zur Gruppierung aus dem Rheinland, die sich nach der jüngst verurteilten russischen Frauen-Punk-Band Pussy Riot benannt hat, laden Plakate und übergroße Ketten mit Handschellen aus dem Kleintransporter. Die Hälfte der Demonstranten stülpt sich bunte Stoffmasken übers Gesicht, einer eine "Putin"-Maske. Zwei Teilnehmer tragen Sträflingskleidung, darüber leuchten gelbe Westen mit der Aufschrift der Menschenrechtsorganisation Amnesty international. Warum findet die Protestaktion ausgerechnet im idyllischen Dorf an der römischen Weinstraße statt? Hauptorganisatorin Janine Schneider erklärt: "Weil hier das einzige orthodoxe Pilgerzentrum in Westeuropa ist und es in der russischen Bloggerszene sehr bekannt ist." Kürzlich war das Hotel, zu dem auch die orthodoxe Kirchengemeinde der heiligen 40 Märtyrer von Sebastia samt Pilgerorganisation gehört, in die Schlagzeilen geraten. Der Grund: Die Immobilie in der Bekonder Dorfmitte ist seit einiger Zeit Politikum in Moskau, weil sie der Frau eines Duma-Abgeordneten gehören soll. Der Geschäftsführer hatte sich von den politischen Ausein-andersetzungen distanziert (der TV berichtete). Am Samstagnachmittag bleiben die Rollläden des Hotels und Pilgerzentrums unten. Der weiträumige Parkplatz bleibt leer, niemand ist zu sehen. Harald Licht, Leiter der Polizeiinspektion Schweich, ist mit vier Beamten vor Ort. Er erklärt Janine Schneider, dass die Gruppe das Privatgelände nicht betreten darf. Die Putin-Gegner halten sich daran und demonstrieren friedlich auf dem Bürgersteig. Dass die Megafon-Rufe nur von wenigen Zaungästen, darunter Bekonds Ortsbürgermeister Paul Reh, Eric Jakobs von der Kreisverwaltung Trier-Saarburg, ein paar Jugendliche und eine Handvoll älterer Bekonder Bürger, gehört werden, ist Nebensache. Denn zig Fotografen halten jedes Detail und jeden Handgriff in Bild und Videos fest. Das Ziel ist laut Janine Schneider, die Protestaktion im Netz, vor allem in der russischen Bloggerszene, zu verbreiten. Am Ende des zweitstündigen Anti-Putin-Protests kommen die Demonstranten auch mit Paul Reh ins Gespräch. Der Ortschef berichtet, dass die Hotelbetreiber angenehme Mitbewohner seien und es auch rechtlich keine Bedenken gebe. "Während der Heilig-Rock-Wallfahrt war viel los", erzählt der Ortsbürgermeister. Insgesamt 40 Busse mit russischen Pilgern seien ins Hotel St. Thomas gekommen. Die Gemeinde ist Reh zufolge froh, dass das Gebäude, das schwer zu vermarkten war, nun verkauft ist. "Besser als wenn es leerstehen würde", sagt der Ortschef, bevor die Protestler am Spätnachmittag die Masken abstreifen und die Transparente einrollen.
Die Aktion geht dann allerdings weltweit erst richtig los: im Internet.

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