Einzelhandel Quint auf dem Weg zur Bio-Fleischerei

Kenn · Das Familienunternehmen in Kenn verkauft seine ehemalige Zerlegehalle und investiert 1,5 Millionen Euro gemäß der neuen Firmenphilosophie.

 Theresia Sanktjohanser präsentiert vor der Markthalle in Kenn das neue Quint-Logo. Die neue Firmenphilosophie setzt auf Bio.

Theresia Sanktjohanser präsentiert vor der Markthalle in Kenn das neue Quint-Logo. Die neue Firmenphilosophie setzt auf Bio.

Foto: Rainer Neubert

Die massenhafte Verarbeitung von Rinder- und Schweinehälften aus konventionellen Zuchtfabriken gehört zwar zur Geschichte der 1928 gegründeten Firma Quint in Kenn. „Wir haben den Zerlegebetrieb aber schon vor zehn Jahren eingestellt“, sagt Theresia Sanktjohanser. Die Tochter des 1980 verstorbenen Willi Quint gehörte damals bereits zur Geschäftsführung und leitete auch den Edeka-Markt in Trier-Tarforst.  Seit fünf Jahren ist die 50-Jährige alleinige Geschäftsführerin mit einem klaren Ziel: „Wir wollen die Umstellung von Quint auf Bio-Produkte weiter vorantreiben.“

Der „Marktplatz der Region“, ein kleiner Bio-Fachmarkt mit Produkten der eigenen Produktion und aus der ganzen Region in einem Teil des alten Zerlegebetriebs, war sechs Jahre lang Symbol für diese neue Ausrichtung der Geschäfte. Zum 31. Juli wird er schließen, weil das Gebäude mitsamt dem fast 11 000 Quadratmeter großen Grundstück verkauft worden ist (siehe Bericht oben). Die Bioland-, Bio- und auch noch konventionell produzierten Quint-Waren werden dann vor allem in den mittlerweile drei zur Quint-Firmengruppe gehörenden  Trierer Edeka-Filialen Tarforst, Heiligkreuz und Feyen sowie im Wagen auf dem Wochenmarkt zu haben sein. Lediglich Abnehmer größerer Mengen wie Vereine oder Feuerwehren finden ab August noch wie gewohnt in Kenn eine Anlaufstelle, im Stammsitz, auf der anderen Seite der L 145.

„Der Verkauf von Werk II an die Firma Artemis ist kein Notverkauf wegen der Corona-Pandemie“, versichert Geschäftsführerin Sanktjohanser und widerspricht damit Gerüchten. „Alles war geplant.“ Mit dem Tochter-Unternehmen des Tiernahrungsherstellers VetConcept, das dort einen regionalen Wildzerlegebetrieb aufbauen will, sei ein idealer Partner gefunden worden, um Quint und seine Firmenphilosophie voranzubringen. Wie die künftige Zusammenarbeit aussehen könne, werde derzeit diskutiert. Eine Erweiterung der Angebotspalette um Wildprodukte liegt auf der Hand.

„Wir freuen uns, dass wir einen naturnahen und authentischen Partner gefunden haben“, sagt die Firmenchefin. Den Erlös aus dem Verkauf von Grundstück und Gebäude  verrät sie nur in Andeutungen. „Wir werden in den nächsten Monaten 1,5 Millionen Euro in den eigenen Produktionsbetrieb und die weitere Umstellung auf Bio investieren.“ An dem verbleibenden Werk I, in dem auch die Verwaltung ihren Sitz hat, wird vor allem das neue Logo des Unternehmens den weiteren Wandel von Quint anzeigen: Schwarz und in der Typografie dem Firmenschriftzug in den Gründerjahren angenähert.

„Seit Juni sind wir bei Rindfleisch zu 100 Prozent Bio“, macht Sanktjohanser die Richtung deutlich. „Wir können unseren Kunden sagen, welcher Landwirt das Tier gezüchtet und gemästet hat. Die Wertschöpfungskette ist zu 100 Prozent transparent, regional vom Respekt zum Tier und zur Natur geprägt.“ Das sei auch im Sinne ihres Vaters, der das Unternehmen in zweiter Generation geleitet und deutlich vergrößert hatte. „Auch wenn von Tierwohl oder Nachhaltigkeit damals noch nicht gesprochen worden ist.“ Die Bio-Fleischerei der Firma Quint – „Willi’s“ – trägt auch deshalb dessen Namen.

Der Verkauf des ehemaligen Zerlegebetriebs und die Schließung des Markt-Ladens in Kenn hätten keine negativen Folgen für die 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, versichert Theresia Sanktjohanser. „Die beiden unmittelbar betroffenen Mitarbeiter werden in unseren anderen Märkten gebraucht.“ Fachkräfte im Lebensmittelbereich, das machte sie in ihrer Funktion als Präsidentin des Handelsverbands Trier auch in der Diskussion um den neuen Globus-Markt mehrfach deutlich, seien zudem immer begehrt. Auch Quint sei auf der Suche.

Am Erfolg ihres Bio-Konzepts hat die 50-Jährige keine Zweifel. „Wir wollen die wirkliche Regionalität mit ökologischem Hintergrund.“ Immer mehr Kunden seien bereit,  dafür einen höheren Preis zu zahlen. Rindfleisch mit Bioland-Siegel von Quint ist zehn bis 20 Prozent teurer als konventionell produzierte Ware. Bei Schweinefleisch beträgt der Aufschlag sogar 40 bis 50 Prozent. Denn nur noch wenige Mastbetriebe in Rheinland-Pfalz produzieren nach den strengen Bioland-Kriterien.

 Bis zum 31. Juli gibt es in der Markthalle in Kenn noch Bio-Produkte aus der Region. Der Abverkauf hat bereits begonnen.

Bis zum 31. Juli gibt es in der Markthalle in Kenn noch Bio-Produkte aus der Region. Der Abverkauf hat bereits begonnen.

Foto: Rainer Neubert

Deren Einhaltung soll auch durch die Zusammenarbeit mit dem Schlachtbetrieb Sternberg in Saarburg gewährleistet werden. Zudem beteiligt sich Quint an dem Projekt der Erzeugergemeinschaft Bio-Rind & Fleisch  Rheinland-Pfalz. Dabei geht es darum, wieder auf dem Hof zu schlachten, auf dem die Tiere aufgewachsen sind. Transportstress soll vermieden werden.

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