Radau um Ratio-Bau

TRIER. Neue Runde im Streit um Aufträge auf der Ratio-Baustelle: Die TV-Berichterstattung zu diesem Thema hat einen Proteststurm des Handwerks ausgelöst, das sich benachteiligt fühlt. Die Erklärung von Ratio, Trierer Betriebe seien zu teuer gewesen, ärgert die Kritiker erst recht. Man habe ihnen keine Chance gegeben, sagen sie. Der Bauherr legt derweil nach.

Die Trierer Handwerker sind sauer. Vor einigen Tagen hatten sie beklagt, dass auf der Großbaustelle des Ratio-Markts nur drei von 22 Firmen aus der Region kommen - entgegen einer Ankündigung des Konzerns, einen Großteil der insgesamt zehn Millionen Euro schweren Aufträge an ortsansässige Betriebe zu vergeben. Doch die Reaktion von Ratio auf diese Kritik treibt die Handwerker noch weiter auf die Palme: Die regionalen Betriebe seien zu teuer gewesen.Bauleiter: "Habe mich verkackeiert gefühlt"

In Wirklichkeit habe man den Firmen vor Ort keine Chance gegeben, schimpft Josef Adams, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Trierer Handwerkskammer (HWK). "Offenkundig arbeitet Ratio bei seinen Projekten mit langjährigen Vertragspartnern zusammen." Das sei zwar durchaus üblich, räumen die Handwerker ein. Doch sie fragen sich: Warum hat Ratio angekündigt, regionale Firmen mit ins Boot zu nehmen, wenn das nie vorgesehen war? Denn dafür spricht in ihren Augen alles. Nur in Einzelfällen seien regionale Firmen um Angebote gebeten worden, sagt Adams. Und die wenigen Unternehmen, die Angebote hätten abgeben dürfen, seien "zweifelhaften Nachverhandlungen" ausgesetzt gewesen. Markus Opp, Geschäftsführer des Trierer Elektrohauses Thomas, berichtet, er habe sich um einen Auftrag bemüht, aber keine Ausschreibung bekommen. Der Projektleiter des Ratio-Baus, Reinhold Muchow, lässt diese Vorwürfe nicht gelten. Es habe ihn erstaunt, dass einige Unternehmen, die "mit dem Bagger nur um die Ecke fahren müssen", erheblich teurer gewesen seien als auswärtige Anbieter, die auch Kosten für Transport und Unterbringung einkalkulieren müssten. Teilweise hätten "zweistellige Prozentsätze" zwischen den Trierer Angeboten und anderen gelegen, berichtet er. "Um es in der Bauarbeitersprache zu sagen: Ich habe mich regelrecht verkackeiert gefühlt." Auch die Kritik, heimischen Handwerkern keine Chance gegeben zu haben, weist Muchow zurück. "Wir berücksichtigen grundsätzlich auch im Umland ansässige Firmen und haben quer durch die Gewerke Trierer Betriebe um Angebote gebeten. Wer bei uns relevante Preise abgibt, hat auch eine Chance." Dass Unternehmen auf Anfrage keine Ausschreibungsunterlagen erhalten haben, kann er sich nur so erklären: "Vielleicht haben sie sich zu spät gemeldet. Wer sich bei uns bewirbt, bekommt die Unterlagen. Das ist in Trier nicht anders gelaufen." Die Trierer Handwerker besänftigt das nicht - zumal sie das Kosten-Argument für problematisch halten. Elektrohaus-Geschäftsführer Opp erklärt: "Ich kann auch einen großen Teil des Personals abbauen, keine Auszubildenden mehr einstellen und mit Subunternehmen aus den neuen EU-Beitrittsgebieten arbeiten oder Billiglöhner aus dem Osten einstellen!" Doch wenn Qualität und hoch qualifizierte Mitarbeiter zu Dumpingpreisen verschleudert würden, könne keine Kaufkraft entstehen. Genau darauf zielt auch die Kritik von HWK-Vize Adams: "Während das Warenhaus mit Sitz in Münster Kaufkraft in Trier und Umgebung abschöpft, hat es die Chance vertan, seinen Beitrag zur Stärkung der hiesigen Wirtschaft zu leisten und seinerseits die Kaufkraft in der Region zu stärken."

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