Radfahr-Stresstest, Tatort Saarstraße

Trier · 14 000 Autofahrer und Hunderte Radfahrer und Fußgänger sind täglich in der Saarstraße unterwegs. Das sorgt für Konflikte auf Fahrbahn und Gehweg. Die Trie rerin Silvia Elenz plädiert nicht nur für mehr Rücksicht - sondern auch dafür, dass Radler an besonders heiklen Stellen - zum Beispiel an der Kreuzung Saarstraße/Hohenzollernstraße auf dem Bürgersteig fahren dürfen.

 Weil's auf der Fahrbahn zu eng ist oder über den Gehweg schneller geht, wechseln in der Saarstraße viele Radler auf den Bürgersteig. Erlaubt ist das nicht. TV-Fotos (4): Christiane Wolff

Weil's auf der Fahrbahn zu eng ist oder über den Gehweg schneller geht, wechseln in der Saarstraße viele Radler auf den Bürgersteig. Erlaubt ist das nicht. TV-Fotos (4): Christiane Wolff

Foto: (h_st )

Trier. Nur an wenigen Stellen fühlt Trier sich an wie eine Großstadt. Die Saarstraße ist eine davon: Friseurläden, Secondhand-Shops, Imbisse, Bio- und Asia-Läden, das Bürgerbüro der Ministerpräsidentin drängeln sich entlang der stark befahrenen Straße. Die Fassaden der Wohn- und Geschäftshäuser reichen bis direkt an den Bürgersteig.
Von Gentrifizierung ist das Viertel bislang verschont geblieben: Viele junge Familien, Ur-Trier-Süder, Studenten, Reich und Arm leben dort. Auf den Bürgersteigen des wimmeligen Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungsviertels sind Leute mit Einkaufstüten, Eltern mit Kinderwagen, Rentner mit Rollatoren unterwegs. Dazwischen etliche Radfahrer, die von der engen, an vielen Stellen mehrspurigen Straße auf den Gehweg flüchten.
Reichlich Konfliktpotenzial


Wer sich eine halbe Stunde an die große Kreuzung Hohenzollernstraße stellt, dem wird das Konfliktpotenzial schnell klar: Die meisten Radfahrer sind zwar vorschriftsmäßig auf der Straße unterwegs und warten bei Rot mit den Autos in der Schlange. Viele sparen sich allerdings den Halt vor der Ampel, wechseln am Ende des Rückstaus flugs auf den Bürgersteig, schlängeln sich zwischen den Fußgängern durch und fahren über den Fußgängerüberweg weiter auf den gegenüberliegenden Bürgersteig. Andere nutzen den Gehweg offenbar permanent als Radroute.
Auf Bürgersteigen dürfen allerdings nur Kinder bis zehn Jahre fahren. Alle anderen müssen absteigen und schieben.
Das weiß auch Silvia Elenz. Trotzdem fährt die Trier-Süderin an der Kreuzung Hohenzollernstraße regelmäßig mit ihrem Rad auf dem Gehweg. "Und zwar nicht, um schneller über die Ampeln zu kommen, sondern weil die Verkehrssituation auf der Saarstraße so eng ist, dass Radlern nichts anderes übrig bleibt", sagt die junge Mutter.
Nicht nur der fließende Verkehr - täglich rollen rund 14 000 Autos über die Saarstraße - mache die Sache gefährlich. "Alle paar Meter parken Autos halb auf der Straße und halb auf dem Gehweg. Um an ihnen vorbeizufahren, muss ich weit auf die Fahrspur ausweichen - und werde dann trotzdem und trotz Gegenverkehr immer noch von Autos überholt - dann wird's richtig eng und das ist mir einfach zu heikel", sagt Elenz. "Gerade an der Kreuzung Hohenzollernstraße könnten die Fußgänger daher ein bisschen mehr Verständnis haben für Radler, die auf dem Gehweg fahren."
Bei der Polizei beschweren sich allerdings regelmäßig Fußgänger über auf Gehwegen fahrende Radler. An der Kreuzung Saarstraße/Hohenzollernstraße gab's vorige Woche deshalb Kontrollen: 30 Radler wurden verwarnt, 21 davon wegen Fahrens auf dem Gehweg, Bußgelder zu zehn Euro wurden fällig. Überwiegend hätten sich die Radfahrer "einsichtig" gezeigt, berichtet Polizei-Pressesprecher Uwe Konz.
Polizei: Bürgersteige tabu

Radfahr-Stresstest, Tatort Saarstraße
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Radfahr-Stresstest, Tatort Saarstraße
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Radfahr-Stresstest, Tatort Saarstraße
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Ausnahmen vom Gehweg-Verbot für Radfahrer könnten auch an besonders heiklen Straßenverhältnissen nicht zugelassen werden. "Der Straßenverkehrsraum, den sich die unterschiedlichen Verkehrsarten in der Trierer Innenstadt teilen müssen, ist sicher sehr beengt", sagt Konz. Wem die Situation zu gefährlich erscheint, dem legt die Polizei nahe, auf andere Routen auszuweichen. "Die Sicherheit sollte da vorgehen, auch, wenn das Umwege bedeutet", sagt Konz.
Dass die Radfahrer auf andere Routen ausweichen sollen, sieht Ole Seidel, Radverkehrsexperte der Trierer Grünen, nicht ein. Radfahrer seien gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer und dürften sich nicht von Autos abdrängen lassen. "Würden Radfahrer sich auf vielbefahrenen Straßen den Raum nehmen, der ihnen zusteht - nämlich 80 Zentimeter zum Gehweg und bis zu 1,5 Meter zu parkenden Autos - , und damit quasi mitten auf der Spur fahren, wären sie sicherer unterwegs. Denn dann könnte bei Gegenverkehr de facto kein Auto mehr überholen", sagt Seidel. Dass Radler bei vielbefahrenen Straßen auf Nebenrouten ausweichen sollen, sei vielleicht für diejenigen, die gemütlich unterwegs seien, eine Alternative. "Doch Radler, die zügig vorankommen wollen, müssen auch auf Hauptstraßen willkommen sein", sagt Seidel.

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