Radler ignorieren Verbot in der Trierer City - Zusammenstöße häufen sich

Trier · Immer mehr Passanten ärgern sich über den zunehmenden Radverkehr in der Trierer Fußgängerzone. Die Stadt sieht sich nicht in der Pflicht. Und auch die Verwarnungen, die die Polizei ausspricht, haben offensichtlich keine Wirkung auf die Verkehrssünder.

Radler ignorieren Verbot in der Trierer City - Zusammenstöße häufen sich
Foto: (h_st )

Trier. Für Hubert Wieghofer birgt die Trierer Innenstadt Dutzende Stolperfallen: hervorstehende Pflastersteine, Poller, Werbe-Aufsteller der Händler. Wegen einer Augenerkrankung kann der Einkaufsbummel für den 68-Jährigen schon mal zu einem Hindernislauf werden. "Ich komme ganz gut zurecht", sagt der Rentner, auch wenn sein Gesichtsfeld teilweise stark eingeschränkt ist. Manchmal aber packt den Trierer die Wut, seit einigen Monaten immer häufiger: "Die Gefährdung der Fußgänger durch undisziplinierte Radfahrer in der Innenstadt nimmt zu", sagt er. Und auf die könne er nicht auch noch achten.

Der Zusammenstoß: Kürzlich wurde Hubert Wieghofer sogar von einem entgegenkommenden Radfahrer angefahren. Es war gegen 15.30 Uhr in der Fleischstraße. Mit der linken Schulter prallte der Radler an Wieghofers Schulter. "Der Zusammenstoß war so heftig, dass der junge Mann abspringen musste", erinnert sich Wieghofer. Eine Entschuldigung gab es nicht. "Der Radfahrer hat mich beschimpft", sagt der 68-Jährige.
Keine 24 Stunden später seien ein älterer Mann auf dem Rad und eine Seniorin zusammengekracht. "Der Radfahrer kam vom Hauptmarkt, eierte rum", sagt der 68-Jährige. Die Frau bemerkte ihn zu spät. Immerhin: Entschuldigt hat sich der Mann. "Und die Fußgängerin auch", sagt Hubert Wieghofer empört. "Dabei hat sie doch gar nichts falsch gemacht." In der Fußgängerzone müssen Radfahrer von 11 bis 19 Uhr nämlich absteigen.

Die Schilder: An allen Zugängen zur Fußgängerzone weisen Schilder auf die Regelung hin. Mal mehr, mal weniger gut sichtbar, wie am Nikolaus-Koch-Platz. Dort hängt die Tafel knöchelhoch, der Blick darauf wird meist von angeketteten Fahrrädern versperrt.

Die Stadt: Wieghofer kontaktierte bereits den Kommunalen Vollzugsdienst, der den Rentner an die Polizeiinspektion verwies. "Die Zuständigkeit der Polizei basiert auf straßenrechtlichen Vorschriften. Diese sind höherrangig zu handhaben als zum Beispiel die kommunalen Regelungen der Sondernutzungssatzung", sagt Stadtsprecher Hans-Günther Lanfer auf TV-Anfrage. Im Klartext heißt das wohl, dass die Stadt nichts gegen die Radfahrer unternehmen kann oder will. "Die Stadt Trier kann von den Autofahrern bei den Geschwindigkeitskontrollen immense Summen kassieren", schimpft Wieghofer. "Aber für die Verkehrssicherheit im Innenstadtbereich ist sie nicht zuständig." Auch Richard Horaczek wandte sich - wie weitere Leser - in Sachen rücksichtslose Radfahrer an unsere Redaktion. "Immer häufiger stelle ich fest, dass die Regelungen in der Innenstadt nicht beachtet werden", schreibt er. "Ordnungshüter scheint es nicht (mehr) zu geben."

Die Polizei: Die Polizeiinspektion Trier kontrolliere zusammen mit der Polizeiwache Innenstadt regelmäßig den Radverkehr, entgegnet Sabine Bamberg von der Polizei. "Neben den Feststellungen, die die eingesetzten Kräfte im alltäglichen Streifendienst machen, sind die Polizeibeamten auch als Fuß- und Fahrradstreifen unterwegs, um Verstöße festzustellen und zu ahnden", betont sie. Aber auch die Polizei bemängelt die Verkehrsdisziplin bei Fahrradfahrern. Nicht nur die Fußgängerzone sei betroffen: "Auch im restlichen Stadtgebiet stellen wir immer wieder Verstöße fest oder werden von Bürgern darüber informiert."

Die Kontrolltage: Die Polizei organisiert Fahrrad-Kontrolltage, an denen die Beamten zum Teil selbst mit Fahrrädern unterwegs sind, um Verkehrssünder zu stoppen. Zuletzt gab es einen solchen Kontrolltag Mitte September. 26 Verstöße wurden damals geahndet. Laut Polizei nutzten manche Radfahrer Gehwege, die nur für Fußgänger ausgewiesen sind, oder sie wurden mit dem Mobiltelefon am Ohr bei der Fahrt erwischt. Einige Radfahrer hörten nichts mehr, weil die Musik in ihren Kopfhörern zu laut war, und wieder andere fuhren verbotenerweise durch die Fußgängerzone. In einigen Fällen verhängte die Polizei ein erhöhtes Bußgeld, "da die Radfahrer andere Personen behinderten oder gefährdeten. Dabei nahm ein Radfahrer selbst auf einen Rollstuhlfahrer keine Rücksicht", sagt die Polizeisprecherin.
Der ADFC: Für viele Radfahrer ist der Weg durch die Fußgängerzone eine sichere und bequeme Abkürzung. Ein gut ausgebautes Radwegenetz gibt es in Trier nicht. "Aber das Mobilitätskonzept sieht neue Wege für Radler vor", sagt Johannes Ulbrich vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Zwar hält der stellvertretende Vorsitzende die Verbotszeiten in der Fußgängerzone für sinnvoll. "Manche Bereiche könnten aber wieder freigegeben werden", meint Ulbrich. Zum Beispiel der Weg vom Kornmarkt in Mohrs Gässchen.
Hubert Wieghofer, Richard Horaczek und andere haben indes kein Verständnis. Schließlich könnten die Radler absteigen und schieben. Sie wünschen sich mehr Kontrollen und weitere Maßnahmen vonseiten der Stadt. "Muss erst etwas Schlimmes passieren?", fragt Wieghofer. Zusammenstöße jedenfalls hat es genug gegeben in den vergangenen Wochen und Monaten. Bisher sind sie offenbar glimpflich ausgegangen.

Liebe Leserinnen und Leser, wie stehen Sie zum Thema Radfahren in der Fußgängerzone? Wie kann das Problem gelöst werden? Mailen Sie uns Ihre Meinung an echo@volksfreund.de. Name und Anschrift bitte nicht vergessen.Meinung

Mehr Verständnis und Respekt
Eine Fußgängerzone als solche auszuweisen, ist gut und sinnvoll. Vor allem in einer Stadt wie Trier, wo sich an schönen Tagen manchmal Hunderte Touristen sammeln, um den Dom zu fotografieren oder die tolle Architektur oder sich selbst. Die Schilder mit der Regelung "Radfahren 19 bis 11 Uhr frei" könnten zwar markanter angebracht werden. Aber diese Freigabe ist ohnehin nur die Ausnahme, das Radfahrverbot in einer Fußgängerzone die Regel. Die Kontrollen müssten verstärkt werden, um die Rücksichtslosigkeit derjenigen einzudämmen, die das Verbot missachten. Allerdings: Nicht jeder Radler ist per se ein regelmissachtender Rowdy. Ohne Radfahrer würde der Verkehr in jeder mittelgroßen oder großen Stadt vermutlich zusammenbrechen. Bei Wind und Wetter setzen sie sich auf den Drahtesel und zwängen sich vorbei an Blech-Kolonnen. Und das ist nicht immer ungefährlich für sie. Manchmal gehen Zusammenstöße zwischen Radfahrern und Autos sogar tödlich aus. Ein bisschen mehr Verständnis und Respekt füreinander würden dem Straßenverkehr sicher guttun - ganz gleich ob Fußgänger, Rad- oder Autofahrer. trier@volksfreund.deExtra

Radler ignorieren Verbot in der Trierer City - Zusammenstöße häufen sich
Foto: (h_st )
 Ist mit einem Radfahrer zusammengestoßen: Hubert Wieghofer.

Ist mit einem Radfahrer zusammengestoßen: Hubert Wieghofer.

Foto: (h_st )
Radler ignorieren Verbot in der Trierer City - Zusammenstöße häufen sich
Foto: ARRAY(0x55f792a8)

Die TV-Redaktion hat den Test gemacht. An einem kühlen und bedeckten Mittwochvormittag zählten wir gegen 11.30 Uhr alle, die mit dem Rad in der Trierer Innenstadt unterwegs waren. Das Ergebnis ist erschreckend: Von 19 Menschen, die ein Fahrrad bei sich hatten, stiegen nur zwei ab. Die restlichen 17 balancierten hinter Fußgängern her, bis das Überholmanöver gelang, bremsten nur eine Handbreit vor Senioren ab und rasten fast Kinder um, die am Wasserlauf am Kornmarkt spielten. esc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort