Rätselhafte Römer-Relikte

TRIER. Fundgrube Paulinus-Gelände: Die Grabungen des Rheinischen Landesmuseums in Kooperation mit dem Archäologischen Institut der Universität Trier förderten zahlreiche Relikte aus der Römerzeit zutage, darunter eine Wandmalerei und eine rätselhafte Säule.

Restaurator Egon Lutz hat dem Paulinus-Areal einen Spitznamen verpasst: "Wundertüte! Ich staune, was und wie viel hier heraus kommt." Lutz gehört zwar nicht zum Grabungsteam, leistet den Kollegen aber oft Gesellschaft. Aktuelle Mission: den Anstrich auf einer Mauer eines römischen Wohnhauses bergen. Die auf fast vier Quadratmetern erhaltene Wandmalerei stammt aus dem 3. Jahrhundert und dürfte zu einem Erdgeschoss-Raum gehören. Die schlichte Ausführung spricht nicht für einen Wohn- oder Empfangsraum, eher für eine Abstellkammer, vielleicht eines Hinterhauses. Die Fundstelle nahe der Metzelstraße liegt zwischen zwei Römer-Straßen; die östliche davon, unterhalb der abgerissenen Paulinus-Druckhalle, führt genau auf das Forum zu, das am heutigen Viehmarkt gelegene Herz der antiken Stadt. Die archäologischen Untersuchungen unter Leitung von Georg Breitner bringen neue Erkenntnissen über die Stadtentwicklung Triers seit den Anfängen. Bei der Gründung 17. v. Chr. gaben die Vermessungsingenieure das rechtwinklige Straßenraster vor, das im wesentlichen bis ins frühe Mittelalter Bestand hatte. Auf dem Paulinus-Gelände kommen römische Architektur-Reste vom 1. bis zum 4. Jahrhundert zum Vorschein. Hier stand bereits die erste Generation von Steinhäusern, die nach einigen Jahrzehnten die Fachwerkbauweise ablöste. In höheren Bodenschichten geht es wild weiter quer durch alle Siedlungs-Epochen: In einer Ecke legen Arbeiter eine 1700 Jahre alte Fußbodenheizung frei, zehn Meter entfernt dokumentiert ein Zeichner eine Kalkstein-Mauer aus dem 2. Jahrhundert. Einen Steinwurf weiter liegen Bodenplatten eines Kellers aus dem 19. Jahrhundert direkt auf einem antiken Estrich.Keine voreiligen Interpretationen

Grabungs-Chef Breitner stimmt der "Wundertüten"-Theorie zu. Gestern wunderte er sich über einen frisch freigelegten, aufwändig gearbeiteten Säulenrest aus graugrünem Kylltal-Sandstein (Foto auf der Titelseite dieser Ausgabe). Rätselhaft: Die Säule aus dem 4. Jahrhundert stand deutlich höher als andere Gemäuer ihrer Zeit. Breitner scheut voreilige Interpretationen: "Dazu sind wir noch nicht weit genug. Bisher konnten wir nur punktuell graben. In einigen Wochen aber werden wir viele Puzzle-Stücke zu einem stimmigen Gesamtbild fügen können. Eines ist jetzt schon klar: Hier wurde in Konstantinischer Zeit, als Trier Kaiserstadt geworden war, kräftig neu und umgebaut." Bis Ende August werden die Experten graben, untersuchen, dokumentieren und, falls wertvoll, bergen. Dann startet der Bau des Einkaufscenters Trier-Galerie.

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