Rasante Entwicklung auf der Höhe

TARFORST. Vom 450-Seelen-Dorf zum Stadtteil mit mehr als 7000 Einwohnern - Tarforst nahm in nur knapp vier Jahrzehnten eine rasante Entwicklung. Die Campus-Universität und die großen Baugebiete auf der Tarforster Flur brachten den Zuwachs an Neu-Bürgern.

 Alt- (oben links) und ein Teil von "Neu-Tarforst" auf einen Blick: Der Bau-Boom auf dem Trimmelter Hof hat den historischen Ortskern an den Rand gedrängt. Die viel befahrene Landesstraße 145 (Kohlenstraße) wirkt wie eine "Demarkationslinie".Foto: Willi Bosl

Alt- (oben links) und ein Teil von "Neu-Tarforst" auf einen Blick: Der Bau-Boom auf dem Trimmelter Hof hat den historischen Ortskern an den Rand gedrängt. Die viel befahrene Landesstraße 145 (Kohlenstraße) wirkt wie eine "Demarkationslinie".Foto: Willi Bosl

DieDorfbewohner wurden anno 1969 gegen ihren Widerstand Städter. Diezwangsweise Eingemeindung ließen sich aber viele von ihnenvergolden. Ihre Äcker und Wiesen verkauften sie zu damalssagenhaften Preisen ans Land, das die Tarforster Flur alsStandort für die Universität Trier auserkoren hatte. 22 Markzahlte Mainz je Quadratmeter. Wer lange genug wartete undpokerte, erhielt gar 30 Mark. "Die Universität war und ist einGlücksfall für uns", gibt Ortsvorsteher und Ur-TarforsterMarcellus Gehlen unumwunden zu. "Die meisten von uns waren Bauernund Winzer. Die Landwirtschaft hätte uns auf Dauer arm gemacht."Auch Gehlen hängte seinen Landwirts-Job an den Nagel; er heuertein der Uni-Poststelle an. Jetzt, mit 73, betrachtet er voller Stolz die in Trier konkurrenzlose Stadtteil-Dynamik. Die freilich hat ihre Haken. Während Tarforster Flur und Trimmelter Hof boomten, erlebte das Altdorf einen kontinuierlichen Aderlass. Lebensmittelladen, Apotheke, Ärzte, Volksbank und Sparkasse zogen allesamt ins neue Stadtteilzentrum. Für den Ortsvorsteher "verständlich, denn am alten Standort hätten sie keine Zukunft".

Nicht vom angestammten Standort wegzudenken sind die drei Traditionsgaststätten Bund, Gehlen und Wollscheid, die Alt-Tarforst zum Ausflügler- und Genießer-Mekka machen. Da überqueren auch Neu-Tarforster gerne die stark befahrene Kohlenstraße (L 144), die vielen Stadtteil-Bewohnern als "Demarkationslinie" erscheint. Gehlen sieht ebenfalls Identitäts-Defizite: "Tarforst muss erst noch richtig zusammen wachsen." Überhaupt ist auf dem Plateau weiterhin Wachstum angesagt. Der Stadtteil, der Ende 2002 genau 7037 Einwohner zählte, steuert dank seiner Bauland-Reserven mittel- bis langfristig auf die 10 000er-Marke zu. Dann wäre in wenigen Jahren jeder zehnte Trierer ein Tarforster.

Die Infrastruktur hält nicht in allen Bereichen so dynamisch mit. "Jedes kleine Dorf hat ein eigenes Bürgerhaus. Wir nicht", bedauert Marcellus Gehlen. Seine Hoffnung ruht auf der geplanten Sporthalle im Baugebiet BU 11, die allerdings wie das Grundschul-Projekt nach dem vom Oberlandesgericht wegen ungeklärter Entwässerungs-Fragen verhängten Baustopp für unbestimmte Zeit auf Eis liegt. Eine auch für kulturelle Zwecke nutzbare Sporthalle könne dem Vereins- und Stadtteil-Leben neue Perspektiven geben, sagt der UBM-Kommunalpolitiker.

Weitere Negativ-Spätfolge der Eingemeindung: "Weil wir ja Städter sind, bekommen wir nicht einmal Dorferneuerungs-Mittel für Verschönerungs-Maßnahmen." Deshalb ergreifen die Tarforster Ortsvereine die Eigeninitiative. Mit ihrem ersten Brunnenfest (21./22. Juni) wollen sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen Ersatz für die frühere Andreas-Kirmes anbieten, zum anderen mit dem Erlös den finanziellen Grundstock schaffen für die Anschaffung einer Brunnen-Figur. Bis der heilige Andreas den Wasserspender schmückt, dürften noch einige Jährchen ins Land gehen.

Mit Warten haben die Tarforster Erfahrungen. Erst 1994 erfüllte Bischof Hermann Josef Spital eine Ur-Forderung und erhob St. Andreas zu einer selbstständigen Pfarrei. Seit 1928 war St. Andreas Kapellengemeinde und davor Filiale der Pfarrei Irsch.

Am Montag in unserer Tarforst-Reihe: Die Universität als Entwicklungsmotor.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort