"Realitäts-Check bestanden"

TRIER. "Wir haben daran mitgearbeitet", werden die Schüler des Hindenburggymnasiums sagen können, wenn beim Theaterfestival 2007 des Theaters Trier ein Stück über Beziehungen Jugendlicher aufgeführt wird. Sie geben Autor Lothar Kittstein Impulse bei der Entstehung des Schauspiels.

Es ist Samstag, ein Tag, den viele junge Leute zum Bummel durch die Stadt nutzen. Nicht so die Zehn, die sich gerade im Theaterfoyer versammelt haben: Oberstufenschüler des Hindenburggymnasiums (HGT), die aus gemeinsamem Interesse am Theater eine Arbeitsgemeinschaft (AG) gebildet haben. Mit Sylvia Martin, Trierer Theaterpädagogin, und Lothar Kittstein, Dramaturg am Schauspiel Köln und Autor von Theaterstücken, widmen die Jugendlichen ihre Freizeit einem einzigartigen Projekt, der Weiterentwicklung eines Bühnenstücks. Es ist eine dialogische Szene um einen Beziehungskonflikt Jugendlicher, die Kittstein als eigenständiges Stück verfasst hatte, aus der man aber, nach Meinung des Autors, "mehr machen kann".Das Mädchen macht Schluss

Bereits im Sommer hatte er am HGT die erste Textpassage vorgestellt: "Das Feedback war sehr wichtig für mich, vor allem bezüglich der Jugendsprache. Nur wenn man die Begriffe richtig einsetzt, wird das Stück glaubwürdig." Die Anregungen der Jugendlichen flossen in Änderungen und eine zweite Szene, die Kittstein in der Zwischenzeit hat. Genau diese Passage stellt er an diesem Samstag vor. Bevor sie gelesen wird, gibt es Aufwärmübungen. "Führen" und "Folgen" werden dargestellt, anschließend wird reflektiert, in welcher Rolle man sich wohler fühlte. Dann sollen sich Partner gegenseitig von "Ja" oder "Nein" überzeugen. "Da habt ihr jetzt richtig Theater gespielt. Es war spannend, weil es einen Konflikt gab", kommentiert Kittstein. Dann sitzt die AG im Kreis und liest den Konflikt, den er zu Papier gebracht hat: Den eines Mädchens, das gern mit dem Freund Schluss machen will, der ihr aber keine Angriffsfläche bietet. Der Dialog klingt für Erwachsene nicht nur sprachlich fremd, sondern auch so, als würde aneinander vorbei geredet. Doch bei den Jugendlichen kommt er gut an: "Hat den Realitäts-Check bestanden", meint Marc. "Die Gefühlswelt des Mädchens ist gut getroffen, dieses Hin- und Herspringen, sich nicht entschließen können", meint Angelika. Die Zehn diskutieren sehr engagiert, bald geht es nicht nur um den Text, sondern auch ihre eigenen Erfahrungen, Generationsfragen und gesellschaftliche Normen. Kittstein erfährt dabei, dass es bei Beziehungen Jugendlicher eine Dreimonatsgrenze gibt, und dass sich Streitereien meist an Kleinigkeiten entzünden. Damit fühlt er sich bestätigt in seinem Ansatz: "Das eigentlich Interessante ist die Realität." Gefühlswelt des Jungen integrieren

Die Jugendlichen hingegen lernen viel darüber, wie ihre Realität mit dramaturgischen Kniffen bühnenreif umgesetzt werden kann. Sie improvisieren selbst eine Szene zum Thema "Schluss machen" und entwickeln daraus konkrete Vorschläge, die Sprache, Gesten, aber auch Inhalte betreffen: "In der nächsten Szene müsste die Gefühlswelt des Jungen zur Sprache kommen", meint zum Beispiel Kai. Kittstein will Kritik und Anregungen aufnehmen und bis zum nächsten Treffen einen weiteren Abschnitt verfassen. So wie die Jugendlichen, die ihren Text dann mit seinem vergleichen werden. Wenn das Stück im Februar über die Bühne geht, wird es nicht nur heißen: "Wir haben mitgearbeitet", sondern auch "Spannung garantiert".

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