Reformen müssen von unten kommen

TRIER. Weil er beim ersten ökumenischen Kirchentag 2003 auch evangelische Christen zum Empfang der Kommunion eingeladen hatte, wurde Gotthold Hasenhüttl von Bischof Reinhard Marx mit Bestätigung durch den Papst vom Dienst suspendiert. Den Mund lässt er sich jedoch nicht verbieten. Bei der Sonntagsmatinee des Theologischen Quartetts Trier hielt er ein flammendes Plädoyer für ökumenische Gastfreundschaft, mit deutlichen Worten zur Haltung Roms.

 Konzentriert lauschte ein mehr als hundertköpfiges Publikum den Ausführungen zur ökumenischen Gastfreundschaft von Professor Gotthold Hasenhüttl. TV-Foto: Anke Emmerling

Konzentriert lauschte ein mehr als hundertköpfiges Publikum den Ausführungen zur ökumenischen Gastfreundschaft von Professor Gotthold Hasenhüttl. TV-Foto: Anke Emmerling

"Wer ausschließt und abspaltet, trennt sich von Jesus selbst." Mit diesem Kernsatz verurteilte Gotthold Hasenhüttl, was Papst Benedikt kürzlich in seinem "Sakrament der Liebe" formuliert hatte: Nicht katholischen Christen sei es "allgemein unmöglich", das Sakrament der Kommunion zu empfangen, noch sinnloser sei eine Konzelebration mit Amtsträgern anderer Gemeinschaften. "Eine Rolle rückwärts" nannte Hasenhüttl diese Haltung. "Wir waren doch schon viel weiter, zum Beispiel als das zweite vatikanische Konzil ökumenische Trauungen zuließ und das Ende der Konfessionsschulen brachte." Auch sei ökumenische Gastfreundschaft im Alltag gang und gäbe, nur eben heimlich, da sie von Rom bestraft würde. Der Papst bekräftige ein Ausschlussprinzip, das Evangelische zu Christen zweiter Klasse degradiere. Widerspruch zur christlichen Lehre

Seine Argumente seien von fundamentalem Gedankengut geprägt, widersprächen der christlichen Lehre, seien weder biblisch noch aus Jesu Worten abzuleiten. Hier werde lediglich der absolutistische Unfehlbarkeits- und Machtanspruch einer von Menschen geschaffenen Hierarchie, die nichts mit Göttlichkeit zu tun habe, manifestiert. Dafür werde die Eucharistie missbraucht: "Wer selbst isst und trinkt und andere darben lässt, macht das Symbol zum Diabol, also teuflisch". Beim über hundertköpfigen Publikum im Palais Walderdorff traf die harsche Kritik auf nickende Zustimmung. Nicht nur, weil sie mit bissigem Humor und Aufdeckung von "Janusköpfigkeit", also Widersprüchen in Roms Argumentation und Handeln einherging. Sondern vor allem, weil Hasenhüttl Postulate zu Verständigung und Dialog anknüpfte: "Wenn wir uns am Wirken Christi orientieren, haben wir den Weg in Einheit zur Vielfalt." Pluralität sei Reichtum, vorausgesetzt, man erkenne sich gegenseitig als gleichwertig an. "Die Exkommunikation Luthers muss aufgehoben werden", und "Christen werden glaubwürdig, wenn sie den Konfessionalismus aufgeben", sagte Hasenhüttl. Das Abendmahl könne dann gemeinsam mit neuer Bedeutung gefeiert werden. "Ein Rosenstrauß, das sind nur Blumen. Wenn man ihn schenkt, werden diese zum Symbol der Liebe." In einer anschließenden Podiumsdiskussion zwischen Hasenhüttl, dem katholischen Pfarrer Matthias Holzapfel (Saarland) und seinem evangelischen Kollegen Matthias Jens (evangelischer Kirchenkreis Trier) äußerten sich bei grundsätzlichem "Ja" zu mehr Gemeinsamkeit auch unterschiedliche Positionen. "Jeder hält doch seine Kirche für die beste", meinte Holzapfel, der sich grundsätzlich zur Hierarchie bekannte. "Wir können das Andere doch als gleichwertig anerkennen", sagte Matthias Jens, er meine aber keine Gleichschaltung nach dem Motto "gleiches Recht für alle", sondern im jesuanischen Sinne: Jedem das zu geben, was er brauche. Plädoyer mit bissigem Humor

Zum Schluss appellierte Hasenhüttl an die Zuhörer: "Reformen müssen von unten kommen!" Dann wurde er mit einem Weinpräsent, ausgerechnet aus den bischöflichen Weingütern, verabschiedet. Das sorgte nicht nur für schallendes Gelächter, sondern auch für einen Kommentar von Moderator Winfried Blasweiler: "Wir wollen Stachel im Fleisch sein, doch was gut ist im Fleisch, wissen wir durchaus zu schätzen." Viel Beifall und großes Lob erhielt zum Ende auch noch die Vater- und Söhne-Jazz-Band "Rhythm-A-Nink" für die hervorragende musikalische Umrahmung der Veranstaltung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort