Ticketpreise für Bus & Bahn in der Region Trier Und (beinahe) jährlich grüßt das Murmeltier
Trier · Warum der Regional-Verkehrsverbund VRT wieder mal die Ticketpreise erhöht, warum die Unternehmen damit trotzdem nicht auf ihre Kosten kommen, und wie Kunden gehalten und neue gewonnen werden sollen.
Alles neu machte diesmal nicht der Mai, sondern der September. Los ging’s gleich am Ersten jenes Monats, einem Samstag. Fahrplanwechsel bei den Stadtwerken Trier (SWT). Die Kundschaft ist darauf eingestellt, manche SWT-Subunternehmen offenbar nicht. Jedenfalls warten am Nikolaus-Koch-Platz sieben Leute auf den Bus der Linie 86 nach Morscheid, der um 13.45 Uhr kommen sollte. Er kommt nicht, auch wenn die digitale Anzeige anderes verheißt. Als dann einige Minuten später die Morscheid-86 plötzlich vom Monitor verschwindet, schwant den Wartenden nichts Gutes. Gegen 14 Uhr bestellen drei junge Damen in ihrer Beförderungsnot (nächste Fahrt nach Morscheid laut Plan um 16.45 Uhr) ein Taxi. 14.15 Uhr: Überraschung! Ein Bus der Linie 20 taucht auf. Der hätte zwar schon eine gute halbe Stunde früher fahren sollen. Aber egal: Er fährt ins Ruwertal. Nicht bis Morscheid, sondern nach Lorscheid. Also aussteigen in Waldrach, ab da zu Fuß nach Morscheid. Die schlappen zwei Kilometer ...
Ebenfalls Neues aus dem September: Am 29. kündigt der Verkehrsverbund Region Trier (VRT) eine „Anpassung“ der Ticketpreise zum 1. Januar 2022 an. Hoppla! Warum mehr zahlen für Busse, die viel zu spät oder gar nicht kommen, denke ich, als binnen weniger Wochen im Sommer gleich mehrfach gebranntes Kind: Ob in Neumagen, Mehring, Riveris ... VRT-Fahrläne sind – frei nach Forrest Gump – wie eine Schachtel Pralinen: Man weiß nie, was man kriegt. Oder ob man einen Bus kriegt. Was aber zugegebenermaßen in den meisten Fällen klappt.
An „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnern dagegen die Tarifanpassungen, die nahezu jährlich ins Haus stehen. Ausnahme: Nullrunde im Corona-Jahr 2021. Nun aber führe laut VRT kein Weg an einer Erhöhung vorbei, die konkret so aussieht: Ab 1. Januar kostet ein Ticket der Preisstufe 2 (z. B. für eine Fahrt im gesamten Stadtgebiet Trier) zehn Cent mehr, also 3,10 Euro. Die Preisstufe 1 (2,20 Euro für eine Fahrt innerhalb einer der vier Tarifzonen Triers) sowie Tagestickets bleiben preislich unverändert.
Der Tarif im VRT-Gebiet basiert auf der Grundlage eines umfangreichen Indexmodells. Dabei werden Preisindizes des Statistischen Bundesamts für Kosten von Treibstoff, Personal, Ersatzteilen, Reifen, Reparaturen sowie Versicherungen einbezogen. Die Ticketpreise sollen grundsätzlich die Kosten der insgesamt 20 Bus- und Bahn-Unternehmen decken, die im Verbandsgebiet Linienverkehre betreiben. Was allerdings nicht der Fall ist. Nach einer moderaten Tariferhöhung 2020 und dem Verzicht dieses Jahres liegt die Anpassung 2022 erneut unter dem, was die Unternehmen als notwendig erachten. Erlösdefizite müssen aus öffentlichen Kassen ausgeglichen werden. So hat der Kreis Trier-Saarburg als Auftraggeber für den Betrieb von Bussen und Bahn 2020 rund 3,5 Millionen Euro ausgegeben; in diesem Jahr, in dem neue Buslinen (Saargau, Ruwertal-Hochwald) an den Start gegangen sind, wird es wohl doppelt so viel sein. Der größte Batzen Defizit entsteht durch die kommunale Pflichtaufgabe zur Beförderung der Schüler. An dessen Ausgleich beteiligt sich auch das Land.
Gerne behauptet, aber schwer bis unmöglich zu belegen: Die VRT-Preise liegen über denen benachbarter Verkehrsverbünde. Beim direkten Vergleich ist das wie mit Äpfeln und Birnen, da sich die Gebiete strukturell (angebotene Taktung, Zahl der Haltestellen, Streckennetzkilometer, Einwohnerzahl und vieles mehr) unterscheiden. Was zu unterschiedlichen Tarifen führt. Ein Einzelticket in Preisstufe 1 kostet zum Beispiel beim Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbund (RNN) genau wie beim VRT 2,20 Euro; beim Verkehrsverbund Rhein-Mosel (VRM) zwei Euro. In Preisstufe 2 ist der VRT wiederum günstiger als die rheinland-pfälzischen Nachbarn. Im Saar-Verkehrsverbund SaarVV hingegen liegen die meisten Tarife unter denen im nördlichen Rheinland-Pfalz.
Bus- und Bahnkunden aus beiden Bundesländern gemeinsam ist der neidvolle Blick nach Luxemburg: Dort ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel seit März 2020 kostenlos – als Initiatalzündung für „eine echte Mobilitätsrevolution“, wie es François Bausch (Grüne), der Mobilitätsminister des Großherzogtums bezeichnet hat.
Hierzulande bleibt es vorerst beim bekannten Dilemma. Man muss kein Prophet sein, um jetzt schon sagen zu können: Spätestens Anfang 2023 wird das Preisspiralen-Murmeltier wieder grüßen. Rückt damit die Verkehrswende in der Region Trier nicht in weite Ferne? „Nein!“, entgegnet VRT-Sprecherin Katharina Fäßler; „Die kontinuierliche Angebotsverbesserung im VRT ist ein zentraler Baustein, um einen Fahrgastzuwachs zu erreichen. Erst entstehen durch das erweiterte Angebot zwar Mehrkosten, diese sind jedoch – weil Fahrzeuge und Fahrer für den Schülerverkehr ohnehin vorhanden sind – relativ geringer als die erwarteten Mehreinnahmen durch einen Kundenzuwachs.“
Zum „Mehr an Angebot“ – der VRT bringt am 12. Dezember die drei neuen Busnetze Eifelmaare, Eifel-Kondelwald und Neuerburger Land an den Start – kämen „auch immer wieder tarifliche Maßnahmen. Nennenswert sind hier das neue, sehr kostengünstige Job-Ticket oder die ab 2022 noch vorteilhaftere VRT-Sparkarte (dann 25 statt 20 Prozent auf jedes Einzelticket), um auch Gelegenheitsfahrer stärker anzusprechen.“
Auch Marketingaktionen sollen die Nachfrage fördern. So konnten im September auch Inhaber von VRT-Abotickets im Rahmen einer Aktion des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zwei Wochen lang öffentliche Verkehrsmittel in ganz Deutschland kostenlos nutzen. In den Sommerferien berechtigte ein VRT-Abo Inhaber dazu, ohne Aufpreis im gesamten Verbundgebiet zwischen Taben-Rodt und Jünkerath zu fahren – womit das Abo-Ticket dann gleich auch zum Türöffner in den luxemburgischen Gratis-ÖPNV wurde.
Mit welchen Maßnahmen glaubt der VRT, mehr Menschen für Bus und Bahn begeistern zu können? „Zunächst ist ein modernes, verlässliches und gut getaktetes Angebot wichtig: Je zuverlässiger, besser und flächendeckender das Angebot ist, desto eher wird es als Alternative zum Auto in Betracht gezogen“, sagt Katharina Fäßler. Der Tarif stehe dabei nicht unbedingt an erster Stelle im Fokus“; „Aber er muss einfach, verständlich und transparent sein. Hier ist für die Zukunft die Digitalisierung des Tarifes – und daran arbeiten wir intensiv – ein wichtiger Bestandteil, um Buskunden zu gewinnen.“
Außerdem könnten Nutzungshemmnisse durch eine regelmäßige Kundenkommunikation abgebaut werden: „Die elektronische Fahrplanauskunft muss funktional und einfach zu bedienen sein, beispielsweise dort einen Rufbus zu buchen, muss selbstverständlich werden.“
Weiteres wichtiges Kriterium: der Komfort. Da haben die Stadtwerke Trier mit ihrer als modernste im Land geltenden Busflotte ein klares Plus, aber auch in ländlichen Gebieten werde aufgerüstet: „Die Fahrzeuge in den neuen Busnetzen sind ab 2022 barrierefrei zugänglich, haben mehr Haltegriffe und Stangen und Klimaanlagen.“
Schlussendlich sei – siehe Luxemburg – die Verkehrswende aber immer auch eine Frage des politischen Willens: „Um Ticketpreise zu senken oder konstant zu halten, müsste der ÖPNV vom Land Rheinland-Pfalz oder von den Kommunen stärker finanziell gefördert werden“, so die VRT-Sprecherin.
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