Reifenstecher mit Autokratzer verwechselt: Staatsanwaltschaft zieht Presseinformation zurück

Trier · Ein paar Stunden lang scheint es am Donnerstag so, als habe die Staatsanwaltschaft den Reifenstecher von Trier angeklagt, der im August 2013 in einer Nacht Hunderte Autos beschädigt hat. Doch dann stellt sich heraus, dass die Ermittler zwei Fälle verwechselt haben.

 Das Gebäude der Staatsanwaltschaft Trier an der Christophstraße. TV-Foto: Roland Morgen

Das Gebäude der Staatsanwaltschaft Trier an der Christophstraße. TV-Foto: Roland Morgen

August 2013: "Einen solchen Fall habe ich in meiner Polizeilaufbahn noch nie erlebt" - mit diesen Worten kommentiert Edmondo Steri, damals Leiter der Polizeiinspektion Trier, eine in der Kriminalgeschichte der Region einzigartige Vandalismusserie. Ein Unbekannter zieht nachts durch vier Stadtteile und sticht mit einem Messer die Reifen geparkter Autos platt . In den Tagen danach erstatten 241 Betroffene Anzeige wegen Sachbeschädigung, der Schaden liegt bei 55.000 Euro.

Nach fast einem Jahr intensiver Ermittlungen meldete die Staatsanwaltschaft am Donnerstagvormittag: Wir haben einen Verdächtigen. Gegen einen 73 Jahre alten Mann aus Trier sei Anklage erhoben worden. Er habe neun Fälle bereits gestanden, stehe aber klar im Verdacht, auch für den Rest der zerstochenen Reifen verantwortlich zu sein.

Diesen Sachstand geben am Donnerstag alle Trierer Online-Medien wieder, auch volksfreund.de meldet die Anklage gegen den Mann, der verdächtig ist, der Reifenstecher von Trier zu sein. Aber er ist es nicht. Auf nochmalige Nachfrage des Volksfreund zieht die Staatsanwaltschaft die Meldung vom Vormittag wieder zurück. Die Anklage gegen einen 73-Jährigen gibt es tatsächlich, doch sie bezieht sich auf einen völlig anderen Fall.

Februar 2014: Polizeibeamte nehmen einen 73 Jahre alten Mann in der Trierer Zuckerbergstraße fest. Augenzeugen haben ihn dabei beobachtet, wie er geparkte Autos mit einem Teppichmesser zerkratzte. Als die Zeugen ihn ansprechen, lässt er das Messer fallen und läuft weg. Zwei junge Männer verfolgen ihn und halten ihn fest, bis die Polizei eintrifft. Anwohner schätzen, dass er schon öfter zugeschlagen und zwischen 15 und 20 Autos beschädigt hat. Neun Fälle gibt er zu. Sein Motiv: Er habe sich über Falschparker geärgert.

Wie sich am Donnerstagnachmittag herausstellt, bezieht sich die von der Staatsanwaltschaft vermeldete Anklage auf diesen Fall und nicht auf den Reifenstecher vom August. Um 15.15 Uhr klären die Ermittler das Missverständnis in einer offiziellen Mitteilung auf. Darin heißt es: "Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Trier, wonach ein 73-Jähriger für eine Serie von 241 Beschädigungen an Kraftfahrzeugen verantwortlich sei, beruht auf einer unglücklichen Verquickung zweier verschiedener Sachverhalte." Dem angeklagten 73-Jährigen werde zur Last gelegt, zwischen März 2013 und Februar 2014 im Bereich der Zuckerbergstraße in Trier in neun Fällen Autos zerkratzt zu haben. Die Anklage sei aber auf Anregung der Verteidigung zurückgenommen und durch einen Strafbefehlsantrag ersetzt worden ist, um dem Beschuldigten angesichts seines Geständnisses eine öffentliche Hauptverhandlung zu ersparen.

Im Fall des Reifenstechers steht ein 43-Jähriger Trierer im Visier der Ermittler. In diesem Verfahren ist noch keine Anklage erhoben worden. Bei diesem Beschuldigten besteht der Verdacht der Schuldunfähigkeit. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.

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