Reihenhaussiedlung vor Verkauf

Trier · Die Trierer Wohnungsbaugesellschaft gbt will auch die letzten noch in ihrem Besitz befindlichen 19 Reihenhäuser im Wohngebiet Auf der Bausch verkaufen. Bei den Mietern hatte die Vermarktungsstrategie zunächst für Irritationen gesorgt.

Trier. So recht traute Andreas Traumann an einem Samstagmorgen im Mai seinen Augen nicht, als er am Frühstückstisch die Immobilienanzeigen im TV überflog. Unter der Überschrift "Kapitalanlage in Trier" bot die LBS das Reihenhaus, in dem er seit zwei Jahren zusammen mit Frau und Sohn wohnt, zum Verkauf. Und zwar nicht nur seins, sondern gleich die komplette, 2009 von der Trierer Wohnungsbaugesellschaft gbt fertig gebaute Reihe aus fünf Einfamilienhäusern. Für 1,07 Millionen Euro wollte die LBS den Häuserblock vermarkten.
"Wir haben schon einen Schrecken bekommen", sagt Mieter Traumann. Zwar habe er gewusst, dass die gbt die Häuser prinzipiell verkaufen wolle. Aber dass die Baugesellschaft die Häuser über den Vermarkter LBS in der Zeitung anbot, ohne vorher Rücksprache mit den Mietern gehalten zu haben, wunderte ihn doch sehr. "Prinzipiell ist ja nichts schlimm daran, wenn der Hausbesitzer wechselt. Aber wir haben mit so was schlechte Erfahrungen gemacht: Unsere letzte Wohnung wurde auch verkauft - und der neue Besitzer erhöhte sofort die Miete", erzählt Traumann. Außerdem habe er selbst Interesse an der Immobilie. "Wir wollten erst mal sehen, wie es uns auf der Bausch gefällt und uns einleben - und dann eventuell kaufen", sagt der 36-Jährige.
Briefe an die Mieter


Mit der LBS und der gbt hat er daher sofort, nachdem er die Anzeige gelesen hatte, Kontakt aufgenommen. Prompt erhielten wenige Tage später alle Reihenhausmieter einen Brief der gbt: "Mit unserem Schreiben möchten wir Ihnen die allgemeine Marktlage in Trier ein wenig erläutern mit dem Ziel, Sie dem Thema ,Erwerb des gemieteten Hauses\' näherzubringen", heißt es darin. Die "attraktiven Kaufpreise" könnten einen "Kauf im Vergleich zur aktuellen Miete durchaus sinnvoll werden lassen", schreibt die Wohnungsbaugesellschaft ihren Mietern und bietet diesen Gesprächstermine an.
Die Familie Traumann ist sich mittlerweile mit der gbt so gut wie einig: "Wir wollen kaufen", sagt der Familienvater. Dass die Häuser veräußert werden sollen, darüber seien alle Mieter beim Einzug aufgeklärt worden, erklärt gbt-Geschäftsführer Stefan Ahrling. Schließlich sei die Bausch von Anfang an von Stadt und gbt als Verkaufsobjekt geplant worden. "Wenn wir dann aber über längere Zeit nichts von unseren Mietern hören, schauen wir uns natürlich auch nach anderen potenziellen Interessenten um", erklärt Ahrling die Verkaufsstrategie,
Noch 19 Reihenhäuser der Konversionssiedlung (siehe Extra) sollen den Besitzer wechseln. Der Preise bewegen sich je nach Standort zwischen 180 000 Euro und 220 000 Euro. "Die übrigen rund 80 Häuser haben wir in den vergangenen Jahren bereits verkauft - vorrangig an Mieter", sagt Ahrling. Die etwa 100 Wohnungen in den fünf großen Riegeln, in denen einst Soldaten der US-Armee wohnten, wurden sämtlich schon ab Mitte der 1990er Jahre verkauft.
Förderung möglich


Für den Wohnungsverkauf hatte der Trierer Stadtrat festgelegt, dass die gbt nur an Selbstnutzer oder Personen weiterverkaufen darf, die die Wohnungen ihren Eltern oder Kindern zur Verfügung stellen wollen. Zum Zuge kommen sollten vor allem Familien, ältere Menschen und Alleinerziehende, die die Wohnungen dann innerhalb der nächsten zehn Jahre nur mit Zustimmung der gbt weiterverkaufen durften. Der Stadtrat wollte so ein Wohngebiet schaffen, in dem sich auch Familien mit normalem oder kleinerem Einkommen Eigentum leisten können.
Für die neu gebauten Häuser galten diese Sozialkriterien nicht. "Wir haben die Häuser ohne öffentliche Förderung gebaut", erklärt Ahrling. "Trotzdem ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass Familien unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze ein staatliches Förderprogramm für den Kauf nutzen können - das müsste man aber genauer prüfen", sagt Ahrling.
Das Gerücht, dass die gbt den Häuserverkauf aus finanziellen Nöten vorantreibe, stimme nicht. Vielmehr sei das letzte Großprojekt, der Neubau des Wohnquartiers Herz-Jesu-Garten in Trier-Süd, hervorragend gelaufen. "Der Bau war schneller abgeschlossen und alle Wohnungen doppelt so schnell verkauft wie geplant", sagt Ahrling.
Projekte noch in Planungsphase


2010 hat die gbt, an der die Stadt mit knapp 38 Prozent beteiligt ist, einen Jahresüberschuss von gut 1,4 Millionen Euro erwirtschaftet (der TV berichtete).
In den nächsten fünf Jahren sollen 15 Millionen Euro in die Sanierung des Immobilienbestands (rund 3000 eigene und 2700 verwaltete Wohnungen) investiert werden. Konkrete neue Bauprojekte stehen zurzeit nicht an. "Aber wir sind in der Planungsphase", kündigt Geschäftsführer Ahrling an.Nach dem Abzug der amerikanischen Truppen in den 1980er Jahren befanden sich die Kasernengebäude des Wohngebiets Auf der Bausch bei Trier-Ehrang in einem schlechten Zustand. 1996 verkaufte die Stadt das 8,2 Hektar große Gelände für zehn Millionen Mark an das ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen Wohnungsbau- und Treuhand AG (gbt). Fünf Wohnriegel aus den 1950er Jahren renovierte die gbt. Die künftigen Bewohner fassten dabei selbst mit an, übernahmen Maler- und Tapezierarbeiten und senkten so die Kosten für das Eigentum. Neben der Sanierung des Altbestands baute die gbt knapp 100 Einfamilienhäuser. Die letzten wurden 2009 fertig. woc

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