Reiz des Neuen bringt junge Menschen zur Wahlurne

Parteianhänger oder Politverdrossene: Die Landtagswahl am Ende dieser Woche polarisiert - das gilt nicht nur für erfahrene Wähler. Tausende junge Menschen in Trier und im Kreis gehen zum ersten Mal an die Urne.

Hermeskeil/Kell am See. Lustige Poster, pfiffige Broschüren und bunte Postkarten: Die Landeszentrale für politische Bildung hat sich einiges einfallen lassen, um eine ganz bestimmte Gruppe zur Teilnahme an der rheinland-pfälzischen Landtagswahl zu bewegen: die Erstwähler.

Von denen, die darüber entscheiden, wer in der kommenden Legislaturperiode die Regierung bildet, gehen nach Angaben des Statistischen Landesamtes rund 62 000 erstmals zur Wahl. In der Stadt Trier und im Kreis Trier-Saarburg sind es mehr als 3500.

"Wir versuchen mit unseren Mitteln, möglichst viele junge Menschen auf die Wahl aufmerksam zu machen", sagt Marianne Rohde, stellvertretende Direktorin der Landeszentrale, die unter anderem auch für das Thema Wahlen zuständig ist. Ob das auch angenommen werde, könne sie natürlich nicht sagen.

Die Gruppe derer, die Menschen wie Marianne Rohde von der Wichtigkeit der Wahl zu überzeugen versuchen, wird immer größer. Nach Informationen des Statistischen Landesamtes lag die Wahlbeteiligung von 18-Jährigen bei der Landtagswahl 1996 noch bei etwa 60 Prozent. Zehn Jahre später waren es weniger als 50 Prozent.

Felix Pauli, Sozialkundelehrer am Konzer Gymnasium, kann bei seinen Schülern nur wenig Aufmerksamkeit für die Landtagswahl beobachten, obwohl sie im Unterricht behandelt werde. "Das Interesse für die Wahl ist eher begrenzt. Die Schüler widmen ihre Aufmerksamkeit viel mehr den Abiturprüfungen und aktuell der Lage in Japan." Eine Schülerin aus Beurig, die erst kurz vor der Wahl 18 Jahre alt wird, teilt diese Einschätzung. "Viele wissen gar nicht, wofür die einzelnen Parteien stehen. Also gehen sie entweder gar nicht zur Wahl - oder sie wählen aus Spaß Parteien mit extremer Gesinnung. Die denken dann, das wäre witzig."

Spaß kann vielleicht auch in die andere Richtung funktionieren: Die Landeszentrale für politische Bildung will gerade mit lustigen Plakaten das politische Interesse der jungen Wähler wecken. "Wir wissen natürlich nie, wie viele Personen wir mit unseren Aktionen tatsächlich erreichen", sagt Marianne Rohde. Dennoch ist sie davon überzeugt, dass es richtig ist, viel Energie und Zeit in die Aufklärungsarbeit zu stecken - damit die Wahlbeteiligung nicht noch weiter fällt. Auch wenn die Tendenz fallend ist: Im Vergleich zu den Zweit- und Drittwählern ist die Wahlbeteiligung der Erstwähler in Rheinland-Pfalz noch relativ hoch. "Das liegt daran, dass die Wahl für 18-Jährige noch etwas ganz Neues ist", sagt der Mainzer Wahlforscher Professor Dr. Jürgen Falter.

In vielen Fällen sei es wohl der Reiz des Neuen, der die jungen Menschen an die Wahlurne treibt. "Das verliert sich jedoch schnell. Ein echtes politisches Interesse wächst erst allmählich heran", sagt Falter. Dazu, warum die Wahlbeteiligung insgesamt sinke, gebe es verschiedene Thesen. "Viele Menschen haben früher das Wahlrecht als eine moralische Wahlpflicht empfunden", erklärt Falter. Das habe insgesamt, vor allem aber bei den jüngeren Generationen, deutlich nachgelassen.

Eine 18-jährige Schülerin des Saarburger Gymnasiums sieht das anders: Sie fühle sich durchaus zur Wahl verpflichtet, obwohl auch in ihrem Freundeskreis das Interesse daran eher schwach sei: "Es ist eine Chance, am politischen Geschehen mitzuwirken. Deswegen gehe ich am Sonntag wählen, obwohl keine der Parteien hundertprozentig meine Interessen vertritt." alo/slg

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