Rettungsanker für viele verzweifelte Menschen

Trier · Das Modell ist einzigartig in Rheinland-Pfalz und hat sich nach zweijähriger Praxis in der Region Trier bewährt: Im Haus der Gesundheit zog der Psychosoziale Krisendienst, ein kostenloses Beratungsangebot an Wochenenden für Menschen in Krisen- und Notsituationen, eine positive Bilanz.

 Im Haus der Gesundheit ziehen die Betreiber des Psychosozialen Krisendienstes ein positives Zwischenfazit (von links): Fachbereichsleiter Joachim Christmann, Kreisverwaltung, Staatssekretär a. D. Richard Auernheimer, Mitarbeiterin Marianne Modrok, Initiator Dieter Ackermann, Kreisverwaltung, und Professor Bernd Krönig, Haus der Gesundheit. TV-Foto: Albert Follmann

Im Haus der Gesundheit ziehen die Betreiber des Psychosozialen Krisendienstes ein positives Zwischenfazit (von links): Fachbereichsleiter Joachim Christmann, Kreisverwaltung, Staatssekretär a. D. Richard Auernheimer, Mitarbeiterin Marianne Modrok, Initiator Dieter Ackermann, Kreisverwaltung, und Professor Bernd Krönig, Haus der Gesundheit. TV-Foto: Albert Follmann

Trier. Sie sind einsam, fühlen sich durch Konflikte in der Familie überfordert oder haben Probleme, eine Trennung oder einen Verlust zu verarbeiten. Hinter jedem Anruf beim Psychosozialen Krisendienst steckt ein menschliches Schicksal. Nicht selten sind die psychischen Probleme so massiv, dass die Betroffenen Selbstmordgedanken hegen. Weil das vom Haus der Gesundheit ins Leben gerufene Beratungsangebot an Wochenenden und Feiertagen seit zwei Jahren besteht, wurde nun Bilanz gezogen.

Mehr als 800 Mal ist das Beratungsteam, das aus 18 Fachkräften und 54 Studenten besteht, bisher aktiv geworden (siehe Extra). Die ehrenamtlich Tätigen erhalten eine Aufwandsentschädigung. Überwiegend gab es telefonische Kontaktaufnahmen, aber auch Hausbesuche oder Treffen in den Beratungsräumen des Gesundheitsamts.

Professor Bernd Krönig, Leiter des Hauses der Gesundheit in Trier, ist mit dem Erreichten sehr zufrieden: "Die Resonanz auf unser Angebot ist groß. Das zeigt, wie wichtig es ist, die ambulante Versorgungslücke für psychisch Kranke an Wochenenden zu schließen und damit unnötige stationäre Einweisungen zu vermeiden." Krönig hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Betroffene in der Beratungsstelle zu betreuen. Der Sichtkontakt biete weitaus bessere Therapiemöglichkeiten als die anonyme Telefonberatung.

Durchschnittlich haben die in Tandems (Fachkraft und Student) arbeitenden Berater mit jedem Hilfesuchenden eine halbe Stunde gesprochen. Mitinitiator Dieter Ackermann, der das Trie rer Modell nach dem Vorbild des Landkreises Herford entwickelt hat, lobt das Organisationsteam im Haus der Gesundheit. Der Krisendienst funktioniere reibungslos, selbst krankheitsbedingte Ausfälle könnten innerhalb kurzer Zeit kompensiert werden.

Finanziert wird der Krisendienst von der Stadt Trier und dem Kreis Trier-Saarburg; sie wenden knapp 40 000 Euro aus Geldern des Landes ("Psychiatriemark") auf. Fachbereichsleiter Joachim Christmann sagt, Landrat und Kreisausschuss stünden voll und ganz hinter dem Projekt. In Anbetracht dessen, dass man damit den Krankenkassen Geld spare, sollten diese ebenfalls in die Finanzierung einsteigen.

Angetan von dem Psychosozialen Krisendienst zeigte sich Richard Auernheimer, früherer Staatssekretär im Sozialministerium. Das Angebot sei qualitativ hochwertig, erfolgreich und eigne sich wegen der Verknüpfung von Professionalität und Ehrenamt auch gut für andere Felder. Auch vermittle es den Psychologiestudenten praxisnahe Inhalte. Der Bitte, im Sozialministerium und bei den Krankenkassen um Unterstützung für das Trierer Hilfsmodell zu werben, will Auernheimer gerne nachkommen: "So ein Angebot wird dringend gebraucht. Es sollte auch in anderen Regionen eingesetzt werden." alf
Meinung

Erfolgsmodell in der Region Trier
Auf dem Gebiet der psychiatrischen Hilfe hat sich viel zum Positiven gewendet, seit das Land vor 15 Jahren per Gesetz eine Reform auf den Weg gebracht hat. Die Versorgung wurde bedarfsgerechter und wohnortnäher. Woran allerdings nicht gedacht wurde: Insbesondere an Wochenenden und Feiertagen, wenn die Türen von ambulanten Einrichtungen geschlossen sind, kommen psychisch labile Menschen am ehesten aus dem Gleichgewicht und brauchen Hilfe. Die rege Inanspruchnahme des Krisendienstes ist ein Beleg dafür. Dass die Initiative im Raum Trier so erfolgreich ist, verdankt sie engagierten Ehrenamtlern, einem kompetenten Träger und Kommunen, die für eine gute Sache finanziell über ihre Schatten springen. a.follmann@volksfreund.deExtra

Psychosozialer KrisendienstBeratungsstelle: Gesundheitsamt Trier, Paulinstraße, Telefon 0651/715-517 Wann: Samstags, sonntags und an Feiertagen 12 bis 24 Uhr Statistik 2010: Es gab 404 Kontakte, davon 356 über Telefon, 21 Hausbesuche und 27 Besuche in den Beratungsräumen im Gesundheitsamt. Der Anlass: 263 persönliche Probleme, 79 akute Krisen mit suizidalen Gedanken, 21 Probleme im Umfeld, 41 allgemeine Beratungen Statistik 2011: 462 Kontakte, davon 420 telefonische Beratungen, zwölf Hausbesuche, 30 Besuche beim Krisendienst. Weitere Infos: Haus der Gesundheit, Telefon 0651/4362-217, E-Mail: info@hausdergesundheit-trier.de , Internet: www.psychosozialerkrisendienst-regiontrier.de alf

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