Riesen und Zwerge im Fieber

TRIER. Geteiltes Lampenfieber gleich halbes? Mitnichten. Das Musical "Tanz der Vampire" der MPG-Musiktheater-AG hatte gleich zweimal Premiere. Nachdem die "Riesen"-Besetzung die Feuertaufe bereits am ersten Abend bestanden hatte, hieß es tags drauf für die "Zwerge" Vorhang auf. Ein Stück, zwei Eindrücke.

Dass es zwei Besetzungen für das Musical geben werde, war von vornherein klar. Dass sie sich in zwei liebevoll titulierte Schubladen stecken lassen, diente zunächst nur der Unterscheidung während der Proben, entwickelte sich aber schnell zum markanten Erkennungszeichen. Die Tatsache, dass die Schauspieler der Hauptrollen größenmäßig bis zu zwanzig Zentimeter auseinander liegen, erforderte eine Komposition des Ensembles nach Körperlänge. Auch wenn es sich bei dem aufgeführten Stück um eine Parodie auf den Blutsauger-Mythos handelt, hätte es etwas komisch gewirkt, wenn Sarah ihrem Verführer Vampirfürst von Krolock auf den Kopf spucken könnte. Und der berühmte Biss hätte sich vermutlich in eine Akrobatiknummer verwandelt. Reise nach Transylvanien

Trotz der zwei Besetzungen ist der Plot identisch: Vampirismus-Forscher Professor Abronsius und sein Assistent Alfred reisen zu Forschungszwecken nach Transylvanien, wo sie dank der schönen Sarah schnell auf geeignete Forschungsobjekte treffen. Graf von Krolock und sein Sohn Herbert empfangen die beiden Wissenschaftler allzu gerne, sind sie neben der dem charismatischen Grafen verfallenen Sarah doch nette Abwechslung vom Schloss-Alltag und weitere potentielle Blutspender. In der Gruft ereignen sich nicht nur Gänsehaut erzeugende Abenteuer, sondern auch skurrile Begegnungen, die die Lachmuskeln anstrengen. Bravourös tuntig schwebt der schwule Sohn Herbert aus seinem Sarg übers Parkett und lässt dabei neckisch sein bauchfreies Rüschenhemd blitzen und die Federboa wehen. Das Ziel seiner Begierde: Assistent Alfred, der sich den offensiven und handgreiflichen Annäherungsversuchen kaum zu wehren weiß. Bei diesen homoerotischen Szenen mag so mancher stolzer Vater im Publikum kurz erschrocken sein, über die derart überzeugende Darstellung seines Filius. Aber genau solche Szenen sind das Salz in dieser Inszenierung, der Roman Polanskis Parodie-Film "The fearless Vampire Killers" zu Grunde liegt. Unfreiwillige Komik blitzt selten durch. So hat Alfred zwar einmal reichlich Mühe, seine vor Anspannung zitternden Hände zum erfolgreichen Zündholzgebrauch zu bewegen, und Graf von Krolock zerfetzt seinen Umhang beinahe an einem Nagel der Kulisse. Aber solche Kleinigkeiten gehen unter - bei so viel Professionalität, wie sie die Sänger, Tänzer und Schauspieler in Personalunion an den Tag legen. Da springt das Publikum am Ende gerne von den Bänken und fordert lauthals Zugaben. Spätestens hier verwischt der Unterschied zwischen Riesen und Zwergen. Egal welches Ensemble spielt, es ist immer eine riesige Leistung.

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