"Rilke auf Galicisch"

TRIER. Der internationale "Deutsche Galicien-Tag", ausgerichtet vom Galicien-Zentrum der Universität Trier, der Deutsch-Galicischen Gesellschaft und der Fächergruppe Romanistik, dient dem kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und der autonomen Region im Nordwesten Spaniens.

Auf den ersten Blick scheinen Trier und Galicien nicht viele Gemeinsamkeiten zu haben. Doch dieser Eindruck täuscht - und wahrscheinlich gerade deshalb, weil hierzulande über die autonome Region Galicien nicht viel bekannt ist. Dem soll der regelmäßig stattfindende Galicien-Tag abhelfen, denn obwohl der wissenschaftlich-kulturelle Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt steht, richten sich kulturelle Veranstaltungen auch an interessierte Bürger. Den Auftakt des vierten Deutschen Galicien-Tags machte Heidi Kühn-Bode, eine deutsche Schriftstellerin, die seit 1968 in Galicien lebt und schreibt. "Meine Heimat ist die Sprache, ganz egal welche", sagte sie, "und manchmal erfinde ich auch neue Worte im Galicischen." So gäbe es kein Wort für das Zischen einer Schlange - daraus machte sie dann kurzum das Verb "zischar". Einen Höhepunkt des Galicien-Tags - der streng genommen vier Tage umfasste - war das Konzert der galicischen Gruppe "Resonet" aus Santiago de Compostela. Traditionelle galicische Musik, intoniert durch Mercedes Hernández (Sopran) und verschiedene Blas- und Streichinstrumente bot den Zuhörern in der Welschnonnenkirche einen Einblick in die nordwestspanische Kultur. Neben dem nichtöffentlichen wissenschaftlichen Kolloquium zur "Galicischen Namensforschung" konnten sich interessierte Zuhörer an einer Reihe von Vorträgen und Diskussionen an der Universität Trier beteiligen. Ramón Lorenzo, Ehrenpräsident der Deutsch-Galicischen Gesellschaft, referierte über seine Erfahrungen mit dem 1992 verstorbenen deutschen Romanisten Joseph Piel, der sich für den deutsch-galicischen Kulturaustausch in der Sprachwissenschaft engagierte und dafür 1979 zum Honorarprofessor an der Universität Trier ernannt wurde. Eva Gugenberger aus Bremen fasste in einem Vortrag die Ergebnisse ihrer Habilitationsschrift zusammen, die sich mit der Veränderung der Sprechgewohnheiten von nach Argentinien emigrierten Galiciern beschäftigte. Weitere Vorträge, teils in galicischer Sprache, handelten von Übersetzungsproblemen, mehrsprachigen Forschungsprojekten oder auch von einer Hommage auf einen großen deutschen Lyriker: "Rilke in galego" - "Rilke auf Galicisch". Seit 1982 besteht überdies eine Partnerschaft zwischen den Universitäten von Trier und Santiago de Compostela in Galicien. "Es gibt noch etwas, was die Städte verbindet", sagt der Trierer Romanistik-Professor Dieter Kremer, "in Trier liegt der Heilige Matthias begraben und in Santiago der Heilige Jakob - das sind die einzigen Apostelgräber außerhalb des Mittelmeerraums."

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