Ist der antike Kahn leistungsfähig? Leinen los! - Römisches Handelsschiff aus Trier soll Fahrt im Mittelmeer bestehen

Jetzt geht die „Bissula“ auf große Reise: Ein von Forschern der Uni Trier nachgebautes antikes Frachtschiff der Römer wird nach einer ersten Erprobungsphase auf der Mosel einen weiteren Härtetest bestehen müssen: Noch in diesem Jahr sollen auf dem Mittelmeer Daten gesammelt werden, wie die Uni mitteilt.

Trierer Forscher sind auf dem originalgetreu nachgebauten römischen Segelfrachter «Bissula» auf der Mosel unterwegs

Trierer Forscher sind auf dem originalgetreu nachgebauten römischen Segelfrachter «Bissula» auf der Mosel unterwegs

Foto: dpa/---

Leinen los! Ein von Trierer Forschern nachgebautes römisches Handelsschiff ist am Mittwoch zu seiner Forschungsreise im Mittelmeer aufgebrochen. „Wir freuen uns riesig, dass es losgeht“, sagte der Leiter des Projekts, Christoph Schäfer, beim Start im Hafen des Wasser- und Schifffahrtsamtes Trier.

Das Römerschiff wird an der südfranzösischen Küste zu Messfahrten ins Mittelmeer starten. Nach mehrjährigen Testfahrten auf der Mosel sollten nun Daten zur Leistungsfähigkeit des 16 Meter langen und fünf Meter breiten Segelschiffs auf dem Mittelmeer erhoben werden, teilte die Universität Trier am Montag mit. Damit wolle man die Erforschung des antiken Seehandels vorantreiben.

Bissula: Warum die Forschungsfahrten im Mittelmeer stattfinden

Zunächst soll die Bissula die Mosel und die Saar bis Dillingen im Saarland hinauffahren. Dort wird es auf einen Schwertransporter verladen und und dann auf dem Landweg nach Cannes transportiert, wie die Uni weiter mitteilte. Die Fahrten in der Bucht von Cannes sind demnach im September bis Ende Oktober geplant.

Voraussichtlich am 22. September werde die „Bissula“ dann ihren Liegeplatz in Cannes einnehmen, sagte Schäfer, Professor für Alte Geschichte an der Universität Trier.

Namenstaufe für das römische Handelsschiff Bissula in Trier
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Namenstaufe für das römische Handelsschiff Bissula in Trier

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Foto: Rainer Neubert

„Es ist eine supergroße Erfahrung“, sagte Studentin Johanna Klusch an Bord. „Es ist was ganz anderes, Forschung mal so hautnah zu erleben.“

Die „Bissula“ sei „kein kleines Flussschiff, sondern ein seetauglicher Handelssegler“, erklärte Projektleiter Christoph Schäfer der Mitteilung zufolge. „Zwar konnten wir auf der Mosel die wesentlichen Daten zu den Segeleigenschaften erheben, allerdings ist es noch wichtig, die Wirkung des Wellenschlags auf See zu messen – am besten natürlich im Mittelmeer.“ Im Projekt mit im Boot ist auch die Hochschule Trier: Maschinenbauer unter Leitung von Professor Karl Hofmann-von Kap-herr unterstützten die Forschungsarbeiten auf der Mosel.

Die Bucht von Cannes biete vor allem wegen der Windverhältnisse „hervorragende Bedingungen“ für das Forschungsvorhaben, teilte Junior-Professor Pascal Warnking mit, der auch zur wissenschaftlichen Schiffscrew gehören wird. Er hat im Rahmen des Projekts mit moderner Software die antiken Seerouten von Frachtschiffen mit berechnet.

Vorlage für die „Bissula“ war ein an der französischen Küste bei Marseille gesunkenes Schiff aus dem 3. Jahrhundert, das als Wrack in den 1980er Jahren ausgegraben worden war. Die Pläne für den originalgetreuen Nachbau stammten aus dem Museum für Antike Schifffahrt in Mainz. Die Forscher hatten den Segelfrachter von 2017 bis 2019 mit Studenten und Handwerkern originalgetreu nachgebaut. Das Holz kam aus dem Stadtwald Trier.

Schäfer ist Professor für Alte Geschichte an der Uni Trier und gilt als führender Experte für antike Schifffahrt. Er hatte schon vor der „Bissula“ antike Modelle rekonstruiert, beispielsweise eine Prahm mit dem Namen „Secundinia“, die mit Hilfe Wittlicher Schüler 2015 entstand (mehr Infos zu den Projekten und Forschungsergebnissen auch auf https://roemerschiffe.de/).

Woher der Name Bissula stammt

Den Namen erhielt der ursprünglich Laurons-II betitelte Nachbau des antiken Funds 2019 bei der Taufe durch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Die „echte“ Bissula war eine Angehörige eines alemannischen Stammes und die Geliebte des römischen Dichters Ausonius (lebte von 310 bis 393 nach Christus). Sie fiel bei einem Kampf in die Hände der Römer, wurde versklavt und Ausonius, der am Feldzug gegen die Germanen teilgenommen hatte, als „Kriegsbeute“ zugeteilt.

Doch der schon ältere Dichter verliebte sich in die junge Frau, gab Bissula die Freiheit und widmete ihr ein Gedicht gleichen Namens. Ausonius war auch kein Unbekannter im damaligen Römischen Reich: Der antike Poet wirkte vor 1700 Jahren am Kaiserhof im antiken Trier - damals Augusta Treverorum - als Erzieher des Kaiserssohnes Gratian.

Zunächst in dieser Funktion und später als Berater Gratians (der von 375 bis 382 nach Christus als Kaiser den weströmischen Teil des Imperiums regierte) verbrachte Ausonius etliche Jahre an der Mosel. Er verfasste in dieser Zeit auch literarische Werke wie das Gedicht „Mosella“. Im hohen Alter zog Ausonius - zusammen mit Bissula - schließlich zurück in seine Heimat, dem damaligen Bordeaux (Burdigala), wo er starb. (mc/dpa)

(dpa)
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