Rückfall ins technologische Mittelalter

Seit zwei Wochen müssen etwa 60 Haushalte in Sirzenich ohne Telefon- und Internetanschluss auskommen. Die Kunden von Kabel Deutschland sind sauer, weil sie keine verlässlichen Informationen über Ursache oder Dauer der Störung erhalten.

Trierweiler-Sirzenich. Das Internet funktioniert nicht, das Telefon ist tot, und der Handy-Empfang ist nur im Garten möglich. Seit zwei Wochen muss Alwine Grundheber aus der Sirzenicher Grabenstraße unter diesen Bedingungen leben. Und nicht nur sie: Etwa 60 Haushalte des Ortsteils, alle Kunden von Kabel Deutschland, sind seit einem Störfall am 4. Juni kommunikationstechnisch gesehen ins tiefste Mittelalter gestoßen worden (der TV berichtete).

Hotline teuer, Laden nicht zuständig



"Es gibt keine verlässlichen Informationen über Art und Dauer der Störung. Wie die mit uns umgehen, ist eine Unverschämtheit", beklagt sich Alwine Grundheber. Sie versorgt zurzeit ihren Enkel und muss sich daher öfter mit ihrem Sohn abstimmen. Das geht jetzt nur mit Handy, allerdings ist in Sirzenich im "O Two"-Netz der Empfang so schwach, dass sie zum Telefonieren nach draußen gehen muss. Zwei Beschwerdebriefe hat Alwine Grundheber schon abgeschickt. Auf den ersten habe Kabel Deutschland per SMS reagiert: "Die haben sich für den Auftrag bedankt und eine Auftragsnummer durchgebeben."

"Es hätte doch längst mal ein Kundenberater bei uns auftauchen müssen", sagt Nachbar Richard Wagner. Er hat einen Anwalt eingeschaltet, nachdem andere Aufklärungsversuche wegen des am Morgen des 4. Juni aufgetretenen Telefon- und Internetausfalls gescheitert waren. Wagner: "Die Hotline anzurufen war nur teuer und hat nichts gebracht. Im Kabel-Deutschland-Laden in der Trierer Fleischstraße hat mir die Angestellte gesagt, man sei nicht für Online-Verträge zuständig, sondern nur für Verträge, die dort abgeschlossen wurden." Wagners Anwalt hat dem Anbieter eine Frist bis Freitag gesetzt. Wenn bis dahin keine Gegenleistung erbracht wird, soll ein sofortiger Ausstieg aus dem Vertrag möglich sein. Allerdings befürchtet Richard Wagner, dass er weitere zwei bis drei Wochen ohne Festnetzanschluss ist. Solange könne es dauern, bis ein neuer Anbieter den Anschluss freigeschaltet habe.

Auch Alwine Grundheber will frühzeitig aus dem Vertrag raus, der noch bis März nächsten Jahres läuft. Sie befürchtet aber, dass Kabel Deutschland dann ihre angestammte Rufnummer blockieren könnte. "Die habe ich seit 35 Jahren und möchte sie weiter behalten." Der Verzweiflung nahe ist auch Trierweilers Ortsbürgermeister Matthias Daleiden, ebenfalls Bewohner der Grabenstraße: "Ich schätze mal, dass 60 bis 80 Mails auf eine Beantwortung warten. Wenn wir weiter im Ungewissen gelassen werden, müssen wir als Gemeinde aktiv werden."

Eine schriftliche Anfrage des TV vom 9. Juni an Kabel Deutschland zu Ursache und Ausmaß des Schadens ist bisher unbeantwortet geblieben.

Im Internet-Portal unserer Zeitung hat der Betroffene "Stefan" angemerkt, es sei erschreckend, die eigene Abhängigkeit von Telefon und Internet festzustellen. "Man fühlt sich hilflos und ausgeliefert, denn ein Wechsel zu Mitbewerbern ist kaum sinnvoll." Man könne ja die gewonnene Zeit für einen Erste-Hilfe-Kurs nutzen oder mit 30 Euro etwas Sinnvolles anfangen. Immerhin hat "Stefan" mitgeteilt, er habe aus einem Callcenter aus Halle erfahren, der Schaden in Sirzenich werde repariert - und zwar bis zum Dienstag, 23. Juni, 18 Uhr.

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