Rücksichtslosen Autofahrern drohen härtere Strafen

Trier · Der Bundesrat entscheidet am Freitag über höhere Bußgelder für Handynutzer am Steuer und Blockierer von Rettungsgassen. Die Zahl der Verstöße nimmt zu, die der Unfälle auch.

Der 19-Jährige hatte Glück. "Mehr Glück als Verstand", sagt die Polizei. Vergangene Woche fuhr der junge Mann mit seinem Auto durch Zell-Barl (Cochem-Zell), als er von der Fahrbahn abkam und ungebremst in einen dort geparkten LKW mit Anhänger prallte. Bilanz: Auto Totalschaden, der 19-Jährige leicht verletzt. Unfallursache: Durch die Nutzung von Whatsapp auf seinem Smartphone war der Fahrer abgelenkt. "Die Ablenkung durch die Handynutzung am Steuer sei mittlerweile Unfallursache Nummer eins, sagt Michael Haberland, Präsident des Automobilclubs Mobil in Deutschland. Er schätzt, dass es durch Ablenkung beim Fahren bis zu 500 Verkehrstote pro Jahr auf den deutschen Straßen gibt.

Der Bundesrat beschäftigt sich heute mit härteren Strafen für die Nutzung von Handys am Steuer. Statt bisher 60 Euro sollen 100 Euro Buße fällig werden, verbunden mit einem Punkt in der Verkehrssünderdatei. Im schlimmsten Fall drohen bis zu 200 Euro plus ein Monat Fahrverbot.

Nach einer Umfrage des Automobilclubs werden die Handys nur selten zum Telefonieren im Auto benutzt. Am häufigsten werden Whatsapp-Nachrichten verschickt, es wird nach dem Weg geschaut oder Musik gehört. Und: Es werden Fotos während des Fahrens gemacht, von der Umgebung und von sich selbst, also sogenannte Selfies. "Egal ob man nun eine kurze SMS verfasst, ein Selfie macht oder sogar E-Mails während der Fahrt liest - eine kurze Ablenkung kann tödlich enden", warnt Haberland. Nach einer Untersuchung des Deutschen Kraftfahrtüberwachungsvereins (Dekra) hantiert mehr als die Hälfte aller Autofahrer, die ein Handy besitzen, damit regelmäßig auch während der Fahrt.

Wie häufig es deswegen in der Region bereits zu Unfällen gekommen ist, kann das Trierer Polizeipräsidium nicht sagen. Verkehrsunfälle aufgrund von Handynutzung würden nicht gesondert erfasst und ausgewertet, sagte ein Sprecher. Nach Unfällen sei es aus rechtlichen Gründen nicht möglich, Handys zu kontrollieren, um etwa nach der Uhrzeit des letzten Telefonats zu überprüfen, sagt ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Lediglich wenn der Verdacht bestehe, dass die Handynutzung Unfallursache sei, könnten die entsprechenden Handydaten kontrolliert werden. In diesem Jahr hat es landesweit bereits 7340 Bußgeldverfahren gegen Autofahrer wegen verbotener Handynutzung gegeben. Im gesamten vergangenen Jahr waren es 7398 Verfahren.

Härtere Strafen drohen künftig auch Blockierern von Rettungsgassen. Darüber entscheidet der Bundesrat heute ebenfalls. Wer Einsatzkräften den Weg zur Unfallstelle versperrt, dem drohen statt derzeit 20 künftig mindestens 240 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot. Im schlimmsten Fall sollen 320 Euro plus ein Monat Fahrverbot fällig werden.
Erst am Dienstag kam es wegen einer fehlenden Rettungsgasse nach einem Unfall mit zwei Schwer- und vier Leichtverletzten auf der A.60 bei Wittlich zu Pro8blemen (der TV berichtete). Rettungsdienste und Abschleppwagen seien nur schwer, zur Unfallstelle gekommen, teilte die Polizei mit. Manfred Schiffer, ärztlicher Leiter Rettungsdienst in der Region, bestätigt, dass es bei fast allen Verkehrsunfällen auf vielbefahrenen Straßen zu ähnlichen Situationen kommt.

Der Trierer Verkehrspsychologe Richard Tank glaubt nicht, dass höhere Strafen für Blockierer von Rettungsgassen etwas bringen. In den wenigsten Fälle erfolge die Behinderung vorsätzlich, eher Panik sei der Grund dafür. Die rheinland-pfälzische Polizei will ab Oktober verstärkt Hubschrauber und Video-Überwachungsfahrzeuge einsetzen, um von Autobahnbrücken die Kennzeichen von Rettungsgassen-Blockerierern festzustellen.

Mehr zu diesem Thema: Fahrverbot für Blockierer

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort