Schadstoff-Prozess endet mit Freispruch

Seit drei Jahren beschuldigt die Stadt Trier die beiden Unternehmer Reinhard Ellert und Rainer Grünen, eine Schadstoff-Belastung im Humboldt-Gymnasium (damals noch Hindenburg-Gymnasium) vorgetäuscht zu haben, um einen lukrativen Entsorgungs-Auftrag zu erhalten (der TV berichtete mehrfach). Doch dafür gebe es "keinen einzigen belastbaren Beweis", urteilte gestern das Amtsgericht Trier.

 Das damalige Hindenburg-Gymnasium war die Bühne des Schadstoff-Dramas. TV-Fotos: Archiv/Jörg Pistorius, Bianca Weber

Das damalige Hindenburg-Gymnasium war die Bühne des Schadstoff-Dramas. TV-Fotos: Archiv/Jörg Pistorius, Bianca Weber

 Reinhard Ellert.

Reinhard Ellert.

 Jörg Pistorius

Jörg Pistorius

Trier. Reinhard Ellert hatte nach der Urteilsverkündung Tränen in den Augen. "Ich bin kein Betrüger. Das ist jetzt endlich amtlich." Der lange Rechtsstreit mit der Stadt Trier, zu dem zwei Hauptverhandlungen, eine Hausdurchsuchung und ein Widerspruch gegen einen Strafbefehl gehören, endete gestern mit einem eindeutigen Freispruch. Sowohl Staatsanwalt Ingo Hromada als auch der vorsitzende Richter Kai Flesch betonten, die Stadt Trier habe keinen einzigen Beweis vorlegen können, dass Ellert und Grünen mit einer gefälschten Schadstoffprobe ein größeres Auftragsvolumen herausschlagen wollten.

"Dieses Verfahren hätte nie eröffnet werden dürfen", sagte Ellerts Anwalt Paul Greinert in seinem Plädoyer. "Die Angeklagten mussten als Unternehmer und Arbeitgeber drei Jahre lang mit dem Makel eines Betrugsvorwurfs leben und haben dabei gesundheitlich wie finanziell gelitten. Wir werden versuchen, eine Schmerzensgeld-Klage gegen die Stadt Trier durchzusetzen."

Der Konflikt begann im Spätherbst 2006. Ellerts Unternehmen hatte als günstigster Anbieter den Bodenabbruch in der Aula des damaligen Hindenburg-Gymnasiums (HGT) im Auftrag der Stadt Trier übernommen. Das Team fand dort zwischen PVC und Estrich eine schwarze Substanz. Reinhard Ellert zog Rainer Grünen von der BSM Bausanierungs GmbH hinzu. Grünen nahm eine Probe der Substanz.

Diese Probe wurde von der Institut Koldingen GmbH aus Burgwedel in Niedersachsen analysiert. Das Ergebnis: Die Menge der polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) lag bei 190 Milligramm pro Kilogramm. Der Grenzwert liegt bei 50. PAK gelten als krebserregend und schädlich für das Immunsystem. Ellert informierte das Amt für Gebäudewirtschaft über die Sachlage und bot die Entsorgung des schwarzen Klebers an. Doch das Amt kündigte stattdessen den Auftrag. Peter Dietze, damals Baudezernent der Stadt Trier, zeigte Ellert sogar wegen versuchten Betrugs an. Die Stadt beauftragte die Analytis-Gesellschaft für Laboruntersuchungen mbH damit, selbst Proben zu nehmen und zu analysieren. Alle sechs Proben waren unverdächtig - keine Gefahr im HGT. Die verdächtige schwarze Substanz ließ die Stadt vom Bürgerservice abtransportieren.

Diese beiden gegensätzlichen Untersuchungs-Ergebnisse sind die Basis des langen Konflikts, dessen genauer Verlauf im Extra ("Chronologie") aufgelistet wird. Die enorm wichtige Frage, ob das HGT tatsächlich von Schadstoffen bedroht wird, sollte ein drittes, vom Amtsgericht in Auftrag gegebenes Gutachten klären. "Dieses Gutachten zeigte, dass es tatsächlich PAK in der Schule gegeben hat, doch die Ergebnisse lagen unter den gesetzlichen Grenzwerten." Staatsanwalt Hromada ergänzte: "Wir können nicht widerlegen, dass das Zeug in der Probe drin war, die Herr Grünen genommen hat."

Meinung

Wer den Zorn der Stadt Trier erregt

Mit unversöhnlichem Zorn verfolgt die Stadt Trier zwei Männer und nennt sie Betrüger. Wer es wagt, auch nur anzudeuten, dass in einer unserer Schulen Schadstoffe lauern, der kann nur ein Betrüger sein - das muss der Gedankengang des früheren Baudezernenten Peter Dietze gewesen sein, als er Ellert und Grünen wegen versuchten Betruges angezeigt hat. Beweise dafür hatte er nie, das hat die Verhandlung vor dem Amtsgericht Trier klar ergeben. Die Belastungszeugen zogen sich sehr oft auf den Satz "Daran erinnere ich mich nicht mehr" zurück. Die beiden Unternehmer haben trotz des Freispruchs keinen Grund zur Freude. Sie sind mit den Nerven am Ende, ihre Firmen stehen mit dem Rücken zur Wand. Der Betrugsvorwurf war ebenso substanzlos wie ungerecht, und dafür muss die Stadtverwaltung zur Rechenschaft gezogen werden. So weit hätte es niemals kommen dürfen. j.pistorius@volksfreund.deChronologie Herbst 2006: Die Ellert GmbH findet einen schwarzen Kleber in der Aula des Hindenburg-Gymnasiums (heute Humboldt). Die BSM Bausanierungs GmbH (Geschäftsführer Rainer Grünen) nimmt eine Probe. Die Stadt Trier kündigt Ellerts Auftrag. November 2006: Ellert schildert dem TV den Fall. Nach Erscheinen des Artikels "Gift unter der Schul-Aula?" (17. November 2006) zeigt der damalige Baudezernent Peter Dietze Ellert und Grünen wegen versuchten Betruges an. Januar 2007: Die Polizei durchsucht Geschäfts- und Privaträume der Familie Ellert, findet aber nichts. Februar 2008: Ellert erhält einen Strafbefehl über 6000 Euro und vier Monate auf Bewährung. Er legt Widerspruch ein. September 2008: Der Prozess beginnt, platzt aber wegen einer unvollständigen Akte. Dezember 2008: Der Prozess läuft neu an. Das Gericht ordnet ein unabhängiges Gutachten an. Juli 2009: Freispruch.

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