Kunst Interview mit Filmproduzent: Ein Marx in San Francisco

Trier · Wittlich, Trier, Stuttgart, Berlin: Die Städte, in denen der Schauspieler und Filmproduzent Frank Christian Marx lebte, wurden immer größer. Inzwischen ist er in San Francisco zu Hause.

 Hat sich seinen Traum vom Leben in den USA erfüllt: Frank Marx vor der Golden Gate Bridge in San Francisco.

Hat sich seinen Traum vom Leben in den USA erfüllt: Frank Marx vor der Golden Gate Bridge in San Francisco.

Foto: Einmalfoto Honorarfrei

Er stand im Musical Flori und für das Satiricon Theater auf Trierer Bühnen und landete später mit dem Film „Männer zum Knutschen“ einen Coup. Heute lebt Frank Christian Marx in den USA. TV-Mitarbeiterin Karin Pütz hat der gebürtige Wittlicher erzählt, was er dort macht und mit welchen Gefühlen er auf seine Zeit in Trier zurückblickt.

Thomas Schwabs Musical Flori hat gerade eine Neuauflage erlebt. Vor etwa 15 Jahren haben Sie bei einer Wiederaufführung mitgemacht. Woran erinnern Sie sich?

Marx: Ich habe mehrere kleine Rollen gespielt, unter anderem einen Bären. Ich erinnere mich noch an eine Vorstellung, als mein Mikrofon versehentlich an war, als ich mich im Probenraum eingesungen habe. Das war dann laut und deutlich auf der Hauptbühne zu hören, während ein anderer Darsteller ein sehr trauriges Lied sang. Ich bin vor Peinlichkeit fast gestorben.

Wenn Sie an Ihre Zeit in Trier zurückdenken: Werden Sie dann eher wehmütig, oder sind Sie erleichtert, weg zu sein?

Marx: Beides. Damals wollte ich etwas erleben und mich selber entdecken. Zuerst bin ich nach Stuttgart gezogen, 2004 nach Berlin. Diese Stadt gab mir als schwulem Mann Sicherheit. Zuletzt habe ich Trier 2016 besucht und bin überall hingegangen, woran ich Erinnerungen hatte. Ich habe mir ein Stück im Stadttheater angeguckt, bin zur Porta Nigra gegangen, war im Kino Broadway, in dem ich vor langer Zeit gearbeitet hatte, und habe meinen Vater in Wittlich besucht. Es ist schön zurückzublicken, aber ich weiß genau, dass ich dort heute nicht mehr leben könnte. Ich bin meiner Region entwachsen. Dennoch weiß ich genau, wo ich herkomme und wo meine Wurzeln sind. Doch ich habe meine neue Heimat gefunden.

Wie führte Sie der Weg in die USA?

Marx: In Berlin gründete ich zusammen mit meinem Freund Udo Lutz eine Produktionsfirma. Unser erster Film „Männer zum Knutschen“, eine kleine charmante Großstadtkomödie, wurde 2012 unerwartet zum Hit auf vielen Festivals. Wir stellten den Film in Städten wie Sydney, Tokio und San Francisco vor. San Francisco hat mich am meisten geprägt. Trotzdem habe ich mein Leben in Berlin weitergelebt und zwei weitere Filme gemacht. 2015 wäre ich beinahe an einem Blinddarmdurchbruch gestorben und habe mir die Frage gestellt: Was würde ich bereuen, wenn das das Ende gewesen wäre? Die Antwort war glasklar: Ich hätte es bereut, niemals ein Leben in Amerika versucht zu haben. Im April 2016 bin ich dann in eine Maschine in die USA gestiegen. In eine völlig ungewisse Zukunft.

Braucht man dazu nicht unglaublich viel Mut?

Marx: Ich brauchte allen Mut, den ich aufbringen konnte. Obwohl ich die menschliche Wärme in San Francisco vom ersten Tag an spürte, hatte ich doch große Zukunftsängste. Ich hätte das niemals geschafft ohne die vielen tollen Menschen, die ich in dieser Stadt kennengelernt habe und die mir unermüdlich geholfen haben, mein Leben hier zu finden. Vor allem mein Ehemann Brent wurde für mich zum Fels in der Brandung. Die größte Hilfe war meine Mutter. In meiner Entscheidung, mein Leben zu ändern, hat sie mich immer bekräftigt. Und das hat mir eine Menge Mut gegeben.

Verfolgen Sie noch, was in Trier passiert ?

Marx: Ich liebe Trier nach wie vor. Es ist die Stadt, in der ich zum ersten Mal ohne meine Familie lebte, und die Stadt, in der ich zum ersten Mal auf einer Theaterbühne stand. Ich war im Ensemble des Satiricon Theaters und im Jugendclub des Stadttheaters und habe später auch in Stücken des Ensembles mitgespielt. Das war die Zeit, die mich und meine Liebe zum Theater und Musical geprägt hat. Ab und zu lese ich online den Volksfreund, um zu gucken, was so vor sich geht. Außerdem habe ich Freunde in Trier, die mich auf dem Laufenden halten.

Wovon leben Sie in San Francisco?

Marx: Zur Zeit bin ich Touristenführer. Nebenbei arbeite ich für amerikanische und deutsche Werbespots, die hier gedreht werden. Im Sommer drehe ich einen amerikanischen Kurzfilm über das Thema Obdachlosigkeit, die in San Francisco ein echtes Problem darstellt. Ich wünsche mir, dass ich weiter Filme mache, aber ich bin auch komplett offen, was meine berufliche weitere Laufbahn angeht. San Francisco ist unglaublich teuer, und als 40-jähriger Mann will ich plötzlich mehr Stabilität und Sicherheit.

Sie sind mit einem Mann verheiratet und engagieren sich für die Rechte von Homosexuellen. Was macht Ihnen mehr Sorge: die politische Entwicklung in Deutschland oder die in den USA?

Marx: Wir in Kalifornien leben in einer Luftblase, wir sind hier fast alle liberal und trotzen der Trump-Regierung. Natürlich schockt mich die amerikanische Regierung fast jeden Tag, aber die Community hier in der Stadt rückt sehr nahe zusammen.
Es gibt hier in San Francisco fast keinen Menschen, der nicht auch ein Aktivist ist. Hier ist immer noch das Feeling vom „Summer of love“ zu spüren.
Die AfD in Deutschland verfolge ich mit wachsender Sorge. Zu deren Wählern habe ich nur eines zu sagen: Diese Partei ist nicht auf eurer Seite. Die hetzt euch nur auf und schürt Angst, um sie dann gegen euch zu verwenden. Nichts anderes macht Trump in Amerika. Was Deutschland braucht, ist eine Community, die zusammen kämpft.

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