Schweich. Gäbe es einen Vorlesewettbewerb unter Schauspielern, Nina Hoger hätte garantiert die Nase vorn. Man könnte ihr stundenlang zuhören und in die Erzählungen versinken. Wenn sie liest, entstehen Bilder im Kopf - schöne und grausige.
Denn die von ihr auserkorenen Kurzgeschichten und Gedichte sind teils auch schwere Kost. Etwa die des Engländers Ronald Dahl. Er erzählt in der Geschichte "Schwein" von einem jungen Mann, der als Waise bei seiner Tante aufwächst, die ihn zum strengen Vegetarier erzieht. Mit dem Tod der Tante nimmt sein Leben eine Wende. Er kommt an Geld - und an ein Schnitzel. Die Exkursion ins Land der Fleischesser endet tragisch. Mancher Zuhörer sitzt am Ende der Geschichte mit einem Gesicht da, als habe er gerade in eine Zitrone gebissen.
Auch in Robert, die Hauptfigur in Ian McEwans Geschichte "Schokolade", können sich die Gäste mit Hilfe der Schauspielerin gut hineinversetzen: Die Schwestern verführen den Jungen zum Verzehr der vom autoritären Vater verbotenen Schokolade. Die Story endet mit einem persönlichen Desaster für Robert. Hoger reichte auch Heinz Erhardts unvergessenes Gedicht "Der Kabeljau" als Happen für zwischendurch. Gewürzt wurde die Lesung mit der Klezmer-Musik des Wuppertaler Ensembles Noisten (Andreas Kneip, Claus Schmidt, Reinald Noisten, Shan-Dewaguruparan): Klezmer-Musik ist osteuropäische jüdische Tanz- und Hochzeitsmusik. "Sie singt drinnen im Herzen", heißt es in dem Flyer des Quartetts.
"Musik für Tag und Nacht"

Wer diesen Abend erlebt hat, weiß, was dies bedeutet. "Diese Musik könnte ich Tag und Nacht hören", schwärmte Friedel Tänzer (70) aus Schweich. "Und dieser böse, schwarze Humor mancher Geschichte, das ist unseres", sagte sie. Ihre Begleiterin Monika Sieg (47), ebenfalls aus Schweich, nickte zustimmend. "Gut, dass wir uns auf den Weg gemacht haben", meinte Karin Zerfaß (61) aus Gutweiler. Musik und Lesung harmonierten sehr gut, sagte sie.
Auch Emil Negelen vom Verein Kultur in Schweich, Veranstalter des musikalisch-literarischen Abends mit Nina Hoger, war überaus zufrieden. "Schwein gehabt", dachten sich wohl diejenigen, die diesen Abend voller Leckerbissen in Schweich genießen durften. kat