"Schlaumäuse" erobern Trier-Nord

TRIER. Die Kindertagesstätte "Sonnengarten" in Trier-Nord ist neben drei Mainzer Einrichtungen einziger rheinland-pfälzischer Teilnehmer des bundesweiten Pilotprojekts "Schlaumäuse - Kinder entdecken Sprache", das den Einsatz von Lernsoftware im Vorschulalter erprobt.

Vorbei an "Johnny Mauser" und "Franz, dem Hahn" geht es zur Gruppe "Dicker Waldemar" der Kindertagesstätte "Sonnengarten". Was zunächst aussieht wie ein ganz normaler Kindergarten, entpuppt sich bald als das genaue Gegenteil: Schuld daran ist ein kleiner, unscheinbarer Computer in der hinteren Ecke des Gruppenraums. Es handelt sich um ein Laptop mit Touchscreen, einem berührungsempfindlichen und beschreibbaren Bildschirm. Hier befindet sich das Kernstück der "Schlaumäuse", eine Lernsoftware für Kindergarten- und Vorschulkinder. Mit Hilfe von Topsi, dem Bär, dem Zauberer Kilibob und vielen anderen sollen bereits die ganz Kleinen beim Spracherwerb unterstützt werden und den Umgang mit Computern spielerisch erlernen. "Schlaumäuse - Kinder entdecken Sprache" ist eine Bildungsinitiative unter der Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin Renate Schmidt. Sie wird unter anderem von Microsoft Deutschland und der Unicef getragen. Ziel ist es, insbesondere Kindergärten in so genannten sozialen Brennpunkten in das Projekt einzubeziehen und - durch eine begleitend laufende wissenschaftliche Studie - die mit dieser Software bei den Kindern erzielten Lernerfolge zu überprüfen. Nach dem PISA- (Programme for International Student Assessment) bedingten bildungspolitischen Aufschrei, der für Deutschland eine verstärkte Förderung besonders im Vorschul- und Primarbereich einfordert, scheint den Erzieherinnen das Projekt "Schlaumäuse" auf dem richtigen Weg zu sein. Um hier aber wirklich etwas zu verändern, müsse eine dauerhafte finanzielle Unterstützung zur Verfügung stehen, fordert Pädagogin Beatrice Hemmerling. Eine langfristige Finanzierung nicht nur medienträchtiger Pilotprojekte, sondern auch von Fort- und Weiterbildungen, der Räumlichkeiten und Ausbildung der Erzieher sei notwendig. Ihre Aufgabe sehen die sieben Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen unter der Leitung von Beatrice Hemmerling darin, die Kinder auf einen guten Schulstart vorzubereiten. Dazu gehören aber neben ersten Computererfahrungen und altersgerechtem Umgang mit der Sprache - bezogen auch auf Kinder mit Deutsch als Muttersprache - motorische, kognitive und soziale Förderung. Gerade deshalb sollte die Bildungsinitiative "Schlaumäuse" nicht als Allheilmittel oder isoliertes Konzept gesehen werden, betont Beatrice Hemmerling. Spielen, Kochen, Theater, Musizieren und vieles mehr seien ebenso wichtig wie der spielerische und pädagogisch aufbereitete Umgang mit Computern. Nichts desto trotz sind die Erzieherinnen nach der ersten Probewoche sehr zufrieden mit der Aufnahme des neuen Angebots durch die Kinder. Erste Bedenken, wie der Lärmpegel, zu große Dominanz im Kindergartenalltag oder eine Vereinzelung vor dem Computer hätten sich nicht bestätigt. Man kann sehen, dass die Kinder das neue Angebot begeistert aufnehmen. Spielerisch und ohne Frust lernen sie kleine Aufgaben wie die Zuordnung von akustisch vermittelten Silben zu Buchstaben oder Farben zu Obstsorten zu meistern, erläutern die Erzieherinnen. Der Erfolg stelle sich sofort ein, kein erhobener Zeigefinger ermahne bei Fehlern, gleichzeitig förderten die Erklärungen der virtuellen Figuren die Konzentrationsfähigkeit. Geduldig warten die zukünftigen Computerspezialisten, bis sie an der Reihe sind und schauen ihren Kollegen so lange interessiert über die Schulter, geben auch schon einmal Tipps. Das Team "Sonnengarten" freut sich über die Teilnahme an dem Pilotprojekt, die gar nicht so sicher war: Von den 800 Bewerbern wurden nur 80 aufgenommen. Neben drei Mainzer Kindergärten sind die Trierer die Einzigen, bei denen die "Schlaumäuse" Einzug halten dürfen. Das Projekt ist auf zweieinhalb Jahre begrenzt. Die Erzieherinnen wurden in einem zweitägigen Workshop in die Software eingearbeitet, außerdem steht ihnen ein "Pate" bei allen Fragen und Problemen zur Seite. Falls die Quengelei nach "Schlaumäusen" und Co. zu Hause zu laut wird, ist das auch kein Problem, denn den Eltern, deren Kinder in den teilnehmenden Kindergärten sind, wird die Software kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Erzieherinnen vom "Sonnengarten" können andere Kindergärten nur zu einer Bewerbung für das Projekt ermuntern. Informationen und Bewerbungsunterlagen finden sich im Internet ( www.schlaumaeuse.de).

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