Schluss mit dem Verstecken

TRIER. Klaus Heisterkamp ist mit seinen 175 Kilogramm Körpergewicht selbst betroffen. Der zukünftige Leiter der neu ins Leben gerufenen Trierer Adipositas-Selbsthilfegruppe – also für Menschen mit krankhafter Fettsucht – ist aber bester Laune: Nachdem er seit September 2005 genau 23 Kilogramm verloren hat, möchte er seine Erfahrungen und seine Zuversicht mit anderen Betroffenen teilen.

Klaus Heisterkamp aus Brühl bei Köln wird künftig jeden zweiten Mittwoch im Monat den weiten Weg nach Trier auf sich nehmen, um eine Adipositas-Selbsthilfegruppe aufzubauen. Was bewegt den 41-Jährigen dazu? Heisterkamp lacht. Eine lange Geschichte sei das, sagt er und erzählt bereitwillig. Von seinem 20-jährigen Leidensweg, der keinesfalls beendet ist. Von den Diäten, den Misserfolgen, der Odyssee von Arzt zu Arzt. Und von den Begleiterscheinungen, von seiner Diabetes, seinem Bluthochdruck. Dabei zieht er ein Handtuch aus seiner Tasche und wischt sich den Schweiß von der Stirn. "Auch das braucht ein krankhaft Übergewichtiger ständig", sagt er. Doch wer möchte schon permanent mit einem Handtuch durch die Gegend laufen? "Adipöse verstecken sich. Viele verlassen aus Scham nicht einmal mehr ihre Wohnung. Wenn man wie ich durch das Übergewicht sogar seine Arbeit verloren hat, dann fällt das noch leichter. Auf der Straße versuchen die Betroffenen unscheinbar zu sein, verhüllen sich in kaschierendes Schwarz." Auch an diesem Punkt setzt die Selbsthilfe an. "Es geht nicht nur um das Abnehmen, darum, einem Klischee von Schönheit zu entsprechen. Es geht auch darum, sich erst einmal selbst zu akzeptieren. Wer schon als Kind zu dick war, hat sich in seinem ganzen Leben vielleicht noch nie selbst für attraktiv gehalten." Das Abnehmen ist dann das zweite Thema. "Vor einer Operation verlangen die Krankenkassen durchschnittlich ein Jahr Beteiligung an einer Selbsthilfegruppe", erklärt Dr. Dorothee Decker, seine behandelnde Ärztin in Bonn. "Das ist aber ein Problem, wenn es keine Selbsthilfegruppen gibt." Heisterkamp forschte im Internet und war entsetzt. "In der Eifel: Null." Wozu habe er Sozialpädagogik studiert? Mittlerweile leitet er mehrere Selbsthilfegruppen, unter anderem die in Bonn. Der Bogen nach Trier entstand über Dr. Dorothee Deckers Mann, Dr. Pan Decker, Chefarzt im Trierer Mutterhaus und - wie sie - für Operationen bei Übergewichtigen zuständig. Gruppe hilft Betroffenen und Angehörigen

"In Rheinland-Pfalz werden viele Magenband-Operationen abgelehnt", sagt der Arzt. "Wir erhoffen uns von der Selbsthilfegruppe, dass sie für mehr Patienten die Bewilligung bringen wird." Seine Frau ergänzt: "Die Teilnehmer einer Gruppe können sich gegenseitig beim Abnehmen unterstützen." Heisterkamp appelliert an Betroffene, in die Selbsthilfegruppe zu kommen. "Sie sollen mit ihren Fragen nicht alleine bleiben. Eingeladen sind alle - Übergewichtige sowie deren Angehörige." Im Mutterhaus findet morgen, Mittwoch, 18 Uhr, eine Einführungsveranstaltung mit Vorträgen und Diskussion statt. Infos gibt es im Internet unter www.adipositas-selbsthilfe-trier.de oder direkt bei Klaus Heisterkamp: Telefon 0651/4629974, E-Mail heisterkamp@adipositasgesellschaft.de.

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