Schmerzhafte Niederlage für CDU im Trierer Stadtrat

Trier · Die SPD bleibt im Trierer Stadtrat bei ihrer Linie und versagt den Christdemokraten die Zustimmung zum Wechsel des Bürgermeisteramts.

Schmerzhafte Niederlage für CDU im Trierer Stadtrat
Foto: Friedemann Vetter (Ve._) ("TV-Upload Vetter"

In einem war sich der Trierer Stadtrat am Mittwoch einig: An dreas Ludwig wäre ein sehr guter Bürgermeister. Kompetent, erfahren, zuverlässig, er packe die Dinge an, habe beste kommunikative Fähigkeiten und einen sehr guten Draht zu Ortsbeiräten und zum Oberbürgermeister, priesen die Redner der Fraktionen den Baudezernenten unisono. Noch nie gab es in den vergangenen 15 Jahren so viel Lob für ein Mitglied des Stadtvorstands.

Trotzdem scheiterte die CDU mit ihrem Ansinnen, das Bürgermeisteramt auf Ludwig zu übertragen. Erst am Dienstagabend hatten die Christdemokraten den entsprechenden Antrag bei der Stadtverwaltung eingereicht (der TV berichtete). Warum das so kurzfristig passierte, dazu äußerte sich CDU-Fraktionschef Udo Köhler bei seiner Rede im Stadtrat nur am Rande: "Der Weg war steinig, es müssen schwierige rechtliche Bedingungen gemeistert werden", sagte er.
Dabei hatte Oberbürgermeister Wolfram Leibe bereits im Mai die Voraussetzungen für einen möglichen Wechsel des Bürgermeisteramts den Fraktionen erläutert. Köhler hatte sich damals klar dazu bekannt, dass die CDU ihren Baudezernenten gerne zum Bürgermeister machen würde. Der grüne Bündnispartner der Christdemokraten war allerdings strikt dagegen. Fraktionsvorsitzende Petra Kewes wollte das wichtige Amt weiter ans Sozialdezernat gekoppelt lassen. Der Beigeordnetenposten sei dadurch "attraktiver", hatte Kewes erklärt. Die Neubesetzung der "attraktiven" - auch weil besser bezahlten - Stelle liegt schließlich in der Hand der Grünen, da sie für die im November anstehende Kandidatenwahl die feste Unterstützungszusage der CDU haben (der TV berichtete).

Dem Nein der Grünen hatte sich Köhler gebeugt - die CDU-Fraktion sah das allerdings anders und diskutierte das Thema in den vergangenen Wochen mehrfach.

Am Montag suchte die CDU schließlich erstmals offiziell das Gespräch mit der SPD in dieser Sache. Beim Treffen der Fraktionsspitzen signalisierten die Sozialdemokraten der CDU nach Informationen des TV, dass zumindest einige SPDler einem Bürgermeisterwechsel wohlgesonnen seien. Den Grünen bot die CDU an, im Gegenzug fürs Bürgermeisteramt das Sozialdezernat um das Ressort Umwelt aufstocken zu wollen. "Mit Unterstützung der CDU, das Sozialdezernat um das Thema Umwelt zu erweitern, würde ein seit Jahren von den Grünen verfolgtes, wichtiges Ziel erreicht", erklärte Grünen-Chefin Kewes in der Stadtratssitzung die Kehrtwende ihrer Fraktion.

Mit einigen Stimmen der SPD und dem Ja der Grünen hoffte CDU-Chef Köhler, die für den Bürgermeisterwechsel nötige Zweidrittelmehrheit von 38 Stimmen im Stadtrat beisammen zu haben. In der Stadtratssitzung kritisierte die SPD das Vorgehen der CDU allerdings scharf: "Einen so wichtigen Antrag bespricht man nicht zwei Tage vor der Entscheidung zwischen Tür und Angel", schimpfte SPD-Vize Rainer Lehnart. "Warum hat die CDU nicht zumindest im Steuerungsausschuss vorige Woche angekündigt, dass man mit einem solchen Antrag liebäugelt? Von fraktionsübergreifender Zusammenarbeit - die bei einem so wichtigen Thema angebracht wäre - kann da keine Rede sein!" Die Verdienste von Baudezernent Ludwig seien groß, darin bestehe auch bei der SPD Einigkeit, sagte Lehnart. "Aber wir sind überzeugt, dass das Bürgermeisteramt an das Sozialdezernat gekoppelt bleiben soll, um die Wichtigkeit sozialer Themen zu betonen."

Nach Lehnarts Rede deutete sich an, dass die Zweidrittelmehrheit verfehlt werden könnte. Zumal sich einige Ratsmitglieder - auch ein CDUler - von der Sitzungsteilnahme entschuldigt hatten, und auch die Linke nicht mitzog: "Wir wurden zu kurzfristig informiert, außerdem würde das für uns ganz wichtige Sozialdezernat geschwächt", erklärte Linken-Sprecherin Theresia Görgen. "Ich glaube, hier im Raum ist keiner, der sich das Vorgehen der CDU in dieser Sache nicht anders gewünscht hätte, auch ich habe mich sehr geärgert. Aber jetzt kommt es drauf an, das in der Sache Richtige zu beschließen", warb schließlich UBT-Sprecher Hermann Kleber noch mal für den Antrag der CDU.

Baudezernent Ludwig und Sozialdezernentin Birk verließen für die Abstimmung den großen Rathaussaal. Auf der elektronischen Anzeigetafel kletterten die Ja-Stimmen zunächst schnell, dann immer langsamer nach oben. Bei 35 stoppte es schließlich. 14 Nein-Stimmen - 13 von der SPD, eine von der Linken - und eine Enthaltung (Linke) besiegelten das Scheitern des CDU-Antrags.

Ratlosigkeit und Aufregung machten sich breit, Oberbürgermeister Leibe unterbrach die Sitzung für zehn Minuten wegen der "emotionalen Lage". Der CDU reichte das nicht, um sich neu zu sortieren, Köhler bat um weitere 20 Minuten Pause.

Anschließend ging's schnell: Leibe kehrte zur ursprünglichen Tagesordnung zurück und stellte den Punkt "Ausschreibung der Stelle der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters" zur Abstimmung. 39 Stadträte - inklusive CDU (bei einer Enthaltung) und Grüne - stimmten zu, die UBT und die AfD dagegen.

Und Ludwig? "Ich hab mich nicht um das Bürgermeisteramt gedrängt, und finanziell wäre es ohnehin ein Nullsummenspiel für mich gewesen", sagte der Baudezernent, der sich sonst nicht weiter öffentlich äußern wollte. Dass ihm die Diskussion und Abstimmung im Stadtrat an die Nieren ging, war ihm allerdings deutlich anzusehen.
Die im April freiwerdende Stelle des ersten Beigeordneten wird im August ausgeschrieben. Die Wahl soll am 6. November stattfinden. Zum 15. Februar tritt der oder die neue Beigeordnete den Job an - inklusive Bürgermeisteramt.KommentarEin unwürdiges SchauspielWas qualifiziert einen Fraktionsvorsitzenden für das Amt, in das er von seinen Parteikollegen gewählt wird? Er muss die Fraktion zusammenhalten, Stimmungen schon früh erkennen, Befindlichkeiten austarieren. Er muss seine Fraktion gegenüber der Öffentlichkeit, Bürgern wie Medien, vertreten. Er muss aber auch - und das ist mindestens genauso wichtig - den Kontakt zu den anderen Fraktionen im Rat suchen. Sie überzeugen, wenn eine Mehrheit gebraucht wird, mit diplomatischem Geschick Zugeständnisse abringen und im Gegenzug genauso Zugeständnisse machen. Das mag manchem Außenstehenden nicht gefallen - aber so funktioniert Politik. Wie sie nicht funktioniert, hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Udo Köhler am Mittwochabend im Trierer Stadtrat bewiesen und damit taktisches Unvermögen und kommunikative Schwächen offenbart. Schon Ende Januar sagte Köhler dem TV, dass er Andreas Ludwig gerne als Bürgermeister sehen würde - und das übrigens aus gutem Grund. Genug Zeit also, mit allen Fraktionen zu reden und sie zu überzeugen. Stattdessen ließ Köhler seinen Parteifreund Ludwig ins offene Messer rennen, weil der Fraktionschef nicht in der Lage war, die notwendige Mehrheit für diesen Antrag zu beschaffen, ihn kurz vor knapp aber trotzdem stellte. Ein unwürdiges Schauspiel, nach dem Baudezernent Ludwig zu Recht der Ärger ins Gesicht geschrieben stand. Wenn es der Vorsitzende der stärksten Fraktion im Rat nicht schafft, seine vordringlichsten Aufgaben zu erfüllen - welche will er dann bewältigen? r.schaal@volksfreund.deExtra: DIE NOTWENDIGE MEHRHEIT

 Herbe Schlappe: CDU-Fraktionsvorsitzender Udo Köhler (oben) ist mit dem Antrag seiner Partei gescheitert. Und das trotz der Unterstützung der Grünen um die Fraktionsvorsitzende Petra Kewes (unten links). TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Herbe Schlappe: CDU-Fraktionsvorsitzender Udo Köhler (oben) ist mit dem Antrag seiner Partei gescheitert. Und das trotz der Unterstützung der Grünen um die Fraktionsvorsitzende Petra Kewes (unten links). TV-Fotos (2): Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (Ve._) ("TV-Upload Vetter"

Der Grundsatzentscheidung, das Bürgermeisteramt von einem Dezernat auf einen anderen Beigeordneten zu übertragen, müssen zwei Drittel der Stadtratsmitglieder zustimmen. Dabei ist irrelevant, wie viele Ratsmitglieder anwesend sind. Grundlage ist die gesetzlich festgelegte Größe des Gremiums. Bei Städten mit 100 000 bis 150 000 Einwohnern hat das Parlament 56 Sitze, zwei Drittel davon sind - aufgerundet - 38. Die CDU hat im Trierer Stadtrat 20 Sitze, die SPD 15, die Grünen 9, die UBT 4, die Linke 3, die FDP und die AfD jeweils 2, und die Piraten sind mit einer Vertreterin präsent.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort