Schmuddel-Liste bald im Netz

Trier · Unhygienische oder die Gesundheit gefährdende Zustände in Restaurants und anderen Lebensmittelbetrieben werden in Kürze im Internet angeprangert. Die Lebensmittelkontrolleure der Kommunen sind gesetzlich zu den Veröffentlichungen verpflichtet.

Trier. Verschimmelte Lebensmittel, keine Seife auf dem Personal-WC, zu warme Kühlschränke oder ein Eimer Mayonnaise direkt neben der Heizung: Wie es hinter den Kulissen von Restaurants, Kneipen, Imbissen, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben zugeht, darüber kann sich jeder Kunde demnächst informieren. Eigentlich sind die Kommunen schon seit dem 1. September gesetzlich dazu verpflichtet, eklatante hygienische Mängel oder gesundheitsgefährdende Zustände im Internet zu schildern - inklusive Betriebsnamen und Inhaber. In der Region ist man allerdings noch nicht ganz so weit: Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg hat erst vor wenigen Tagen eine Internetseite eingerichtet (siehe Extra). Die Stadtverwaltung Trier arbeitet noch an einer entsprechenden Seite, will Mitte November aber auch so weit sein.
Öffentlich genannt werden sollen dort Betriebe, die in einem solchen Maß gegen die Hygienevorschriften verstoßen haben, dass die Kontrolleure eine Geldbuße von 350 Euro oder mehr für angemessen halten. Anders als zum Beispiel im Straßenverkehr können die Lebensmittelkontrolleure bei der Bemessung der Strafe nicht auf einen fixen Bußgeldkatalog zurückgreifen. Ralf Frühauf, Pressesprecher der Stadtverwaltung: "Wenn irgendwo falsch geparkt wird, ist das Fakt und wird überall gleich bewertet. Aber wie bewertet man objektiv ,ekelerregend\'?" Für eine verschleimte Bierleitung sind je nach Zustand zwischen 80 und 120 Euro fällig. Zu einer Geldbuße ab 350 Euro können mehrere solcher kleinen Mängel oder ein grober Verstoß führen.
40 Mängel auf der Liste


Auch Küchen, in denen in geringerem Umfang gegen Vorschriften verstoßen wird, dafür aber wiederholt, müssen mit einem Interneteintrag rechnen. "Grundsätzlich werden Vergehen, die die menschliche Gesundheit gefährden - wie verdorbene Lebensmittel -, mit einer höheren Geldbuße belegt als beispielsweise Mängel in der Lebensmittelkennzeichnung", sagt Thomas Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung.
Eine Trierer Speisegaststätte haben die städtischen Kontrolleure in diesem Jahr zu einer Zahlung von 3500 Euro verdonnert. Mehr geschadet als die hohe Geldbuße hätte dem Restaurant wohl die Veröffentlichung der mehr als 40 festgestellten Mängel: Schimmelrasen auf den Gummidichtungen des Kühlschranks, eine innen und außen stark verschmutzte Spülmaschine, alte Schmutzkrusten auf dem Fußboden und so weiter.
Als Warnung vor einem Betrieb und seinen Produkten will die Kreisverwaltung die Interneteinträge allerdings nicht verstanden wissen. Vielmehr "soll im Sinne einer Markttransparenz eine aktive Information der Verbraucher gewährleistet werden", sagt Kreissprecher Müller.
Einige rechtliche Fragen sind allerdings noch offen, zum Beispiel, wann die Einträge wieder aus dem Internet verschwinden. Die Kreisverwaltung will nach drei Monaten die Betriebe aus der Datenbank löschen, oder "wenn eine Information sich nachträglich als falsch herausgestellt hat", sagt Kreissprecher Müller. Die Stadt will dagegen "nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall entscheiden", wie lange ein Eintrag nachzulesen bleibt.
Rechtliche Grauzonen


Dass die Höhe des Bußgeldes auf den subjektiven Urteilen der Kontrolleure basiert und auch der Veröffentlichungszeitraum nicht geregelt ist, wird betroffene Betriebe womöglich zu Klagen gegen die Kommunen bewegen. Auch, dass Zahl und Häufigkeit der Kontrollen sich in Grenzen halten, und manche Betriebe nur alle drei Jahre überprüft werden (siehe Extra), könnten Unternehmen als wettbewerbsverzerrend empfinden und sie vor Gericht ziehen lassen.
Landrat Günther Schartz (CDU) findet den Gedanken, die Transparenz in der Lebensmittelsicherheit zu erhöhen, zwar gut, kritisiert aber das neue Gesetz: "Ob die namentliche Nennung von Einzelfällen - zudem noch ,gefiltert\' durch die Festlegung einer Bußgeldhöhe - zur Sicherheit oder doch eher zur Verunsicherung beiträgt, ist zu hinterfragen." Triers Ordnungsdezernent Thomas Egger (FDP) ist weniger skeptisch: "Die Unternehmen haben es selbst in der Hand, wie sich die Kontrollfrequenz auf ihren Betrieb auswirkt und was beziehungsweise wie häufig es letztlich Veröffentlichungen gibt." Wettbewerbsverzerrend sei vielmehr, dass die Öffentlichkeit bislang nicht über Mängel in einzelnen Betrieben informiert gewesen ist.Extra

Stadt Trier: Zahl der Lebensmittelkontrolleure: 3, ein weiterer in Ausbildung Zahl der Betriebe im Kontrollgebiet: 1400 Kontrollhäufigkeit: richtet sich nach der Risikobewertung nach jeder Betriebskontrolle Zahl der Kontrollen im Jahr 2012 bis heute: gut 1350 Zahl der verhängten Bußgelder über 350 Euro seit 2007: 138 Veröffentlichung von Mängelbetrieben: ab Mitte November unter: www.trier.deLandkreis Trier-Saarburg: Zahl der Lebensmittelkontrolleure: vier, zwei in Ausbildung Zahl der Betriebe im Kontrollgebiet: 4000 Kontrollhäufigkeit: Richtet sich nach den Ergebnissen vorangegangener Überprüfungen, variiert zwischen wenigen Tagen und maximal drei Jahren Zahl der verhängten Bußgelder über 350 Euro seit 2007: 32 Veröffentlichungen von Mängelbetrieben: www.trier-saarburg.de , Stichwort "Lebensmittelüberwachung". woc