Schnaubende Dampfloks im Keller

Trier · Von Melancholie bis Rock ’n’ Roll: Der Master Singer&Songwriter-Slam hat im Mergener Hof rund 100 Zuschauer begeistert. Sieben Formationen traten auf, von denen das Duo Strings ’N’ Stories klar gewann. Der Wunsch des Kultur Raums Trier: größere Aufmerksamkeit für diese Szene.

 Akzentuierte Rhythmen, klare Melodien und starke Stimmen: Das Duo Strings 'N' Stories (Morgan Henx, links, und Paul Hilger) gewinnt den Lyra Singer&Songwriter-Preis 2016. TV-Foto: Manuel Beh

Akzentuierte Rhythmen, klare Melodien und starke Stimmen: Das Duo Strings 'N' Stories (Morgan Henx, links, und Paul Hilger) gewinnt den Lyra Singer&Songwriter-Preis 2016. TV-Foto: Manuel Beh

Foto: Manuel Beh (beh) ("TV-Upload Beh"

Trier. Nico Mono am Gesang und der Gitarre und Elisa an der Violine eröffneten den ersten Master Singer&Songwriter-Slam in Trier. Im Gewölbekeller des Mergener Hofes erzeugte ihr erster Song "Amsterdam" eine melancholische Stimmung. Träumerisch entführte das Vibrato der Geige die rund 100 Zuschauer in eine Art Schwebe; ein Gefühl der Schwerelosigkeit entstand. Zusammen mit Nico Monos klarer und sicherer Stimme gelang ihnen eine stimmige Darbietung. Als am Ende ihrer Spielzeit Nico Monos Mütze vom Kopf flog, war zu sehen, wie viel Herzblut die Künstler in ihre Songs und ihren Auftritt stecken.
Sieben Formationen spielten beim Master-Slam, die alle bereits einen Singer&Songwriter-Slam gewonnen hatten (siehe Hintergrund). Das Duo Henrik und Simon führte die Melancholie der ersten Gruppe fort. Im Titel "Jeder für sich" sangen sie von selbst verschuldeter Abschottung und Isolation. Hierbei wirkte das Zusammenspiel des pessimistischen Textes mit der Begleitung am Banjo ironisch, da Letzteres einen positiven und fröhlichen Klang produzierte. Eine gewisse Naivität klang unbewusst mit.
Gitarrenriffs und hohe Töne


Nach weiteren Auftritten von Hanschel und Hennich, Jan Kretzer und Nisse Barfuss erreichten der Interpret Nils und das Duo Strings 'N' Stories das Finale. Nils' Stil erinnerte an den britischen Singer and Songwriter Cat Stevens: Auf tief dröhnende Gitarrenriffs folgten hohe, klingende Töne.
Doch am Ende gewannen Strings 'N' Stories den Master Singer&Songwriter-Slam - verdient, denn ihr Stil unterschied sich von dem der anderen Musiker deutlich: Mit der Mundharmonika gaben sie klare Motive vor, die schließlich vom dumpfen Sound der Gitarre begleitet wurden. Vor dem inneren Auge der Zuschauer schnaubte eine große Dampflok vorbei, die immer mehr Fahrt aufnahm. Daraus entstand ein mitreißender Beat. Der Klang erinnerte stark an die Rock'n Roll-Ära der 1960er Jahre. Das einzige Stück, das instrumental präsentiert wurde, erntete tosenden Applaus. Alle Lieder von Strings 'N' Stories waren geprägt von einem stark akzentuierten Rhythmus, klaren Motiven und variablen und sicheren Stimmen. Verdient reckten sie den Lyra Singer&Songwriter-Preis in die Höhe - ein Pokal in Form einer kleinen Harfe in Anlehnung ans Trierer Nero-Jahr.
Gerhard Scherf (53) aus Hinzenburg war sehr zufrieden mit den Siegern: "Strings 'N' Stories waren die beste Gruppe. Verdient hätte es jede Formation, denn insgesamt war das Niveau sehr hoch. Da ich selbst Gitarrist bin, interessiert mich das Spiel der Gitarren besonders. Ich bin voll auf meine Kosten gekommen." Petra (48) und Jürgen Ensch (45) aus Saarburg lobten das Engagement der Interpreten: "Der Klang wirkte unverfälscht und ehrlich. Gerade die Nähe zum Publikum macht dieses Event aus."
Organisiert wurde der Slam vom Kultur Raum Trier und dem Mergener Hof. Peter Stablo, stellvertretender Vorsitzender des Kultur Raums Trier, wünscht sich mehr Aufmerksamkeit für diese Kulturszene: "Die Singer and Songwriter werden wenig beachtet und sehr unterschätzt. Seit vielen Jahren ist das der Fall. Trier ist eine wunderbare Stadt und hat wunderbare Talente. Nur das Bewusstsein für diese Musik ist leider zu gering."
Extra

Der Singer&Songwriter-Slam ist ein Wettbewerb unter Musikern und Liedermachern. Dieser läuft immer nach bestimmten Regeln ab: Bis zu acht Formationen spielen um die Gunst der Zuschauer. Die Gruppen dürfen nur aus einem bis zwei Musikern bestehen. Die Interpreten haben jeweils zehn Minuten Zeit für ihren Vortrag, der ohne Playback-Einspielungen und Band auskommen muss. Jeder Künstler bringt sein Instrument selbst mit, und das Los regelt die Reihenfolge. Letztlich entscheidet der Applaus des Publikums, wer den Slam gewinnt. Jeder Musiker kann mitmachen, der den Mut hat, vor Publikum zu singen. Vorbild ist der literarische Poetry Slam. beh

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