Volksfreund-Serie Schöne Frau oder kerniger Mann?

Trier · Kleider, Krone, Königin: Für viele Frauen ist das ein Traum, für viele nicht. Wenn sich keine Bewerberin für das Amt der Weinmajestät findet, springt schon mal ein Mann ein. So wie in Kesten (Kreis Bernkastel-Wittlich). Ein Modell für Trier?

 Kernig und männlich: Sven Finke ist amtierender Bacchus in der Moselgemeinde Kesten (Bernkastel-Wittlich). TV-Foto: Archiv/Hans-Peter Linz

Kernig und männlich: Sven Finke ist amtierender Bacchus in der Moselgemeinde Kesten (Bernkastel-Wittlich). TV-Foto: Archiv/Hans-Peter Linz

Foto: (m_mo )

Trier Männer sind dominant. Sie sitzen in Führungsetagen, besetzen Kirchenämter und bilden das Gros der Handwerker. Doch auf einem Gebiet haben sie es bis heute nicht geschafft, Fuß zu fassen: als Weinkönig. Eine männliche Majestät ist eine Anomalie in der sonst so männerlastigen Weinbranche.
Doch es gibt sie. Aus Mangel an Bewerberinnen regiert seit vergangenem Jahr Sven Finke die Moselgemeinde Kesten (Kreis Bernkastel-Wittlich). Als Bacchus. Korrekt heißt sein Titel "Bacchus Castanidi", Weingott von Kesten. Um korrekt aufzutreten, bereitete sich der 24-jährige Jurastudent minutiös vor. In Bullay besuchte er ein Weinköniginnenseminar, lernte vieles über den Weinbau und wie er Fragen richtig und schlagfertig beantwortet. Die Olewiger Winzervereinigung, die jedes Jahr die Trierer Weinkönigin wählt und sie Anfang August auf dem Olewiger Weinfest krönt, plagen solche Sorgen vorerst nicht.
In der Triererin Bärbel Ellwanger haben die Winzer eine Weinkönigin für die Saison 2017/2018 gefunden, die am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Trier (FWG) Abitur machte und danach je ein Jahr in China und Taiwan lebte. Sie studiert Sinologie an der Uni Trier und spricht fließend Chinesisch. Ein echter Volltreffer für das Marx-Jahr 2018.
Dennoch könnte einmal der Tag kommen, an dem sich keine junge Frau in Olewig für das Amt der Weinkönigin bewirbt. Und dann? Wäre das Kestener Modell nicht auch was für Trier? "Nein." Peter Terges, Vorsitzender der Vereinigung Olewiger Winzer, lehnt diesen Vorschlag kategorisch ab. "Unter meinem Vorsitz kann ich mir das nicht vorstellen. Eine Weinkönigin zu krönen ist eine jahrzehntelange Tradition. Und ich gehe nicht von Traditionen ab." Auch bei einem Notfall nicht. Denn "es gibt schon viele Weinbotschafter an der IHK, doch die haben nie die Aussagekraft einer Weinkönigin. Und ein Bacchus hat auch nicht die Aufgaben einer Weinkönigin." Punkt. Ende. Aus.
Doch nicht alle Winzer der Winzervereinigung denken so. "Warum nicht?", überlegt Sandra Schleimer vom gleichnamigen Weingut. "Die Sache mit dem Bacchus fand ich gut. Aber bisher war das kein Thema, weil sich noch kein Mann vorgestellt hat." Aber wenn, dann … "müssten wir das in der Vereinigung diskutieren, uns Gedanken machen, wie man ihn nennt. Mein Mann und ich sind da offen." Offen ist auch Evi von Nell vom gleichnamigen Weingut, aber nicht für einen Bacchus. "Bacchus ist das allerletzte. Das ist was für Karneval. Aber ich bin für einen Weinkönig." Aha. "Wir haben zwei Söhne, und ich würde das total unterstützen. In der Pfalz habe ich das mal gesehen. Der junge Weinkönig dort war schick angezogen, sah gut aus und hatte einen männlichen Kopfschmuck. Das war edel. Ich finde, wenn Mädchen als Weinkönigin hübsch sein müssen, sollten das Männer auch sein." Auch Margret Oberbillig vom Weingut St. Annenhof könnte sich mit einem Mann auf dem Trierer Weinthron anfreunden: "Ich habe kein Problem damit, einen männlichen Weinbotschafter zu küren. In der heutigen Zeit sollte man über den Tellerrand blicken und offen für Neues sein, jedoch auch die Traditionen nicht aus den Augen verlieren. Ich denke aber, dass sich beides mit etwas Toleranz von allen Seiten verbinden lässt."
Die Zeiten ändern sich. Die Ansichten in den Köpfen der Menschen auch. Beim Deutschen Weininstitut (DWI) sind die Regeln glasklar definiert. Wer in der obersten Liga der Weinmajestäten mitspielen will, muss eine Frau sein. Nur die dürfen den Deutschen Wein international vertreten. Bis sich diese Richtlinien ändern, dürfen vielleicht auch Frauen ins Priesteramt. Übrigens: Bacchus Sven Finke kommt am Wochenende, 5. bis 7. Mai, zu Wine in the City, natürlich mit seiner Fangemeinde aus Kesten.

Morgen lesen Sie in unserer Weinserie: Was wird den Trierern am Wochenende beim Event der City-Initiative "Wine in the City" geboten?

Was meinen Sie dazu? Soll in Trier auch ein Bacchus/Weinkönig/Weinbotschafter regieren dürfen oder soll das Amt Frauen vorbehalten bleiben? Mailen Sie uns an: echo@volksfreund.de
Bitte Name und Anschrift nicht vergessen.

Extra: LEXIKON DES WEINS: K WIE KORK

 Schön und weiblich: Ninorta Bahno ist die amtierende Weinkönigin der Stadt Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Schön und weiblich: Ninorta Bahno ist die amtierende Weinkönigin der Stadt Trier. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)


Viele Weinflaschen sind immer noch mit einem Korken verschlossen, vor allem sehr hochwertige, lagerfähige Weine. Spricht man davon, dass der Wein Kork oder einen Korkschmecker hat, ist er meist ungenießbar. Er riecht muffig, dumpf, manchmal sogar modrig. Eine gute Servicekraft gießt dem Gast daher immer erst einen Probeschluck ins Glas, damit der kontrollieren kann, ob der Wein in Ordnung ist. Wer sich nicht sicher ist, ob sein Wein Kork hat, sollte ihn im Glas mit Wasser aufgießen. Bleibt der muffige Ton, liegt ein Korkschmecker vor. Verschwindet er, handelt es sich um eine Störung, die sich verflüchtigt. In der Gastronomie werden häufig Schraubverschlüsse verwendet, um dieses Problem zu vermeiden.

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