Schritt für Schritt zur Gleichberechtigung

Seit 100 Jahren wird der Internationale Frauentag gefeiert. Obwohl eine echte Gleichbehandlung noch nicht erreicht wurde, ist in den vergangenen 100 Jahren viel in diese Richtung passiert. Der Kreis stellt heute in seiner Veranstaltung "Lebendige Frauengeschichte(n) gestern - heute - morgen" zehn Frauen vor, die dazu beigetragen haben.

Trier. (red) Was verbindet eine Zöllnerin aus Greimerath und eine Politikerin aus Berlin? Wer war die Frau, die dafür sorgte, dass die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Verfassung verankert wurde? Um diese und andere Fragen geht es in der Veranstaltung "Lebendige Frauengeschichte(n) gestern - heute - morgen" des Kreises Trier-Saarburg, zu der die Gleichstellungsbeauftragte Anne Hennen einlädt.

Unter dem Motto "Schritt für Schritt zur Gleichberechtigung" werden die Geschichten von berühmten und bekannten Frauen vorgestellt, aber auch von Frauen, die in der Region Trier gewirkt und sich für die Frauenbewegung engagiert haben. In szenischen Darstellungen wird diesen Figuren und ihren Biografien Leben eingehaucht.

Die Veranstaltung ist am Freitag, 11. März, um 16.30 Uhr im Tagungszentrum der Handwerkskammer Trier, Loebstraße 18. Die musikalische Untermalung wird der Frauenchor "Polyhymnia" übernehmen. Alle interessierten Frauen und Männer sind eingeladen.

Der TV stellt vorab eine Auswahl der Frauen vor:

ClaraZetkin (Frauenrechtlerin und Politikerin)

Clara Zetkin ist die Frau, die den Internationalen Frauentag erfunden hat. Die 1857 in Wiederau (Sachsen) geborene Frauenrechtlerin besucht von 1874 bis 1878 ein Lehrerinnenseminar in Leipzig. Später geht sie nach Paris, referiert dort über die proletarische Frauenbewegung und fordert die vollständige Gleichberechtigung der Frau. 1910 schlägt Zetkin auf der Internationalen Konferenz Sozialistischer Frauen die Einrichtung eines Internationalen Frauentags vor, der am 19. März 1911 stattfindet. 1919 schließt sie sich der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an und ist von 1920 bis 1933 Mitglied des Reichtags. 1932 plädiert Zetkin als Alterspräsidentin vor dem Reichstag für eine Einheitsfront gegen den drohenden Faschismus. Am 20. Juni 1933 stirbt Clara Zetkin in Russland.

"Emmely" (Kassiererin)
Sie war wochenlang Gesprächsthema: Emmely, deren echter Name anonym bleibt, arbeitet ab 1977 im Einzelhandel als Verkäuferin. Im Februar 2008 wird ihr fristlos gekündigt, mit der Begründung, sie habe zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unrechtmäßig eingelöst. Emmely bestreitet das, klagt erfolglos beim Landesarbeitsgericht in Berlin-Brandenburg. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hebt aber 2010 die Kündigung auf.

Regine Hildebrandt (Politikerin)
Frau des Jahres und mutige Politikerin: Regine Hildebrandt wird 1941 geboren. Sie studiert Biologie an der Humboldt Universität Berlin, wo ihr 1961 nach ihrer Kritik am Mauerbau die Exmatrikulation droht. Dennoch ist sie ab 1964 als Diplom-Biologin tätig und promoviert 1968. 1989 tritt sie in die Sozialdemokratische Partei der DDR ein. Von 1990 bis 1999 ist sie in Brandenburg Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen. Sie erhält zahlreiche Auszeichnungen, darunter Frau des Jahres 1991 und den Wilhelm-Hoegner-Preis. Am 26. November 2001 stirbt Hildebrandt an Krebs.

Elisabeth Selbert (Eine der vier "Mütter des Grundgesetzes")

"Männer und Frauen sind gleichberechtigt” - dieser Satz stünde heute nicht in unserer Verfassung, wenn nicht eine der vier Mütter des Grundgesetzes, die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert, vor 62 Jahren die sogenannten Väter des Grundgesetzes in die Knie gezwungen hätte. Selbert begann 1926, als Mutter von zwei Söhnen, im Alter von 30 Jahren ihr Jurastudium - als eine der ersten Frauen, die zugelassen wurden. 1930 promoviert sie und arbeitet anschließend als Anwältin. Vor allem nach ihren Tod wächst ihr Ruhm: Viele deutsche Straßen, Plätze und Schulen werden mittlerweile nach Elisabeth Selbert benannt.

Sophie Scholl (Studentin und Widerstandskämpferin)

Sie ist eine Ikone der Widerstandsbewegung im Dritten Reich: Am 9. Mai 1921 wird Sophie Scholl geboren und wächst in Forchtenberg/Kocher und Ulm auf. Während ihrer Gymnasialzeit glaubt sie zunächst an das von den Nationalsozialisten propagierte Gemeinschaftsideal. 1942 nimmt sie an der Universität München ihr Studium auf. Sie schließt sich, wie auch ihr älterer Bruder Hans, der studentischen Widerstandsgruppe Weiße Rose an. Am 18. Februar 1943 verteilen die Geschwister Scholl etwa 1700 Flugblätter in der Münchner Universität. Die Gestapo verhaftet die Geschwister und Christoph Probst, ein weiteres Mitglied der Weißen Rose. Sie werden zum Tod verurteilt und noch am selben Tag hingerichtet.

Rosa Luxemburg (Politikerin)

Unterstützerin der Arbeiterbewegung: Am 5. März 1871 wird Rosalia Luxemburg in Russisch-Polen geboren. Sie engagiert sich schon als Schülerin in illegalen politischen Zirkeln. 1890/91 immatrikuliert sie sich an der Philosophischen Fakultät der Züricher Universität. 1897 promoviert sie, 1898 zieht sie nach Berlin und schließt sich der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) an. In den folgenden Jahren wird sie insgesamt drei Mal inhaftiert, unter anderem wegen Majestätsbeleidigung. 1918/19 beteiligt sie sich an der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Am 15. Januar 1919 wird sie gemeinsam mit Karl Liebknecht von Soldaten der Garde-Kavallerie-Schützendivision verschleppt und ermordet.

Gertrud Gerhards (Steinzeugfabrikantin, Politkerin)

Am 3. April 1919 wird Gertrud Gerhards in Baumbach (Westerwald) geboren. Sie besucht die Volksschule, obwohl sie lieber Abitur gemacht hätte. 1933 tritt sie in die väterliche Firma ein, wo sie alles über Steinzeugfabrikation, Verkauf und Buchhaltung lernt. Während des Krieges 1939 muss sie die Verantwortung für das Unternehmen weitgehend alleine tragen. Als der Vater nach dem Krieg stirbt wird sie Teilhaberin und leitet die Firma mit zeitweise bis zu 20 Beschäftigten gemeinsam mit ihrem älteren Bruder. Sie weiten die Töpferei von überwiegend Schnapskrügen auf Schalen und Vasen aus. Ende der 70er Jahre übergibt die Leitung der Fabrik in die Hände ihrer Nichte, einer Keramik-Ingenieurin, und zieht sich Ende der 80er Jahre ganz aus dem Berufsleben zurück. Etwa zur gleichen Zeit beginnt setzt sie ihr ehrenamtliches Engagement fort. 1989 erhält sie das Bundesverdienstkreuz am Bande. Am 28. März 2010 verstirbt Gertrud Gerhards im Alter von fast 91 Jahren.

Alice Salomon (Sozialpädagogin, Sozialpolitikerin, Volkswirtin und Frauenrechtlerin)

Am 19. April 1872 in Berlin geboren, wird sie 1893 Mitglied der Mädchen- und Frauengruppe für soziale Hilfsarbeiten. Im Jahr 1900 tritt sie dem "Bund Deutscher Frauenvereine" bei, später wird sie stellvertretende Vorsitzende. 1902 bis 1906 studiert sie an der Friedrich-Willhelm-Universität Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie. 1906 schreibt sie ihre Doktorarbeit, außerdem gründet sie die erste interkonfessionelle Soziale Frauenschule in Berlin-Schöneberg, die heute "Alice Salomon Hochschule Berlin" heißt. Sie wird 1917 die Vorsitzende der von ihr gegründeten "Konferenz sozialer Frauenschulen Deutschlands" und 1925 gründet sie die "Deutsche Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit". Sieben Jahre später erhält sie die silberne Staatsmedaille vom Preußischen Staatsministerium und bekommt von der Berliner Universität die Ehrendoktorwürde verliehen. Ihr Schaffen in Deutschland endet jäh: 1933 wird sie durch die Nationalsozialisten von allen öffentlichen Ämtern verdrängt und fünf Jahre später zur Emigration nach New York gezwungen. 1944 erwirbt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft, 1945 wird sie Ehrenpräsidentin des "Internationalen Frauenbundes" und der "Internationalen Vereinigung der Schulen für Sozialarbeit". Sie stirbt 1948 in New York.

Annelies Koenig (Konditormeisterin)

Die erste Konditormeisterin in Rheinland-Pfalz wird am 25. Mai 1923 in Ludwigshafen geboren. Sie geht zunächst auf ein Mädchengymnasium, muss es aber auf Wunsch der Eltern nach der Mittleren Reife verlassen. Daraufhin besucht sie eine Landfrauenschule. 1942 heiratet sie ihren Mann Karl Koenig und bringt eine Tochter zur Welt. 1946 beginnt sie eine Ausbildung zur Wirtschaftsleiterin, später besucht sie die Frauenfachschule in Mainz und arbeitet in der Konditorei der Schwiegereltern mit. 1951 erhält sie ihren Gesellenbrief als Konditorin, 1956 wird sie schließlich erste Konditormeisterin in Rheinland-Pfalz.1957 wird sie Geschäftsführerin des Cafe Koenig, das sie 1985 an ihre Tochter übergibt. Neben ihrer Tätigkeit als Konditorin und dem Ausbau des Familienbetriebes engagierte sich Anneliese Koenig als stellvertretende Obermeisterin in der Konditor Innung und bei der Handwerkskammer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort