Schrittmacher für das Gehirn

Ein Hirnschrittmacher ermöglicht Patienten mit Parkinson die Rückkehr in ein normales Leben. An der Fachhochschule Trier entwickeln Informatiker und Mediziner computergestützte Operationsverfahren.

 Der Trierer Informatik-Professor Peter Gemmar (links) und der Neurochirurg Dr. Frank Hertel entwickeln computergestützte Operationsverfahren. TV-Foto: Daniel John

Der Trierer Informatik-Professor Peter Gemmar (links) und der Neurochirurg Dr. Frank Hertel entwickeln computergestützte Operationsverfahren. TV-Foto: Daniel John

Trier. Etwa 300 000 Menschen in Deutschland leiden an Parkinson, einer noch immer unheilbaren Nervenkrankheit. Dank moderner Therapieformen lassen sich jedoch die Symptome deutlich lindern. Eine der Methoden ist die Tiefenhirnstimulation, bei der Elektroden in das Gehirn des Patienten eingesetzt werden. Über einen Schrittmacher werden Hirnströme gezielt aktiviert, um die für die auch "Schüttellähmung" genannte Krankheit typischen Bewegungsstörungen zu korrigieren.Am Klinikum Idar-Oberstein werden inzwischen die zweitmeisten dieser Operationen in Deutschland durchgeführt. Der Neurochirug Dr. Frank Hertel entwickelt dort gemeinsam mit dem Informatik-Professor Peter Gemmar von der Fachhochschule Trier computergestützte Verfahren, die die Operation sicherer und effizienter machen sollen.In einem ersten Schritt ist eine Software entstanden, die den Arzt bei der Operationsplanung unterstützt. Anhand von Aufnahmen des Gehirns wird berechnet, auf welchem Weg die Elektroden in das Zielgebiet hineingeführt werden, ohne dabei Schäden an anderen Hirnregionen zu verursachen. Zukunftsweisende Software

Diese Software wird inzwischen erfolgreich in der Praxis eingesetzt und wurde als eines von "100 Produkten der Zukunft" ausgezeichnet, die eine Kommission unter Leitung von Nobelpreisträger Theodor Hänsch im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auswählte."Allerdings sind die Planungsdaten oft fehlerbehaftet", sagt Hertel: "Bei der Öffnung der Schädeldecke tritt Hirnflüssigkeit aus, so dass sich die Lage des Gehirns ändern kann." Der nächste Schritt besteht daher darin, die von den Elektroden gemessenen Hirnaktivitäten in Echtzeit auszuwerten. Je nach Hirnregion entstehen charakeristische Kurven, die dem Chirurgen auf einem Monitor angezeigt werden. "Wir haben nun ein Verfahren entwickelt, das diese Daten automatisch klassifiziert", berichtet Peter Gemmar. So kann die optimale Endposition der Elektroden berechnet werden.Noch befindet sich die Software in der Erprobungsphase, soll aber schon bald in medizinische Apparate implementiert werden. Die Ergebnisse der Tiefenhirnstimulation jedoch können sich bereits heute sehen lassen, nicht nur bei Parkinson, sondern auch anderen Erkrankungen wie Epilepsie, Dystonie oder Depressionen. Die jüngste Patientin, die Hertel behandelt hat, zugleich die jüngste in ganz Deutschland, ist ein fünfjähriges Mädchen, das unter schweren Bewegungsstörungen litt. Nach der Operation konnte sie zum ersten Mal in ihrem Leben selbst ein Eis essen und eine Gabel halten.

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