Schüler werden fit für die Lehre

Mehring · "Produktionslernen" heißt ein neues Projekt der Benachteiligtenförderung in Rheinland-Pfalz. Die Pioniere in diesem vielversprechenden Vorhaben: acht Förderschüler der Meulenwald-Schule Schweich, die ein Jahr lang die künftige Produktionsschule in Mehring besucht haben und fit gemacht wurden für die Lehre.

 Der 15 Jahre alte Rene (rechts) ist sich nach einem Jahr „ganz sicher“, dass er eine Schreinerlehre machen möchte. Für Hassan (links) ist das noch gar nicht so klar. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Der 15 Jahre alte Rene (rechts) ist sich nach einem Jahr „ganz sicher“, dass er eine Schreinerlehre machen möchte. Für Hassan (links) ist das noch gar nicht so klar. TV-Foto: Sandra Blass-Naisar

Mehring. Einmal in der Woche ist arbeiten angesagt; immer dienstags. Dann machen sich acht Jugendliche der Meulenwald-Förderschule in Schweich mit dem Bus auf den Weg zur Produktionsschule hoch oben in den Weinbergen von Mehring. Dort hat die Lernen-Fördern-Trägergesellschaft Rheinland-Pfalz eine ehemalige Schreinerei in der Achtwies gekauft und will den Gebäudekomplex sukzessive nach Schulungsbedarf sanieren. Derzeit wird mit Holz und Metall gearbeitet, die Bereiche Landwirtschaft und Weinbau sollen dazukommen. Der gemeinsam mit den Schweicher Schülern als Schreinerei umgebaute erste Schuppen kann sich sehen lassen. Boden und Wände sind mit Spanplatten verkleidet, viel Licht fällt durch die Fenster und gibt dem Raum eine sehr angenehme Atmosphäre. Die Jugendlichen arbeiten unter "betriebsähnlichen Bedingungen", wie es Geschäftsleiter Winfried Siegismund umschreibt, lernen arbeitsteiliges Produzieren und berufsbezogene Kompetenzen. "Wir sind noch keine richtige Produktionsschule, aber auf dem Weg dahin. Projekte wie das Produktionslernen gehen in diese Richtung."
Pilot-Jahr ist voller Erfolg


Derzeit stellen die jungen Leute Holzprodukte her: Nistkästen und Insektenhotels, "weil man uns die auf dem Rheinland-Pfalz-Tag in Prüm aus den Händen gerissen hat". Projektleiter Wolfgang Lamacz wird nicht müde, den Jugendlichen klarzumachen, dass "unsere Sachen nur laufen, wenn ihr sauber und präzise arbeitet. Nur dann kaufen die Leute unsere Produkte!"
Was die Schüler lernen, ist das, was sie in der Ausbildung erwartet. Die Produktionsschule als Brücke in die Ausbildung, als Training für die Lehre. So führten die 13- bis 16-Jährigen Bewerbungsgespräche und schrieben eine Bewerbungsmappe mit Lebenslauf.
Für Heinz Wegmann, Schulleiter der Meulenwald-Schule und Vorsitzender im Verein Lernen Fördern, war das Pilot-Jahr ein voller Erfolg. "Ich sehe, wie die Produktionsschule Persönlichkeit und Selbstbewusstsein unserer Schüler geformt hat." Bei Förderschülern lägen die Stärken vor allem im praktischen Bereich. "Und ebenda können sie unter fachlicher Anleitung schneller die Erfolgserlebnisse erreichen, die zwingend notwendig sind, um eine dauerhafte Motivation und das Durchhaltevermögen für eine Ausbildung aufzubauen."
Wegmann weist auf den Erfolg von Produktionsschulen vor allem in Skandinavien und Norddeutschland hin. "Es ist eine positive Form der Berufsvorbereitung, die ganz gezielt auf die Bedürfnisse von Ausbildungsbetrieben abgestimmt wird!" Aufgaben für Projekte gebe es in der Region zuhauf, ohne irgendeiner Firma damit Konkurrenz zu machen. Zusätzlich zur praktischen Ausbildung habe man auch Lebenshilfe gegeben, Wissen, um selbstständig den Alltag zu meistern.
Die Verantwortlichen sind sich einig: Die Produktionsschule in Mehring hat ihre Feuertaufe für "Produktionslerner" bestanden. Der Antrag auf Fortsetzung des Projektes ist gestellt. Finanzielle Unterstützung gewährt die Stiftung "Zukunft im Landkreis Trier-Saarburg". "Es ist jetzt Zeit, die Förderschulen in der Umgebung, in Reinsfeld, Wiltingen und Trier, mit ins Boot zu holen, um unsere benachteiligten Jugendlichen fit für eine Ausbildung zu machen", bilanziert Schulleiter Wegmann und ergänzt mit Blick in die Zukunft: "So eine Produktionsschule ist auch für Regelschulen interessant, zumal es auch hier zahlreiche Schüler gibt, denen man mit diesem Übergangsschritt in die Ausbildung das Leben leichter machen könnte!"

Extra

Die Lernen-Fördern-Trägergesellschaft Rheinland-Pfalz mit Geschäftssitz in Mehring unterstützt in der Produktionsschule 24 Schüler der Trierer Medard-Förderschule im Rahmen des Projekts "Vertiefte Berufsorientierung an Schulen" (VBO), um eine bewusste Entscheidung für einen geeigneten Beruf zu treffen. Auch Jugendliche aus dem Landkreis Bitburg-Prüm werden fit für den Job gemacht. sbn

Produktionsschulen nach dänischem Vorbild sprechen benachteiligte Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 Jahren an, die keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, arbeitslos sind und entweder eine Schul- oder Berufsbildung abgebrochen haben oder nach Abschluss der Schulausbildung keine Berufsausbildungsstelle gefunden haben. In der Einrichtung bekommen die Jugendlichen die Möglichkeit, einen Schulabschluss zu erweben und in der Schule eine Berufsausbildung abzuschließen. In Dänemark gibt es etwa 100 Produktionsschulen, in Deutschland wurden bis 2010 etwa 25 ausbildungs- und berufsvorbereitende Bildungs-, Beratungs- und Betreuungsangebote in freier Trägerschaft gegründet. sbn

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