Schuldenberg: Trierer Stadtrat stimmt über Beitritt zu Rettungsfonds ab

Trier · Der Stadtrat wird am 16. Oktober entscheiden, ob die Stadt Trier dem Entschuldungsfonds des Landes beitritt. Bereits jetzt steht fest, dass er die hoch verschuldete Stadt nicht retten wird. Doch es gibt keine Alternative.

Trier. Die Notlage der Stadt Trier ist schnell definiert: Es bestehen astronomisch hohe Schulden, und die Kommune zahlt dafür astronomisch hohe Zinsen. Mit elf Millionen Euro im Jahr trägt Trier seinen mit jedem Haushaltsjahr höher werdenden Schuldenberg von 680 Millionen Euro ab, die Zinsen liegen 2012 bei 18,7 Millionen Euro.

Die Kredite: Um solche Forderungen bedienen zu können und dabei dennoch handlungsfähig zu sein, muss die Stadt zusätzliche Verbindlichkeiten aufnehmen: die sogenannten Liquiditätskredite. Trier braucht sie, um flüssig zu bleiben. Auch für diese fallen Zinsen an - ein nie endender Teufelskreis, den die an diesem System beteiligten Banken nur mitmachen, weil die Kommunen Schuld und Zins stückweise und zuverlässig tilgen.

Der Plan: Hier setzt der Entschuldungsfonds an. Er soll allen teilnehmenden Kommunen helfen, die Liquiditätskredite deutlich zu reduzieren. Über die gesamte 15-jährige Laufzeit des Fonds kann Trier bis zum Jahr 2026 eine Entschuldungshilfe von fast 198 Millionen Euro empfangen. Einen Teil dieser Entlastung muss die Stadt allerdings selbst erwirtschaften - durch Steigerungen der Einnahmen oder Einsparungen. Denn ein Drittel des Entschuldungsfonds müssen die teilnehmenden Kommunen selbst aufbringen.
Trier müsste auf diese Weise 4,4 Millionen Euro zusammenbringen, um dabei zu sein. Wie schmerzhaft ein solcher Prozess für die Stadt is t, zeigen die von Verzweiflung geprägten Bemühungen des Stadtrats und der Verwaltung, die Spardiktate der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zu erfüllen.

Das Problem: Diese Zahlen zeigen deutlich, dass der Entschuldungsfonds das in seinem Namen verankerte Ziel - die Entschuldung der mit 680 Millionen Euro in den Miesen stehenden Stadt Trier - nicht erreichen kann. Das weiß auch die Verwaltung. "Dennoch bleibt festzuhalten, dass der Beitritt von einer Alternativlosigkeit geprägt ist", heißt es in der Beschlussvorlage, über die der Stadtrat am Dienstag der kommenden Woche abstimmen wird.
Der Rat ist zwar grundsätzlich frei in seiner Entscheidung, aber dennoch zwingt ihn die Gemeindeordnung quasi dazu, alle sich bietenden finanziellen Vorteile zu nutzen. Paragraf 94 verpflichtet die Kommunen, alle Möglichkeiten "zur Erzielung von Einträgen und Einzahlungen" auszuschöpfen. Das heißt: Wo Geld zu holen ist, darf der Rat es nicht liegen lassen.

Der Beschluss: Oberbürgermeister Klaus Jensen hat mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion einen Vertragsentwurf ausgehandelt, der auch mit dem Innen- und Finanzministerium in Mainz abgestimmt wurde. Dieser Vertrag regelt unter anderem die vielen Pflichten der Stadt Trier, deren Einhaltung streng kontrolliert werden soll.
Wenn Trier dem Fonds beitritt, ist die Stadt bis 2026 gebunden, ein Kündigungsrecht hat nur das Land. Der Stadtrat wird am Dienstag, 16. Oktober, entscheiden, ob dieser Vertrag zwischen der Stadt Trier und dem Land Rheinland-Pfalz abgeschlossen wird.
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Meinung

Trier sollte nicht beitreten
Die Stadt Trier wird erhebliche Opfer bringen müssen, um dem Entschuldungsfonds dauerhaft beitreten zu können. Aber die dafür versprochene Reduzierung der aufgelaufenen Liquiditätskredite ist ein abstrakter Profit, den Bürger und Besucher der Stadt nicht spüren. Dagegen spüren sie mit voller Wucht die kaputten Straßen und maroden Schulen, das nicht vorhandene Radwegenetz, das alte Theater, alte Sportstätten, viele Einschränkungen in Sport, Freizeit und Kultur. Genau in diesen Bereichen müsste Trier 15 Jahre lang sparen und knausern, um seinen Anteil am Fonds aufbringen zu können. Denn die Hauptbelastungen des städtischen Haushalts, allen voran die Sozialleistungen, sind gesetzlich vorgegeben und deshalb vollkommen unantastbar. Der Rettungsfonds wird nichts ändern an den hohen Schulden und dem jährlichen Defizit. Er bringt keine spürbare Verbesserung der Situation vor Ort. Trier hat wenig davon - und sollte nicht beitreten. j.pistorius@volksfreund.de

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