Schutz für Frauen, die keinen Ausweg sehen

Trier · Ursprünglich war das Haus Maria Goretti eine Einrichtung für Frauen mit Geschlechtskrankheiten. Dieses Angebot des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Im Jubiläumsjahr steht das Heim vor neuen Herausforderungen. Hauptproblem: Die Bürokratie nimmt überhand.

 Anlaufstelle für wohnungslose Frauen: das Café Haltepunkt im Haus Maria Goretti. TV-Foto: Katja Bernardy

Anlaufstelle für wohnungslose Frauen: das Café Haltepunkt im Haus Maria Goretti. TV-Foto: Katja Bernardy

Trier. "Ich weiß nicht mehr, wohin ich soll!" Mit diesen Worten stand Ilse M. (Name geändert) im Büro des Hauses Maria Goretti. Sie litt an schweren Depressionen, und die psychische Gewalt in ihrem Zuhause konnte sie nicht länger ertragen. Weil sie minderbegabt ist, hatte sie keinen Schulabschluss. Ihre Schwester brachte sie ins Haus Maria Goretti. Die Mitarbeiterinnen halfen ihr, ihre finanzielle, familiäre und gesundheitliche Situation zu klären. Heute lebt Ilse M. in einer eigenen Wohnung, wird im Alltag von einer Betreuerin unterstützt und arbeitet in einer Werkstatt für beeinträchtigte Menschen.
Ilse M. ist eine von rund 170 Frauen, die jedes Jahr Zuflucht im Haus Maria Goretti suchen. 17 Mitarbeiterinnen unterstützen die Frauen. "Wir sind die einzige Notaufnahmeeinrichtung in Deutschland mit dieser Offenheit", sagt Ilona Klein, zuständige Abteilungsleiterin beim SKF.
Das heißt: Frauen und Mädchen, die sich in Notlagen befinden, können rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr Hilfe in Anspruch nehmen. Aufgenommen werden wohnungslose und suchtkranke, bedrohte und misshandelte Frauen und Mädchen ab zwölf Jahren sowie Hilfesuchende mit psychischen Auffälligkeiten.
Insgesamt gibt es 22 Plätze im Haus. Die Unterbringung und Begleitung wird über Pflegesätze finanziert. "Das Haus Maria Goretti ist eine Einrichtung, die sich immer an die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst hat und anpassen wird", sagt Bernhard Klein, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit beim SKF. Das Ziel 1951 war die Aufnahme von Frauen, die an einer Geschlechtskrankheit litten. Rund zehn Jahre später hat sich das heutige Profil herauskristallisiert. Immer mehr junge wohnungslose Frauen suchen das Haus auf. Eine der Ursachen: "Sie beginnen immer später ihre Ausbildungen, wohnen oft sehr lange bei den Eltern und sind dann nicht in der Lage, ihren Alltag zu regeln", sagt Helga Merges, die das Haus Maria Goretti leitet. Auch gerieten einige junge Frauen wegen Handy- und Internetkosten in eine Schuldenfalle. "Deshalb gehört das Trainieren des Umgangs mit den neuen Medien zu unseren Aufgaben", sagt Mertes. Kritisch bewerten die SKF-Mitarbeiterinnen vor allem eine Entwicklung: "Die Bürokratie nimmt überhand", klagt Ilona Klein. Rund die Hälfte der Sozialarbeit gehe für das Ausfüllen von Anträgen drauf. "Wir sind gezwungen, die Frauen mit einem Berg von Papieren zu empfangen", sagt Klein. Dabei sei es für die Hilfesuchenden wichtig, erst einmal zur Ruhe zu kommen.
Die Heilige Maria Goretti (1890 bis 1902), war die älteste Tochter einer italienischen Bauernfamilie. Nach dem Tod ihres Vaters versorgte sie zusammen mit der Mutter ihre vier Geschwister. Der 16-jährige Sohn des Verpächters versuchte, die Elfjährige zu vergewaltigen und stach mit einem Messer auf sie ein. Verletzt durch 14 Stiche starb Maria einen Tag später. Auf dem Sterbebett vergab sie ihrem Peiniger. kat

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort