Literatur Edelweißpiraten im Untergrund

SCHWEICH · Wie eine Gruppe Jugendlicher im Zweiten Weltkrieg Widerstand leistete, erfuhren Schweicher Schüler bei einer Autorenlesung.

 Jugendbuchautor Dirk Reinhardt liest am Schweicher Stefan-Andres-Schulzentrum.

Jugendbuchautor Dirk Reinhardt liest am Schweicher Stefan-Andres-Schulzentrum.

Foto: TV/Björn Pazen

(BP) An Rhein und Ruhr tobt der Zweite Weltkrieg mit aller Härte. Zu den Bombardements und Angriffen kommt der tägliche Terror durch das NS-Regime. Widerstand und Sabotage stehen unter Todesstrafe, das Gestapo-Gebäude in der Kölner Innenstadt ist wegen seines Folterkellers gefürchtet. Aber ein paar Hundert Jugendliche aus dem Arbeitermilieu in der Domstadt und im Pott proben den Aufstand, verweigern die Mitgliedschaft in der Hitlerjugend, verteilen unter Einsatz ihres Lebens von britischen Bombern abgeworfene Flugblätter, sie lassen Nachschubzüge aus den Rüstungsfabriken entgleisen.

Sie wollen keinen Krieg, sie wollen keine Nazis mehr, sie wollen einfach nur ihr Leben leben. Sie nennen sich die „Edelweißpiraten“, als Verballhornung der Edelweiß-Gebirgsjäger und als Reaktion darauf, dass die Gestapo alle aufmüpfigen Jugendlichen als Piraten betitelt. Sie tragen bunte Kleidung, um sich auch optisch vom Braun und Grau der Hitlerjugend abzuheben, sie gehen in den Untergrund. Viele sterben im niedersächsischen Jugend-KZ Moringen oder werden auf offener Straße hingerichtet. Es dauert bis zum Jahr 2005, bis sie als Widerstandskämpfer anerkannt und rehabilitiert werden.

Es war wahrlich keine leichte Kost, die Dirk Reinhardt den Achtklässlern des Stefan-Andres-Schulzentrums präsentierte, aber der Jugendbuchautor (56) fesselte die Schüler bei seinen insgesamt drei Autorenlesungen am Dienstag. Mehr als ein Jahr lang hatte der studierte Historiker Reinhardt für sein Buch recherchiert, das er schließlich in Tagebuchform veröffentlichte und in dem er, in teilweise drastischer Sprache, das Leben von jungen Widerstandskämpfern aus Köln niederschrieb. Reinhardt las markante Stellen aus seinem 2012 erschienenen Buch vor, dazu erzählte er viel über die Zeit, illustrierte die „etwas andere Geschichts- und Literaturstunde“ mit vielen Originalbildern.

„Ja, die waren so alt wie ihr heute. Und sie wussten angesichts von Krieg und Verfolgung nicht, ob sie morgen noch leben.“ Sätze wie diese machten die Schüler nachdenklich, genau 75 Jahre nach Kriegsende. Es war nicht der pädagogische Zeigefinger, sondern die Authentizität der Geschichte, die die Schüler berührte.

Alljährlich zählen solche Autorenbegegnungen zum Leseförderkonzept der Schule. Natürlich konnten die Schüler den Autor zum Abschluss der Lesung noch mit Fragen löchern, natürlich finden sich nun auch zwei Exemplare der „Edelweißpiraten“ im Fundus der Schulbücherei. Und natürlich werden die Schüler diese auch ausleihen. Passenderweise steht bei einer neunten Klasse bald ein anderes Buch von Reinhardt, „Trainkids“, auf dem Stundenplan.

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