Schwerer Unfall mit Giftalarm auf der A64 - Eine Zusammenfassung der Ereignisse (Fotos/Video)

Trier/Wasserbillig · Nach einem schweren Unfall mit einem Gefahrengutlaster am Dienstagabend sind 200 Helfer im Dauereinsatz. Dabei werden auf der A.64 zwischen Trier und Wasserbillig alle zu Geisterfahrern – unter den Augen der Polizei.

Dienstagabend, 20.20 Uhr: Ein schwerer Unfall etwa drei Kilometer hinter der Luxemburger Grenze in Richtung Trier führt zur Vollsperrung der A64. Bis Mittwochmorgen steht der Verkehr auf der wichtigsten Autobahn zwischen Deutschland und Luxemburg still. Tausende Fahrer, die meisten davon deutsche Berufspendler auf dem Heimweg, müssen teils stundenlang warten. Übers Radio werden sie immer wieder gewarnt, dass sie die Fenster ihrer Wagen geschlossen halten sollen. Polizei und Feuerwehr versichern aber, dass für sie zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr bestanden habe.

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Unfall Zwei Lastwagen fahren auf der A64 hintereinander von Luxemburg kommend Richtung Trier. Der vordere Lastwagen macht plötzlich eine Vollbremsung. Weil alles zu schnell geht und der Fahrer nicht ausweichen kann, kracht der nachfolgende LKW in den Hänger des Vordermanns. Der Unfall führt zur Vollsperrung, weil der zweite Laster auf Paletten Hunderte Kanister mit Unkrautvernichtungsmittel geladen hat. Der 52-jährige Fahrer des Gefahrguttransporters verletzt sich laut Polizei schwer an den Beinen. Der 34-jährige Fahrer des anderen Sattelzugs wird leicht verletzt und ambulant in einer Klinik behandelt. Den Sachschaden beziffern die Ermittler auf mindestens 100.000 Euro.
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Ursache Der Fahrer des vorderen Lasters habe angegeben, dass seine Bremsen blockiert hätten, heißt es bei der Polizei. Ursache der plötzlichen Vollbremsung sei ein technischer Defekt. Trotz dieser spontanen Aussage des Fahrers werde noch ein Gutachten zum Unfallhergang erstellt, das alle Eventualitäten einbeziehe, sagt Polizeisprecher Uwe Konz auf TV-Anfrage.
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Sperrung Nach dem Unfall sperrt die Polizei die Autobahn in beide Fahrtrichtungen. Auf TV-Anfrage erklärt Pressesprecher Konz: "Die Sperrung wurde präventiv eingerichtet, weil wir zunächst nicht wussten, um was für einen Stoff es sich handelt." Durch die Sperrung der Gegenfahrbahn will die Polizei laut Konz auch Folgeunfälle vermeiden, die zum Beispiel durch Gaffer verursacht werden könnten.
Als feststeht, dass die Aufräumarbeiten länger dauern, leitet die Polizei den Verkehr weiträumig an der Unfallstelle vorbei. Über die B53 und die B49 in Richtung Luxemburg und über die N10 und die B49 in Richtung Trier. Der von der B51 kommende Verkehr wird über die A64 ins Moseltal und dann auf die B53 geführt.
Gegen 23 Uhr lässt die Polizei die Autofahrer auf der Autobahn wenden, gegen die Fahrtrichtung fahren und bei den nächsten Abfahrten von der A64 herunterfahren. Die LKW müssen auf der Autobahn stehen bleiben. Die Fahrer müssen dort übernachten, weil ihre Laster zu groß zum Wenden sind.
Um 5.45 Uhr gibt die Polizei beide Spuren Richtung Luxemburg frei. Eine Stunde später ist auch eine Fahrbahn Richtung Trier befahrbar. Gegen 8.30 Uhr sind die Aufräumarbeiten komplett abgeschlossen und der Verkehr läuft wieder wie gewohnt.
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Einsatz Anders als nach dem Busunglück mit 18 Toten am Montag in Bayern, kommen die Ersthelfer auf der A.64 schnell und problemlos zum Unglücksort. Christian Otto, Pressesprecher der Feuerwehr in der Verbandsgemeinde Trier-Land, sagt: "Die Rettungsgasse war perfekt, es gab keine Probleme."
Schnell erkennen die Einsatzkräfte, dass einer der Unglückslaster einen Giftstoff geladen hat. Das Unkrautvernichtungsmittel mit der Gefahrenstoffnummer UN 3082 ist brennbar und kann giftige Dämpfe entwickeln (siehe Info). Laut Otto liegen nach dem Unfall mehrere Kanister des Gefahrenstoffs beschädigt auf der Fahrbahn. Später ist klar, dass etwa 20 Liter des Stoffs ausgelaufen sind. Deshalb wird der Gefahrenstoffzug des Kreises Trier-Saarburg hinzugerufen. Die Spezialisten müssen den Giftstoff binden und von der Unfallstelle entfernen. Sie brauchen viel Platz, weil sie unter anderem eine Dekontaminationsdusche aufgebaut haben, um ihre schweren Schutzanzüge von Giftstoffen zu befreien. Als es dunkel wird, wird die Unfallstelle mit großen Standscheinwerfern ausgeleuchtet. Die Feuerwehr ist laut Otto bis 6 Uhr vor Ort. Danach muss noch aufgeräumt werden.
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Versorgung Das Deutsche Rote Kreuz und die Malteser sind mit einer Schnellen Einsatzgruppe (SEG) an der Unfallstelle. Sie versorgen die Einsatzkräfte und Autofahrer mit geschmierten Broten, verteilen Wasser und erkundigen sich nach dem Befinden der Autofahrer. Zu einem Einsatz kommt es nicht.
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Reaktionen Die Autofahrer sprechen von zweieinhalb- bis viereinhalbstündigen Wartezeiten auf der A64. Einer von ihnen ist Jan Söfjer aus Trier: "Ich kam um 20.40 Uhr in den Stau hinter der Sauertalbrücke. Die Autos standen alle bereits ganz links und rechts und bildeten eine breite Rettungsgasse", sagt er. "Die Motoren waren aus, die Leute standen an ihren Fahrzeugen." Ihm sei direkt klar gewesen, dass es sich um eine Vollsperrung handele und dass es sehr lange dauern würde, sagt Söfjer: "Aber das Wetter war gut, die Atmosphäre entspannt."
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Weiträumige Auswirkungen Die Auswirkungen des Unglücks und der Vollsperrung sind noch am Mittwochmorgen weiträumig zu spüren. Sascha Berweiler aus Konz schildert zum Beispiel die Situation auf der B419: "Am Mittwochmorgen um 5.50 Uhr war in Temmels etwas mehr Verkehr als sonst, viele LKW waren unterwegs. Aber die Ampel hat es geschafft." Info

Schwerer Unfall mit Giftalarm auf der A64 - Eine Zusammenfassung der Ereignisse (Fotos/Video)
Foto: Florian Blaes
Schwerer Unfall mit Giftalarm auf der A64 - Eine Zusammenfassung der Ereignisse (Fotos/Video)
Foto: Florian Blaes
Schwerer Unfall mit Giftalarm auf der A64 - Eine Zusammenfassung der Ereignisse (Fotos/Video)
Foto: Florian Blaes

DAS IST DER AUSGELAUFENE GIFTSTOFF
Bei dem Giftstoff in dem Unfall-Laster handelt es sich um Dibutylphthalat. Dieser Stoff ist laut Gefahrenstoffdatenbank giftig und umweltgefährlich. Demnach kann er die Fruchtbarkeit von Menschen beeinträchtigen und Kinder im Mutterleib schädigen. Zudem ist der Stoff sehr giftig für Wasserorganismen. Hitzeeinwirkung auf Behälter mit dem Stoff kann zu Druckanstieg und Explosionen führen. Bei starker Erwärmung können sich zudem giftige und reizende Dämpfe entwickeln, die sich am Boden ausbreiten.

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