Sein letzter Tanz

TRIER-NORD. Gerade 60 Jahre alt geworden, liebäugelt Bernd Gritzmacher mit dem Ausstieg aus dem Riverside. Er will das Vergnügungszentrum am Verteiler Nord verkaufen oder vermieten. Zu den Kauf-Interessenten gehören Unternehmer, die das Riverside zu einem "Sauna-Club" umbauen wollen.

Am 9. Januar feierte Bernd Gritzmacher seinen 60. Geburtstag - und hielt "innere Einkehr und Rückschau. Ich hab' ja noch ein zweites Jubiläum: Seit 40 Jahren arbeite ich in der Unterhaltungsgastronomie". Von 1966 bis 1979 als Disc-Jockey, seither als Diskotheken-Betreiber. 2006 soll das letzte Jahr sein, in dem Gritzmacher als Unternehmer "direkt in vorderster Linie kämpft. Ich will weg von der Nachtarbeit". Damit scheint der Abschied vom Riverside, das er 1994/95 für 5,4 Millionen Euro baute, programmiert. "Ich bin dabei, das Objekt zu vermarkten", bestätigt der in Trier aufgewachsene Wahl-Saarländer. Dass und wie so etwas funktionieren kann, demonstriert er zurzeit in Kaiserslautern. Seine 2000 eröffnete Großraum-Disco "A 6" hat er vermietet, dort entsteht bis zum Frühjahr eines der größten Bowling-Center (18 Bahnen) in Rheinland-Pfalz. Eine solche Form von Umnutzung wäre auch in Trier-Nord möglich: "Wir haben Platz für 16 Bahnen. Allerdings kenne ich niemanden, der die zum Umbau notwendigen 1,5 Millionen Euro investieren will." Dafür haben aber Geschäftsleute aus einer ganz anderen Branche "schon einmal vorgefühlt". Gritzmacher berichtet von "sehr starkem Interesse" von Unternehmern, die das Riverside kaufen und zu einem Sauna-Club umfunktionieren wollen. Heißt im Klartext: Aus dem Party-Schuppen würde eine Art Wellness-Bordell. Bei dieser Vorstellung bekommt der Noch-Besitzer, der nach eigenen Angaben weniger als die Hälfte des Baupreises erlösen will, kalte Füße: "Das Riverside ist mein Kind. Aber die Sex-Branche ist nicht meine Welt." Realistischer scheint deshalb eine andere Variante zu sein: Einer der größten Spielhallen-Betreiber Deutschlands will die Hälfte der Nutzfläche von 2400 Quadratmetern anmieten. Der Rest könnte dann weiterhin als Disko und Gastronomie genutzt werden. Die Marktchancen erachtet der 60-Jährige als "nicht schlecht. Das Riverside ist ja kein toter Laden". Die großen Disko-Zeiten gehören allerdings der Vergangenheit an. In seiner Anfangsphase zog das am 14. Februar 1995 eröffnete Riverside monatlich bis zu 40 000 Besucher an. Den Knick bekam die Erfolgsbilanz 2000, "weil die Leute weniger Geld als vorher in der Tasche hatten und unser Einzugsgebiet immer kleiner wurde". Der Umsatzrückgang zog ein Insolvenzverfahren nach sich, das am 30. Juni 2004 seinen erfolgreichen und branchenunüblichen Abschluss in einem von der Gläubigerversammlung einstimmig akzeptierten Konzept fand. Seither ist das Riverside nur noch freitags/samstags und vor Feiertagen geöffnet und verzeichnet laut seinem Besitzer pro Woche rund 3000 Besucher. Auch die rauschenden Feste sind seit der Fast-Pleite passé. Früher ließ Gritzmacher gerne alle Welt an seinem Erfolg teilhaben, sponserte Kultur und Karneval, schickte Freunde wie Howard Carpendale auf die Bühne und bescherte Trier mit "Pop meets Classic" eines der raren gesellschaftlichen Highlights. Entscheidung in drei bis vier Monaten

"In drei bis vier Monaten wird sich entscheiden, was aus dem Riverside wird", schätzt der Gritzmacher. Was aus ihm wird, darüber hat er genauere Vorstellungen: "Ich würde gerne als Berater in der Unterhaltungsgastronomie tätig bleiben. Nach 40 strammen Berufsjahren will ich es ruhiger angehen lassen." Auch, um mehr Zeit für seine zweite Ehefrau Alice und die gemeinsamen Kinder Raphael (8) und Aline (2) zu haben. Und wie war der Geburtstag? "Schön. Ich hab mich sehr gefreut über mehr als 100 Mails und SMS von Eintracht-Fans." Einige Tage später habe er "herzlich gelacht", als sich Ex-Trainer Paul Linz im TV beklagte, er habe zu seinem 50. Geburtstag keinen persönlichen Gruß, sondern nur eine hektografierte Karte "wie jedes Mitglied" bekommen. "Was soll denn ich erst sagen? Ich bin Mitglied, habe vier schwierige Jahre lang als Präsident den Kopf hingehalten und nicht mal eine Karte gekriegt."

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