Seit drei Wochen schweigt das Telefon

Morscheid · Seit der Orkan Xynthia am 28. Februar über der Region wütete, sitzen zahlreiche Bewohner der Ansiedlung "Hergottsmühle" bei Morscheid ohne Festnetzanschluss da. Verständlich, dass die Betroffenen nicht mehr gut auf die Telekom zu sprechen sind.

 Günter Berens ist sauer auf die Telekom. Seit dem Sturm Xynthia hat er keinen Telefonanschluss mehr, da das Freilandkabel abgerissen ist. TV-Foto: Friedemann Vetter

Günter Berens ist sauer auf die Telekom. Seit dem Sturm Xynthia hat er keinen Telefonanschluss mehr, da das Freilandkabel abgerissen ist. TV-Foto: Friedemann Vetter

Als Xythia Ende Februar über das Land zog, verstummten wie vielerorts auch die Telefone in den Häusern an der Herrgottsmühle. Die Siedlung liegt unterhalb der Straße zwischen Waldrach und Korlingen und gehört zur Gemarkung Morscheid. Ein Baum war auf die altertümliche Freileitung - Modell "Wäscheleine" - gestürzt und hatte die Verbindungen gekappt.

"Das ist zwar ärgerlich, aber die Telekom wird den einfachen Schaden in den nächsten Tagen wieder richten", dachten die Betroffenen. Doch sie sollten sich irren: Obwohl der Konzern mit dem T sofort informiert wurde, geschah nichts. Fast drei Wochen später schweigen die Telefone an der Herrgottsmühle noch immer.

Schriftlich hatte die Telekom allerdings schnell reagiert: "Ihre Störungsmeldung wurde abschließend bearbeitet. Der Anschluss funktioniert fehlerfrei." Soweit der Wortlaut einer E-Mail, die Anwohnerin Dagmar Felgenheier am 4. März über ihren Funk-Internetanschluss von der Telekom erhielt. Auch wurde die Lehrerin per Mail von der Telefongesellschaft gefragt, ob sie überhaupt den Telefonstecker eingestöpselt habe.

Anwohner Günter Berens ist seit dem 28. Februar weder privat noch in seiner Kleingastronomie, der "Futterkrippe", telefonisch zu erreichen. "Meine Frau und ich sind 70 und 71 Jahre alt. Wenn wir einen Schlaganfall oder Herzinfarkt bekommen, können wir nicht mal einen Arzt rufen", sagt Berens.

Mittlerweile hat ihm die Schwiegertochter ihr Klapphandy zur Verfügung gestellt, auf das die Telekom nach acht Tagen eine Rufumleitung seiner Festnetznummer eingerichtet hat. "Bis ich das Ding aufgeklappt habe, ist es mit dem Klingeln schon wieder vorbei", sagt der 71-Jährige. Berens erwägt nun, Schadensersatz von der Telekom zu fordern.

Auch bei Anwohner Robert Schmitt schweigt das Telefon: "Die Telekom ist anscheinend übersättigt. In einem größeren Ort wäre das wahrscheinlich schon längst erledigt", ärgert er sich. Besonders betroffen ist aber sein pflegebedürftiger Nachbar, dessen Hausnotrufsystem ohne Telefonanschluss nicht funktioniert: Im Notfall kann er sich nicht mehr per Knopfdruck beim Rettungsdienst melden.

Auf TV-Anfrage verweist die Telekom darauf, dass Störungen an Freileitungen von einem beauftragten Unternehmen behoben werden. Aufgrund der derzeit extrem hohen Zahl an gestörten Freileitungen in der Region (20- bis 30-fache Tagesmenge) könnten nicht alle Schäden gleichzeitig oder fristgerecht erledigt werden. Dies bedauere die Telekom außerordentlich, und bitte um Verständnis und Entschuldigung. Die vorliegende Störung werde auf jeden Fall bis Freitag, 19. März, behoben sein. Am gestrigen Donnerstag baumelte die abgerissene Leitung jedenfalls noch immer lose im Wind (Anm. der Red.).

Meinung

Es war einmal

Als die Telefonstrippen noch von der Deutschen (Beamten-)Post gezogen wurden, mussten Kunden zwar lange auf einen bestellten Anschluss warten. Doch einmal am Netz, war der "Fernsprechteilnehmer" in guten Händen. Störungen wurden meist umgehend behoben, und notfalls rückten die Post-Entstörungstrupps mit ihren grauen Geländewagen auch bei Schneesturm aus, um auf die Masten zu klettern. Die grauen Laster sind längst verschrottet und die Entstörer in Pension. Der Weltkonzern Telekom delegiert solch niedrige Tätigkeiten lieber an Subunternehmen, die im Ernstfall überfordert sind. Pech für den Kunden - aber wenigstens läuft die Grundgebühr weiter aufs Telekom-Konto. f.knopp@volksfreund.de Extra Um den Anschluss lahmzulegen, ist kein Orkan erforderlich, sondern oft genügt schon der Wechsel der Telefongesellschaft. Zum Beispiel Erich Griebeler aus Kasel. Er wollte vom Anbieter 1 + 1 zur Telekom wechseln. Am 17. Januar unterzeichnete er den Vertrag, und seither schweigen bei ihm Telefon und Internet. Die Telekom verweist auf 1 + 1, die den Anschluss nicht freischalten würden. Kunde Griebeler kämpft nun seit zwei Monaten gegen die Windmühlen.

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