Sensible Seele und Widerstandskämpferin

Sie war Widerstandskämpferin und hat selbst im KZ Menschenleben gerettet. Peter Wald hat der Triererin Aurelia "Orli" Torgau mit "Hinter der grünen Pappe" ein Buch gewidmet, das er am heutigen Dienstag im Friedens- und Umweltzentrum im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum Nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus vorstellt.

 Thomas Zuche von der Arbeitsgemeinschaft Frieden organisiert am Dienstag, 27. Januar, die Autorenlesung über die Trierer Widerstandskämpferin Aurelia „Orli“ Torgau-Wald. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Thomas Zuche von der Arbeitsgemeinschaft Frieden organisiert am Dienstag, 27. Januar, die Autorenlesung über die Trierer Widerstandskämpferin Aurelia „Orli“ Torgau-Wald. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. Das Fenster hoch unterm Dach war vergittert und mit einer grünen Pappe abgedeckt. Bei Todesstrafe war es verboten, sie abzunehmen. Sie taten es dennoch, die Häftlinge in einer Baracke im KZ Auschwitz, und sahen: den Todesblock. Die Triererin Aurelia Torgau-Wald, Orli genannt, beschreibt diese Szene, die sie - als Widerstandskämpferin gegen das Naziregime inhaftiert - selbst erlebt hat. "Hinter der grünen Pappe" hat ihr Stiefsohn Peter Wald sein Buch über sie genannt, das er am Dienstag, 27. Januar, um 20 Uhr im Friedens- und Umweltzentrum präsentiert.

Orli Torgau, Jahrgang 1914, hatte sich der kommunistischen Widerstandsgruppe in Trier angeschlossen, wie ihr Bruder Willi, der nach dem Krieg die antifaschistischen Stadtrundgänge initiierte. Seine Schwester war Kurier, sollte Verbindung halten zu den Genossen in Luxemburg. Dort sei sie gewesen, als die Gruppe aufflog, berichtet Thomas Zuche von der Arbeitsgemeinschaft Frieden, die die Autorenlesung organisiert hat. Zurück an der Mosel sei sie verhaftet worden.

Neun Jahre Gefangenschaft und KZ habe sie überlebt und mit der polnischen Jüdin Luba Frederick nachweislich mindestens ein Menschenleben gerettet, sagt Zuche. Orli Torgau sei Lagerälteste im Krankenrevier des Frauenlagers gewesen. "Es hat sie am meisten erschüttert, dass die Kinder umgebracht wurden." Orli Torgau habe selbst Texte geschrieben, knappe Sätze, mit denen sie das Geschehen auf den Punkt gebracht habe.

In ihnen beschreibt sie, wie ein kleines Mädchen in die Krankenstation kommt, wie die blinde Fünfjährige sich nach jedem Sprecher dreht - wie eine Blume, die sich nach der Sonne reckt. Und wie ein NS-Mann ruft: "Christel muss mit!" Sie habe ihre eigene Verzweiflung geschildert, als sie die Spritze mit Phenol sah (sie wurde den Häftlingen ins Herz injiziert) und wie sie den Schergen anschrie.

Gescheitert am "normalen" Alltag



"Ihre Texte lassen darauf schließen, dass Orli eine ganz empfindsame Seele war - und eine hochpolitische Frau", sagt Zuche. Nach dem Krieg habe sie geheiratet und sei nach Hannover gezogen. Sie habe versucht, ein normales Leben zu führen und sei gescheitert. "Sie hat sich im Leben nicht zurecht gefunden." Orli Turgau starb am 1. Januar 1962 in einer psychiatrischen Klinik.

"Ich bin nachhaltig berührt vom Schicksal der Opfer", sagt Zuche. "Das ist einfach furchtbar und verdient, weitergesagt zu werden, damit Menschen sensibler werden gegen Verletzungen der Menschenwürde und Menschenrechte, die heute stattfinden."

Zur Erinnerung wurde in Hannover 2007 eine Allee nach Orli Wald benannt. Ein Ansporn auch für Zuche: "Wir wollen erreichen, dass auch in Trier eine Straße nach ihr benannt wird."

Das Buch "Hinter der grünen Pappe; Orli Wald im Schatten von Auschwitz - Leben und Erinnerungen" von Bernd Steger und Peter Wald ist erschienen im VSA-Verlag Hamburg. Preis: 16,80 Euro. Mehr zum Gedenktag lesen Sie im Kultur-Teil auf Seite 21

Extra Die Termine zum Nationalen Gedenktag im Überblick: 27. Januar bis 13. Februar, Montag bis Freitag 9.30 bis 17.30 Uhr, Samstag 9.30 bis 14 Uhr: "Was geschah am 9./10. November 1938 - Eine Ausstellung als Lernbeispiel: Komm sieh und mach was Eigenes!", Dominformation Trier. Dienstag, 27. Januar, 17 Uhr: Stolperstein-Rundgang, KHG, Sichelstraße 36. Dienstag, 27. Januar, 19 Uhr: "Seht!" Ökumenischer Hochschulgottesdienst, Jesuitenkirche. Dienstag, 27. Januar, 20 Uhr: Autorenlesung mit Peter Wald, "Hinter der grünen Pappe", Friedens- und Umweltzentrum, Pfützenstraße 1. Mittwoch, 28. Januar, 16.15 Uhr: Philosophisches Café "Gibt es begründete Grenzen der Toleranz" mit Prof. Dr. Josef M. Werle, ESG. Freitag, 30. Januar, 8.30 Uhr: "Trier in der NS-Zeit", Freitagsfrühstück im Fetzen-Café, Im Treff 15. Dienstag, 3. Februar, 19 Uhr: "Der neunte Tag", Filmvorführung, Haus Fetzenreich, Sichelstraße. Dienstag, 12. Februar, 19 Uhr: "Täter im Dritten Reich" (2. Teil), Gedenkstätte ehemalige SS-Sonderlager KZ Hinzert.

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