Sexueller Missbrauch: Analyse der Opfer und Täter

Die Verbreitung sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen, die Folgen für die Opfer und die Motive der Täter gehören zu den zentralen Themen einer Datenbank, erstellt vom Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) an der Universität Trier.

Trier. (jp) Das Leibniz-Zentrum hat als Basis dieser Datenbank keine Kriminalstatistiken ausgewertet, sondern wissenschaftliche Veröffentlichungen analysiert. "Mehr als 1100 Fachpublikationen beleuchten aus psychologischer und auch aus pädagogischer, soziologischer, medizinischer und juristischer Sicht den Themenbereich des sexuellen Missbrauchs", sagt der Psychologe Jürgen Wiesenhütter von der Uni Trier.

Die Datenbank konzentriert sich auf Fragestellungen, die nach Missbrauchsfällen die öffentliche Diskussion prägen. Wie verbreitet ist sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen wirklich? Wie erkennt man ihn? Welche Folgen hat er für die Opfer über ihr ganzes Leben? Lassen sich diese Folgen mildern und kann man Missbrauch verhindern? Weshalb sind Täter zu Tätern geworden? Gibt es Möglichkeiten, sie wirksam zu behandeln? "Die Datenbank umfasst Erfahrungen aus der Praxis sowie theoretische Überlegungen

und Ansätze der systematischen empirischen Forschung", erklärt Wiesenhütter.

Zu den Inhalten der in Trier erstellten Datenbank gehört auch die Studie "Besonderheiten posttraumatischer Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen", veröffentlicht in der Zeitschrift für Psychotraumatologie. 64 junge Patienten zwischen zwei und 18 Jahren, die alle in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Trauma-Ambulanz behandelt werden mussten, werden darin untersucht. Sie alle haben sexuellen Missbrauch oder psychische Gewalt erlebt.

Belastungsstörungen führen zu Depressionen



Die Studie konzentriert sich auf die Folgen des Erlebten für die betroffenen Kinder und Jugendlichen. Bei mehr als der Hälfte der getesteten jungen Menschen wurde eine dauerhafte Belastungsstörung diagnostiziert. Deren Folgen: Gedächtnisverlust, Depressionen, Emotionslosigkeit und sogar Persönlichkeitsveränderungen.

Die Studie "Verarbeitung einer sexuellen Missbrauchserfahrung in der Kindheit bei Frauen in der Psychotherapie" ist ebenfalls Bestandteil der Datenbank. Die Uni Köln hat am Beispiel von 22 Frauen, die eine Psychotherapie abgeschlossen hatten, die Verarbeitung der erlittenen sexualisierten Gewalt untersucht. Die Studie konzentriert sich auf Therapieerfolge und prangert auch konkret Hindernisse an.

Auch die Täter spielen eine zentrale Rolle. Eine Studie der Uni Kiel untersucht, welche Faktoren die psychiatrische Begutachtung von Sexualtätern während Strafverfahren geprägt haben. 291 Angeklagte wurden analysiert, die Auswertung der Anklageschriften basierte auf einem 137 Punkte umfassenden Kriterien-Katalog.

Auch wenn die Datenbank auf reine Kriminalstatistiken verzichtet, umfasst sie dennoch polizeiliche Ermittlungen und Analysen. Ein Beispiel ist die Untersuchung der Rückfälle von Sexualstraftätern, erstellt von der Kriminologischen Zentralstelle Wiesbaden.Hintergrund Das Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) ist die überregionale Dokumentations- und Informationseinrichtung für das Fach Psychologie in den deutschsprachigen Ländern. Das ZPID informiert Wissenschaft und Praxis über psychologisch relevante Literatur, Testverfahren, audiovisuelle Medien und Ressourcen im Internet. Das ZPID nahm 1972 als Projekt an der Uni Trier die Arbeit auf und wurde 1988 als zentrale wissenschaftliche Einrichtung institutionalisiert. Heute hat es 21 hauptamtliche Mitarbeiter und wird von Professor Günter Krampen geleitet. (jp)

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